Die kleinen Freuden des Lebens
gegessen hat, kann sich auch sonst
vertrauen.
Letztlich ist der Döner vielleicht sogar der politisch korrekteste Weg, Fleisch zu essen. Man unterstützt keinen Großkonzern,
sondern einen tapferen Einzelunternehmer. Minderheiten bekommen dank der deutschen Vorliebe für Döner eine Chance, etwas Eigenes
auf die Beine zu stellen. Immer wieder werden ja auf den Vermischt-Seiten der Zeitungen mit wohligem Schauer »Statistiken«
zitiert, wonach der Döner die Currywurst als beliebtestes deutsches Fastfood abgelöst hat.
Und nicht zuletzt, im Nachhall des Fleischskandals, bekommt Döneressen sogar etwas Heroisches.
Einen Anrufbeantworter souverän vollgequatscht haben
N icht
so einfach, weil man weiß, dass man nur eine Chance hat.
Alte Fotos gucken
Sentimentale Was-wäre-geworden-wenn-Spielchen spielen und sich danach wieder in die Gegenwart kuscheln.
Das Wasser, kurz vor dem Aufprall
E s ist ein verdammt kurzer Moment, sicher der kürzeste in diesem Buch. Und dieser Glücksmoment geht so. Es ist Sommer, man
ist am Meer oder am See, und man steht bis zu den Oberschenkeln im Wasser. Das Wasser ist kalt, sehr kalt sogar, zumindest
kommt es einem so vor, weil man ja vorher auf mittlerer Flamme in der Sonne briet. Die Freunde, die Kinder oder die Freundin
haben den schmerzhaften Schritt schon hinter sich und tummeln sich und scherzen. Vor allem über die eigene Zurückhaltung.
Na, da kann man schlecht zurückbleiben, auch wenn Bauchnabel und primäre Geschlechtsorgane sich zu Tode fürchten. Und man
entscheidet sich, den radikalen Weg zu gehen. Man springt hoch und kopfüber hinein.
Ich versuche, diesen Moment des Schwebens, der keine Zehntelsekunde dauern dürfte, auszukosten. Es ist eine Menge, was da
mit einem passiert, und es ist schon erstaunlich, zu welchen Bündeln von Überlegungen man in dieser kurzen Zeit fähig ist.
Zuerst ist es der Stolz über die eigene Unerschrockenheit (man hat Flugangst, Angstvor Krieg und Hunger, aber die furchtbare Bedrohung kühlen Wassers: wow!). Dann ist es dieses Wissen um den gleichgleichgleich
folgenden lustvollen Schmerz, man hält die Luft an und nähert sich und dann sind es noch zehn Zentimeter, dann noch einer,
noch ein halber – und dann kommt der Geist nicht mehr mit.
Man kann diesen Glücksmoment verlängern, indem man einfach gleich vom Dreimeterbrett ins kalte Wasser springt, da dauert die
Sache dann fast eine Sekunde, aber ich scheue mich, das ernsthaft zu empfehlen, denn in unserer Vorpubertätsclique kursierten
Schauergeschichten von blutjungen Menschen, die sich dabei einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder sogar Aids holten, und
ich bin mir nicht sicher, ob da etwas dran sein könnte oder ob sie zu den Geschichten gehören wie »Wenn man aus Spaß schielt,
können die Augen für immer so stehenbleiben«. Ich springe jedenfalls nicht vom Dreimeterbrett, ohne mich vorher kurz mit kaltem
Wasser abzuduschen. Und aus Spaß schielen tue ich erst recht nicht.
Ein Marmeladenglas öffnen, das keiner zuvor öffnen konnte
V ielleicht das beste Gefühl überhaupt.
Käsekuchen ohne Rosinen
K ann mir vielleicht mal jemand schlüssig vermitteln, was genau das Konzept von Rosinen sein soll? Wer ist überhaupt auf die
haarsträubende Idee gekommen, eine an und für sich delikate Frucht wie die Weintraube, aus der man, wenn man sie denn partout
nicht so essen will, wie sie wächst, doch zum Beispiel Wein oder wenigstens Saft machen kann, herzunehmen und erbarmungslos
in der Sonne austrocknen zu lassen, bis sie hässlich ist wie die Nacht, schwarz, schrumpelig und dem Kinnekzem einer sehr
alten Frau mit dunklen magischen Kräften nicht unähnlich? Ich bin jederzeit bereit, die vermeintliche Kulturlosigkeit der
Amerikaner zu widerlegen, doch wenn ich bedenke, dass man da drüben Rosinen aus der Dose als Snack beim Fernsehen futtert,
dann sage auch ich nur: »Diese Barbaren.«
Besonders tückisch wird es, weil hierzulande Rosinen ummantelt von potenziell leckeren Speisen daherkommen. Apfelkuchen mit
Rosinen zum Beispiel: widerlich. Käsekuchen aber mit Rosinen ist der schlimmste Feind. Käsekuchen schmeckt zart, cremig, nachgiebig,
angenehm unsüß. Und dann BEISST man plötzlich auf etwas Böses, Aufdringliches, und all die Harmonie ist dahin.Die Rosine ist ein Effektheischer, ein Prahlhans. Sie stellt ihre Reize dreist zur Schau. Das ist es ja gerade, rufen nun
Rosinenfreunde – der Kontrast mache doch erst das
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