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Die Klaue des Schlichters

Die Klaue des Schlichters

Titel: Die Klaue des Schlichters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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Schritt von unserem Ruheplatz entfernt auf dem Boden. Ich trug ihn zurück (er kam mir erstaunlich leicht vor), bedeckte uns mit meinem Mantel und berührte mit der Klaue seine Stirn.
    Bald setzte er sich auf. Ich sagte ihm, er solle sich ausruhen und daß es wieder verschwunden sei, was immer uns auch in diesem Gefängnis heimgesucht habe.
    Er rührte sich und murmelte: »Wir müssen die Kompressoren wieder zum Laufen bringen, bevor die Luft schlecht wird.«
    »Schon gut«, antwortete ich. »Es ist alles gut, Jonas.« Ich verachtete mich deswegen, aber ich sprach zu ihm, als wäre er der jüngste Lehrling – genauso hatte vor Jahren Meister Malrubius auch zu mir gesprochen.
    Etwas Hartes und Kaltes, das sich wie etwas Lebendiges bewegte, berührte mich am Arm; und es war Jonas’ stählerne Hand; wie ich sogleich erkannte, hatte er damit meine Hand ergreifen wollen. »Ich spüre Gewicht!« Seine Stimme wurde lauter. »Es müssen nur die Lichter sein.« Er wandte sich um, und ich hörte seine Hand klirren und scharren, als sie gegen die Mauer schlug. Er fing an, in einer nasalen, einsilbigen Sprache, die ich nicht kannte, zu sprechen.
    Ein großes Wagnis eingehend, holte ich abermals die Klaue hervor und legte sie ihm auf. Sie blieb genauso dunkel wie bei unserem ersten Versuch am Abend, und Jonas’ Zustand verbesserte sich nicht; allerdings konnte ich ihn mit der Zeit beruhigen. Lange nachdem die übrigen Insassen still geworden waren, konnten wir uns endlich zum Schlafen niederlegen.
     
    Als ich erwachte, brannten die schwachen Lampen wieder, obschon ich das Gefühl hatte, es sei draußen noch Nacht oder höchstens frühester Morgen.
    Jonas lag neben mir und schlief noch. Seine Tunika hatte einen langen Riß, und ich sah, wo das blaue Licht ihn verbrannt hatte. Die abgetrennte Hand des Menschenaffen kam mir in den Sinn, so daß ich, nachdem ich mich vergewissert hatte, daß man uns nicht beobachtete, mich daran machte, die Wunde mit der Klaue zu bestreichen.
    Sie funkelte viel heller im Licht als am Vorabend; obgleich die schwarze Kruste nicht verschwand, kam sie mir schmaler vor, und die Haut ringsum schien nicht mehr so gerötet. Um das untere Ende der Wunde zu erreichen, mußte ich das Gewand ein wenig abheben. Als ich die Hand hineinsteckte, vernahm ich einen leisen, hellen Laut; das Juwel war auf Metall gestoßen. Nachdem ich das Tuch weiter zurückgezogen hatte, entdeckte ich, daß die Haut meines Freundes ebenso jäh endete wie Gras, wo ein großer Stein liegt, und an ihrer Stelle glänzendes Silber haftete.
    Mein erster Gedanke war, daß es sich um einen Harnisch handelte; aber dem war nicht so, wie ich bald sah. Vielmehr war seine Haut durch Metall ersetzt, wie auch seine Rechte durch eine Metallhand ersetzt war. Wie weit es nach unten reichte, konnte ich nicht feststellen, denn ich befürchtete, es würde ihn wecken, wenn ich seine Beine betastete.
    Die Klaue verstauend, erhob ich mich. Und weil ich allein sein und eine Weile nachdenken wollte, entfernte ich mich von Jonas und ging in die Mitte des Raumes. Dieser hatte am Tag zuvor, als alle wach und in Bewegung waren, einen recht sonderbaren Eindruck auf mich gemacht. Nun mutete sie mich noch seltsamer an, diese schäbige, winklige Höhle unter ihrer erdrückend tiefen Decke. In der Hoffnung, ein wenig körperliche Betätigung würde meinen Verstand in Gang setzen (was oft der Fall ist), faßte ich den Entschluß, ein bißchen zwischen den vier Wänden auf- und abzugehen – mit leisen Schritten, um die Schlafenden nicht zu wecken.
    Davon hatte ich noch keine vierzig getan, als mir etwas ins Auge stach, was inmitten dieser Sammlung zerlumpter Leute und schmutziger Leinenmatten völlig fehl am Platze schien. Es war ein Damenschal aus einem kostbaren, weichen Tuch in der Farbe eines Pfirsichs. Seinen lieblichen Duft zu beschreiben, der von keiner Frucht oder Blüte, die auf Urth gedeiht, stammte, wäre ein Ding der Unmöglichkeit.
    Ich faltete diesen wunderschönen Schal gerade zusammen, um ihn in meine Gürteltasche zu stecken, als ich eine Kinderstimme sagen hörte: »Bringt kein Glück. Bringt Unglück. Weißt du das nicht?«
    Ich sah um mich, dann nach unten, und bemerkte ein kleines Mädchen mit bleichen Zügen und funkelnden, nachtdunklen Augen, die mich viel zu groß dünkten; und ich fragte: »Was bringt Unglück, kleine Dame?«
    »Gefundenes zu behalten. Der Verlierer kommt zurück, um es zu holen. Warum hast du denn so schwarze Sachen

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