Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
Vorwürfe enthalten sind, warum ich mich nie melde, immer ihren Geburtstag vergesse und insgesamt nicht so geworden bin, wie sie es sich vorgestellt hat. Ramona redet mit der Autowerkstatt, weil mein Wagen ansonsten schon drei Flanschmuffenspannschraubgewinde hätte, denn Automechaniker sind auch Handwerker, nur bösartiger.
All diese Gespräche führt Ramona wie gesagt freiwillig, weil sie mich kennt. Und sie hat sich noch nie darüber beschwert. Obwohl ihr Exfreund alles Mögliche bauen konnte. Rom zum Beispiel. An einem Tag. Wäre für den kein Problem. Trotzdem ist sie mit mir zusammen. Und sieht gut aus dabei.
Es ist ein Wunder. Sie ist die Arche, die Noah, beziehungsweise eben mich, durch die Sintflut des Lebens trägt, denke ich, als ich neben ihr stehe, während sie mit dem Klempner telefoniert und mit dem stimmlichen Äquivalent vom Wimpernklimpern dafür sorgt, dass er nicht erst Ende nächsten Monats kommt, sondern morgen um acht.
Ich bin fasziniert, dass sie es mit mir aushält, und außerdem noch über dieselben Sachen lachen kann ( Friends , oder wenn jemand hinfällt), dieselben Sachen mag (Sauerbraten, Sonne, Sitcoms, Sex) und dieselben Sachen nicht mag (Ed Hardy, Camping, polnische Problemfilme). Sie steht neben mir und sagt mehrfach »hydraulischer Durchlauferhitzer«, und ich sehe sie an, als wäre sie ein Regenbogen, der fließend Rilke zitiert.
»Was ist los?«, fragt sie, als sie aufgelegt hat, und ich sage das, was Männer immer sagen, wenn es um Gefühle geht: »Nichts.«
Es gibt Menschen, die ihre Zufriedenheit ausschließlich aus dem Elend anderer ziehen, das sie zuvor mitverschuldet haben. Diese Menschen sind meistens Frauen – und mit mir befreundet. So kommt es mir zumindest vor.
Immer wenn ich der Meinung bin, es läuft in meinem Leben gerade rund, bringt mich eine meiner Freundinnen dazu, alles in Frage zu stellen. Völlig sinnfrei. Frauen schreien ja naturgemäß immer als Erste »Hier!«, wenn es darum geht, alles in Frage zu stellen. Ich bin keine Ausnahme und lasse mich bei so was ziemlich leicht überzeugen. Gerne auch von völlig dämlichen Lebensweisheiten oder Phrasen, die ich bei Laotse, Konfuzius oder in der Gala gelesen habe. Und ich bin nicht die Einzige.
Der Grund, weshalb Vera sich damals trennte, war nicht, weil er »ihr die Luft zum Atmen nahm« oder »immer die leere Milchtüte zurück in den Kühlschrank« stellte (was sie ihm gegenüber als Gründe dafür nannte, die Schlüssel zurückzuverlangen), sondern weil sie beim Frauenarzt im Wartezimmer Folgendes als »Weisheit des Monats« gelesen hatte: »Gute Dinge müssen enden, damit bessere folgen können.«
Kein Witz, das ist der wahre Grund, warum Vera sich trennen wollte. Weil ihr in dem Moment völlig klar wurde, wie unglaublich richtig diese Aussage ist. Für sie. Für ihr Leben. Für ihre Beziehung. Die lief eigentlich super, und das schon seit über sieben Jahren, aber als Vera diesen Satz las, wurde ihr klar, »dass es das ja wohl nicht schon gewesen sein kann«. Und es ist immer ganz schlecht, wenn jemandem dieser Gedanke kommt. Vor allem einer Frau. Wenn sie die »gute Beziehung« mit dem »guten Kerl« einfach so weiterlaufen lassen würde, erklärte Vera uns, dann nähme sie einem potentiellen »besseren Kerl« ja jede Chance, sie kennenzulernen und mit ihr eine »bessere Beziehung« zu führen. Sie vergab also ein besseres Leben, wenn sie sich nicht von ihrem »nur guten« Freund trennte.
Ich weiß noch, dass ich das schon damals nur mittel-einleuchtend fand und darauf hinwies, dass Zeitschriften beim Frauenarzt immer schon sehr alt sind und von Frauen geschrieben werden, die teilweise noch kaputter sind als wir, aber ich hatte keine Chance. Denn Nicole unterstützte Vera nicht nur in ihrer Ansicht, sie drängte sie geradezu. Und das in einem Moment, in dem jemand Vera meiner Meinung nach einfach nur die dritte Flasche Rotwein hätte wegnehmen sollen, um sie mit den Worten »Geh pennen, und wenn du das in einer Woche immer noch so siehst, hast du meine volle Unterstützung!« ins Bett zu schicken. Nicole argumentierte mit dem Totschlagargument »Das ist doch kein Zufall, dass sie diesen Satz ausgerechnet jetzt in einer Zeitschrift liest!« Wenn zwei von drei Frauen mit »Schicksal«, »Zeichen« und »Bauchgefühl« anfangen, kann die dritte nach Hause gehen. Was ich dann auch gemacht habe, als ich sah, dass Nicole ihre alten Tarot-Karten aus dem Regal holte. Frauen sind esoterisch veranlagt. Sie
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