Die Klassefrau
nicht einmal. Liebte sie nicht einmal. Und dennoch war da bereits … dies hier.
Sie war nicht einmal schön. Ihr Mund war zu voll, ihre Nase zu lang, die Konturen ihres Gesichtes eher faszinierend als schön. Dennoch verlangte sein Körper förmlich danach, sich für alle Zeit mit dieser Frau zu verbinden. Keine andere Frau würde ihm genügen. Er wollte Mallory Atkinson … auf der Stelle.
»Was bin ich doch für ein Narr«, murmelte er und rang mit aller Macht um seine Beherrschung. Er hatte davon geträumt, die Frau seines Lebens zu finden und hatte sich blind auf die Suche nach ihr gemacht, ohne auch nur einmal über die Konsequenzen nachzudenken. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass die Leidenschaft ihm den Verstand rauben, dass sein Herz allen möglichen Gefahren und jedem nur vorstellbaren Schmerz ausgeliefert sein könnte.
Es war ihm niemals in den Sinn gekommen, dass er zum ersten Mal in seinem Leben sein Innerstes bloßlegen würde wie irgendein trunkener Cowboy, der sein Hemd aufriss und dem Kopfgeldjäger zubrüllte: »Hier! Erschieß mich!« Sein Leben lang hatte er darauf gewartet, ein so großes Risiko einzugehen, und jetzt, wo er es getan hatte oder zumindest im Begriff stand, es zu tun, war er an ein zorniges Weibsstück geraten, das wahrscheinlich den Spitznamen Todesengel trug.
»Du Idiot!«, murmelte er.
War er dabei, sein Herz, seinen Körper und seine Seele für eine Frau aufs Spiel zu setzen, die mehr Schutzmauern um sich errichtet hatte als Fort Knox? War er drauf und dran, sich zum Narren zu machen, indem er einer Frau nachlief, die nicht wollte, dass jemand ihr nachlief? War er dabei, alles zu riskieren für diese … Mechanikerin?
Er beobachtete sie, als sie eine Topfpflanze langsam in ihren schlanken Händen drehte und von allen Seiten begutachtete.
Es lohnte sich, das Risiko in Erwägung zu ziehen. Kein Zweifel.
Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und trat hinter sie. »Wie schön, dass ich Sie hier treffe!«, verkündete er munter.
Der Blumentopf hüpfte in ihren Händen, als sie herumwirbelte.
»Drake!«, stieß sie erschrocken hervor. Eine feine Röte breitete sich auf ihren Wangen aus, und ihre blassgrünen Augen weiteten sich ein wenig.
»In Fleisch und Blut. Ich wollte mich nach einem …« Peter zermarterte sich das Hirn nach einem Pflanzennamen »… einem Ficus umsehen, und stattdessen habe ich Sie gefunden. Das nenne ich Glück. Am Donnerstag hatte ich ja keine Gelegenheit, mich persönlich für Ihre fantastische Arbeit an meinem BMW zu bedanken. Meinem Schätzchen geht es großartig. Besser als das. Es schnurrt vor Glück und unterdrückter Kraft. Ich könnte Ihnen nicht dankbarer sein. Was ist denn das? Ein Stiefmütterchen?«
»Ein Veilchen«, erwiderte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
»Richtig. Veilchen. Ich bin eher ein … ähm … Nelkenmann.«
»Sie sind die Pest. Verschwinden Sie.«
»Das kann ich nicht«, schüttelte Peter bedauernd seinen Kopf. »Zuerst muss ich einen Ficus finden. Mein Apartment schreit förmlich nach Pflanzen. Nach großen grünen Blättern, dekorativen Farben, nach all diesem Sauerstoff, den Pflanzen erzeugen. Mm! Genau das, was ich auch brauche.«
»Was Sie brauchen -«, begann Mallory stirnrunzelnd, wobei sie das Veilchen wie eine Waffe schwang.
»- ist Ihre Hilfe beim Aussuchen der richtigen Pflanzen für mein einsames Junggesellen-Apartment«, half Peter ihr freundlich auf die Sprünge. »Natürlich können Sie erst genau wissen, was ich brauche, wenn Sie meine Wohnung gesehen haben. Warum begleiten Sie mich nicht, ich zeige Ihnen alles, wir essen zu Mittag, ich erzähle Ihnen meine Lebensgeschichte, und dann können Sie wieder herkommen und mir das passende Grünzeug kaufen.«
»Da fällt mir als Erstes die Hemlocktanne ein, aus der man Schierling gewinnt«, fauchte Mallory ihn mit funkelnden grünen Augen an. »Sie sind ja hartnäckiger als Blattläuse.«
Peter hatte das dumpfe Gefühl, gerade beleidigt worden zu sein, beschloss aber, nicht näher darauf einzugehen.
»Beim Mittagessen können Sie mir Ihre geheimsten Gedanken über Ficusse und Veilchen mitteilen«, sagte er mit seinem bezauberndsten Lächeln.
Es schien, als wollte Mallory ihm gerade erklären, wohin er sich sein bezauberndes Lächeln stecken konnte, als ein mit einer braunen Vinylschürze bekleideter Verkäufer auf sie zukam.
»Ms. Atkinson!«, rief er mit einem breiten Lächeln. Er war Mitte zwanzig, hatte breite Schultern und
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