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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Schinkenbrötchen. Aber daß mir nichts unnütz verschwendet wird! Paß ordentlich auf. Gebt mir den Besen her und sorgt, daß die Lampen gefüllt sind, und daß mir ja nichts zerbrochen wird. Was vom Nachtisch übriggeblieben ist, müßt ihr etwas zurechtmachen und aufs Büfett stellen ... Ob meine Schwägerin wohl daran denkt, ein bißchen zu helfen! Ich weiß nicht, was sie sich denkt, die Schlafmütze! ... Mein Gott, wie langsam sie ist! ... Nehmt die Stühle fort, dann ist mehr Platz.«
    Der Salon war schon voll von den Barniols, den Collevilles, den Laudigeois, den Phellions und allen denen, die die Nachricht herbeigerufen hatte, daß ein kleiner Tanz bei den Thuilliers stattfinden sollte; sie war im Luxembourgbezirk zwischen zwei und vier Uhr, wo die Bourgeoisie ihren Spaziergang macht, verbreitet worden.
    »Sind Sie fertig, Brigitte?« sagte Colleville und erschien im Speisezimmer; »es ist neun Uhr, und sie sind schon wie die Heringe im Salon zusammengepreßt. Cardot mit Frau, Sohn, Tochter und seinem zukünftigen Schwiegersohn sind eben gekommen und mit ihnen der junge Staatsanwaltsgehilfe Vinet, und das Faubourg Saint-Antoine tritt auch eben an. Wollen wir nicht das Piano aus dem Salon hier hereinnehmen?«
    Er gab das Signal, indem er seine Klarinette probierte, deren komische Töne mit einem Hurra im Salon begrüßt wurden.
    Es wäre ziemlich überflüssig, einen Ball dieser Art zu beschreiben. Die Toiletten, die Gesichter, die Unterhaltung, alles stimmte überein. Auf stellenweise abgescheuerten und abgenutzten Tabletts wurden Gläser mit reinem, mit verdünntem Wein und mit Zuckerwasser herumgereicht. Die Tabletts mit Mandelmilch und Limonade erschienen nur in längeren Zwischenräumen. Für fünfundzwanzig Spieler waren fünf Spieltische aufgestellt. Achtzehn Tänzer und Tänzerinnen waren zugegen. Um ein Uhr morgens wurden Frau Thuillier, Fräulein Brigitte und Frau Phellion sowie der alte Phellion mit Gewalt zu einem Kontertanze, gemeinhin die »Boulangère« genannt, herangeholt, bei dem Dutocq mit einem Turbanschleier wie ein Kabyle erschien. Die Dienstboten, die ihre Herrschaften abholten, und die des Hauses bildeten die Zuschauer, und da dieser endlose Kontertanz eine Stunde dauerte, wollte man Brigitte im Triumphe herumtragen, als sie zum Souper rief; sie hielt es aber für nötig, erst noch schnell zwölf Flaschen alten Burgunder wegzuschließen. Man amüsierte sich, die alten wie die jungen Damen, so gut, daß Thuillier Gelegenheit nahm, zu sagen:
    »Heute früh hatten wir wahrhaftig noch keine Ahnung, daß wir heute ein solches Fest feiern würden!«
    »Man amüsiert sich niemals so gut,« sagte der Notar Cardot, »wie bei diesen improvisierten Bällen. Bleiben Sie mir vom Leibe mit den andern steifen Festlichkeiten!«
    Diese Meinung ist ein Axiom der Bourgeoisie.
    »Ach, was,« sagte Frau Minard, »was mich anlangt, ich liebe den Vater und die Mutter ...«
    »Für Sie, gnädige Frau, gilt das nicht, bei Ihnen hat das Vergnügen ein auserlesenes Domizil gefunden«, sagte Dutocq.
    Als die Boulangère zu Ende war, holte Theodosius Dutocq vom Büfett, wo er sich ein Schinkenbrötchen genommen hatte, und sagte zu ihm:
    »Wir wollen aufbrechen, wir müssen morgen ganz früh bei Cérizet sein, um Näheres über die Sache, die uns beide angeht, zu hören; sie ist nicht so einfach, wie Cérizet meint.«
    »Weshalb denn?« fragte Dutocq und aß sein Brötchen im Salon weiter.
    »Kennen Sie denn die gesetzlichen Vorschriften nicht? ...«
    »Ich kenne sie genügend, um zu wissen, welche Gefahr wir laufen können. Wenn der Notar das Haus haben will, das wir ihm weggeschnappt haben, dann hat er die Möglichkeit, es uns wieder wegzunehmen, er braucht sich bloß hinter einen der angemeldeten Gläubiger zu stecken. Auf Grund des geltenden Hypothekenrechts haben, wenn ein Haus auf Antrag eines Gläubigers subhastiert wird, und der Preis, zu dem es zugeschlagen wird, nicht alle Gläubigerforderungen deckt, die Gläubiger das Recht, nochmals ein höheres Gebot zu machen; und der Notar, einmal hereingefallen, wird sich dann eines Besseren besinnen.«
    »Das verdient jedenfalls aufmerksam verfolgt zu werden«, sagte la Peyrade.
    »Gut!« sagte der Gerichtsvollzieher, »wir wollen zu Cérizet gehen.«
    Die Worte: »Wir wollen zu Cèrizet gehen« hatte der Advokat Minard gehört, der unmittelbar hinter den beiden Genossen herging; aber sie hatten keinen Sinn für ihn. Die beiden Männer standen ihm, seinem Wege und

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