Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
der Valentinstag nur eine Bedeutung, wenn er Besitzer eines Blumenladens ist. Aber dann ist er eh schwul und hat entsprechend noch mehr Gefühle als eine Frau.) Ich hatte auch verstanden, dass es nicht gut ankommt, an dem Tag, an dem man der Frau – warum auch immer, Blumen schenkt – der Frau Blumen zu schenken. Sie erwartet da nämlich »was Besonderes«.
Noch komplizierter ist es an Weihnachten. Da muss das Geschenk noch persönlicher sein und vor allem »emotionaler«. Die Frau will, dass der Mann sich was dabei gedacht hat bzw. eben »gefühlt«. Deswegen will sie keine Fritteuse, oder wenn doch, dann aber eine mit persönlicher Widmung, oder in der Fritteuse muss das Halstuch liegen, was sie dir vor dreihundert Jahren mal in einem Schaufenster gezeigt hat, oder ein Stoffhase, weil sie dich immer Hase nennt. Es kann aber auch sein, dass sie den Hasen sieht und sofort Schluss macht. Man weiß es nicht. Frauen sind unberechenbarer als asiatische Diktatoren. Und meine Ramona hat manchmal so etwas beunruhigend Nordkoreanisches.
Das Gefühlsleben der Männer gleicht der Straßenkarte von New York: Man guckt einmal drauf und kennt sich aus. Frauen sind eher wie Venedig: Man blickt einfach nicht durch. Auch nach Jahren nicht. Alles voller Seitenstraßen, kleiner Gässchen, Kanäle und Sackgassen. Aber schön. Natürlich. Nur bleibt man als Mann immer Tourist. Deswegen gibt es Reiseführer. Tipps von anderen, die schon mal da waren und sich nicht völlig verirrt haben.
Möhre hatte vor ein paar Jahren mal ausgeplaudert, wie er sich aus einer Bredouille mit seiner Freundin befreit hatte: Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? , ein Kinderbuch, das er ihr ans Bett gelegt hatte. Der Kosten-Nutzen-Faktor bei dem Ding sei unübertroffen, sagte Möhre damals, der seinerseits den Tipp von einem Kollegen hatte. Das dünne Büchlein habe bei seiner Freundin einen größeren Effekt gehabt als der ganze Schmuck, den er ihr in den Jahren davor immer gekauft hatte.
Dass er richtig lag, sah ich schon an der Reaktion der Buchhändlerin, bei der ich Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? kaufte, als ich durchblicken ließ, dass ich es keinem Kind schenken wollte. Meine damalige Freundin reagierte ebenso. Gerührt, hingerissen, begeistert. Dito meine Freundin nach dieser Freundin. Frauen sind alle gleich: Sie behaupten immer, sie wären nicht wie andere Frauen. Und dann reagieren sie doch alle identisch auf denselben Kitsch. Man kann das nicht verstehen, man kann es nur akzeptieren. Ähnlich wie die Finanzkrise.
Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? wurde jedenfalls einer meiner Greatest Hits, und die werden eben auf jedem Konzert gespielt. Deswegen bekam auch Ramona das Buch.
Zwei Jahre später war überraschend Ostern. Bislang eigentlich kein Ereignis, an dem Geschenke ausgetauscht wurden, aber Ramona hatte mir kurz vorher mit ihrer Spezialhühnersuppe eine Grippe vertrieben, mich ausdauernd bei meinem Versuch, für einen Marathon zu trainieren, unterstützt und mich insgesamt irgendwie klammheimlich dahin gebracht, dass irgendwas in mir warm wurde, wenn ich sie ansah. Wie der erste Schluck Glühwein, wenn man aus vorweihnachtlicher Kälte nach Hause kommt. Oder wenn die eigene Mannschaft schon hoffnungslos zurückliegt, sich aber noch mal rankämpft und dann einen Elfmeter bekommt oder wenn man sich pro forma am verreckten Auto zu schaffen macht und der Wagen danach sogar tatsächlich wieder anspringt …
Mit anderen Worten: Ich fand Ramona großartig und phantastisch, alles in allem. Frauen nennen das wahrscheinlich Liebe, also wollte ich ihr etwas schenken, was das ausdrückte. So griff ich zu dem Liebeshasenbuch – ein Fehler, gebe ich gerne zu, aber kein Grund, ein Fass aufzumachen. Ramona hingegen öffnete eins, in dem Diogenes mit seiner kompletten Familie hätte wohnen können! Sätze wurden geschrien, Türen wurden geschlagen, Koffer wurden gepackt. Wegen meiner Liebe zu ihr bzw. einem Kinderbuch!! Kein Wunder, dass Männer sich mit Gefühlsäußerungen so zurückhalten …
Gott, wie süß, du hast ja Shampoofläschchen in die Kiste getan …
Ja. Hab ich aus beinahe allen Hotels mitgebracht, in denen wir bis jetzt waren. Als Erinnerung. Also nenn mich nie wieder Gefühls-Legastheniker.
Ja, na ja. Wenn ich mich richtig erinnere, hab ich die Fläschchen in den Hotels immer eingepackt. Weil ich die hier benutzen wollte. Du hast sie offenbar nur aus unserem Badezimmer geholt und hier in die
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