Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
vögeln!«
Das ist heute aber unmöglich, weil alles um uns herum durchgestylt ist. Von A wie Abfalleimer bis Z wie Zitruspresse gibt es nichts, was nicht durch die Hände irgendwelcher Designer gegangen wäre. Außer mir. Ich sehe nach wie vor aus wie eine Version meines Vaters aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Kein Update in Sicht, kein Relaunch möglich. Im Gegenteil. Ich werde zunehmend benutzerunfreundlich, zumindest wenn man Ramona glauben darf. Aber der Druck ist jeden Tag spürbar.
Der Hund unserer Nachbarn ist eine spezielle Züchtung, die angeblich weniger haart und stinkt, während ich jeden Tag eine halbe Perücke in meinem Kamm finde und nach einem längeren Tag im Büro keine Werbung für mein Deo mehr bin. Der Hund unserer Nachbarn ist also weiter als ich. Unsere Satinbettwäsche hat morgens nach dem Aufstehen weniger Falten als ich. Ich bin ein Fremdkörper in meiner eigenen Wohnung. Unsere sämtlichen Einrichtungsgegenstände zeigen mit manikürten Fingern auf mich und sagen: »Du passt hier nicht hin!« Unser Toaster gibt mir das Gefühl, ich wäre der Glöckner von Notre Dame, der Heidi Klum zwei Scheiben Brot in den Ausschnitt stecken will. Mein Toaster deprimiert mich. Und von Ramona hab ich da noch nicht gesprochen. Die ist Mitglied in einem Fitnessstudio, aber eher so, wie die meisten Mitglied in der Kirche sind. Man geht ein Mal im Jahr hin. Ein iPad ist glatter und flacher als Ramonas Bauch, machen wir uns nichts vor. Außerdem spiegelt und reflektiert heutzutage alles.
Als Ramona und ich neulich noch zehn Minuten Zeit hatten, bis Fußball anfing, und ich halbnackt über ihr bzw. der Arbeitsfläche in der Küche hing, konnte ich im Ceranfeld unseres Herds die Reflexion meines Hinterns im Toaster sehen. Der Toaster sagte: »Ich seh’ spitze aus und du nicht. Ich kann jederzeit heiß werden und du nicht-« In fünf Sprachen. Nicht wirklich natürlich, aber in Designsprache.
Ich kam mir plötzlich vor wie bei einem Casting: Toaster, Ceranfeld und Zitruspresse wirkten, als würde einem Brad Pitt, Karl Lagerfeld und David Beckham beim Sex zugucken. Kein Mann kann dann noch. Das müsste Ramona eigentlich einsehen. Es ist im Prinzip sogar ihre Schuld. Sie hat den Toaster ja angeschleppt. Design macht impotent. Kein Wunder, dass Steve Jobs immer behauptet hat, er sei unfruchtbar.
Wir fahren demnächst mal für ein Wochenende nach Polen. Nach allem was man so hört, sieht’s da jetzt so aus wie bei uns vor zwanzig Jahren. Also noch weitgehend undesigned. Das ist dann eine völlig neue Art von Sextourismus. Und danach werfe ich heimlich den Toaster in den Müll.
»Es gibt sie noch, die guten Dinge« ist der Werbespruch von Manufactum. Ich hab da vor zehn Jahren eine Haarbürste aus ganz toll ökologischem Holz gekauft, und die benutze ich immer noch. Und zwar nicht, weil ich geizig bin oder besonders pfleglich damit umgehe, sondern weil ich es kann . Die Bürste sieht nach zehn Jahren immer noch prima aus, war nie kaputt, und das Holz ist im Laufe der Jahre nur ein kleines bisschen dunkler geworden, was ihr sehr gut steht. Ich bin begeistert von meiner Bürste. Ich weiß, dass sie auch in den nächsten zehn Jahren zu mir gehören wird. Diese Bürste war eine Anschaffung fürs Leben. Wenn Manufactum Männer im Angebot hätte, wär’ ich die Erste in der Schlange.
Wenn man Rainer mit meiner Bürste vergleichen würde, würde die Bürste gewinnen. Nicht nur, weil die Bürste mir weit regelmäßiger übers Haupthaar streicht. Der Grundgedanke bei so einer Anschaffung ist ja, dass sie eine ganze Weile halten soll. Da hat die Bürste Rainer schon mal locker fünf Jahre voraus. Dann wäre es schön, wenn die Dinge zumindest halbwegs so bleiben, wie sie waren, als man sie angeschafft hat. Sie müssen nicht besser werden, das erwarte ich nicht, weder von Bürste noch von Rainer. Aber die ursprüngliche Daseinsberechtigung sollte schon erfüllt werden.
Wenn meine Bürste plötzlich alle Borsten verlieren würde, würde ich ja auch nicht sagen: Hey, scheißegal, benutz ich das Teil halt als Pfannenwender! Ich würde sie wegschmeißen. Jetzt schmeißt man seinen Freund natürlich nicht weg, nur weil er älter, dicker und verlebter geworden ist. Männer verlassen Frauen aus diesen Gründen.
Männer können jahrzehntelang mit ihrer eingebauten Suchen/Ersetzen-Funktion durchs Leben gehen. Alle drei bis fünf Jahre eine neue Frau, immer bis zu dem Punkt, wo sie auf einmal
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