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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Hochzeitsplänen mit Elvira, und ich tröste mich, sage mir, es ist nur sie, die diesen elenden Klatsch in die Welt setzt, um sich damit zu brüsten. Von Dir würde ich ein kleines Wort erwarten, einen Widerspruch, irgend etwas. Ist Dir klar, Giacomo, daß ich mein Leben damit verbringe, auf Dich zu warten? Im Niemandsland, ohne Verständnis und Rückhalt. Wenn Du mir also eine verletzende Wahrheit sagen mußt, sag sie bald, dann gebe ich dieses Leben auf, vielmehr, ich würde dann ins Leben zurückkehren, denn jetzt lebe ich nicht, ich existiere, vegetiere vor mich hin.
    Wie kannst Du mich so leiden lassen? Schreibe mir bald, Geliebter.
     
    Puccini liest den Brief unter Schmerzen und findet, Cori habe keine Ahnung, wann das Wort Leiden angebracht ist. Wenigstens kann er, das haben die neuen Ärzte, Ceci und Guarneri, angekündigt, das ist die gute Nachricht, schon bald pro Tag ein, zwei Stunden am Flügel arbeiten, den erneut eingegipsten Unterschenkel auf einem Schemel ausgestreckt. Wie wird das schön. Aber in Sachen Cori muß etwas geschehen, das sieht er ein. Nur – was genau? Er weiß es nicht. Aber man kann nicht so tun, als habe sich nichts verändert.
    Der Freund aus Mailand, Luigi Pieri, bietet ihm an, als Vermittler tätig zu sein. Puccini geht, wenn auch mit gemischten Gefühlen, auf das Angebot ein, allerdings solle größte Rücksicht auf die Sensibilität bzw. leichte Reizbarkeit des Mädchens genommen werden.
    Luigi Pieri, ein immer etwas verschwitzt wirkender, schnurrbarttragender Mittvierziger, besucht Cori in ihrer kleinen Mailänder Einzimmerwohnung, weist sich als Giacomos Herold aus, der beauftragt sei, ihre Einsamkeit ein wenig zu mildern . Cori reagiert, um es vorsichtig auszudrücken, erstaunt. Was das solle? Nun, meint Pieri, gewisse Dinge stünden zur Entscheidung an, wie sie sich denken könne. Diese verlangten nach einer Regelung, nach einer durchdachten, ausgewogenen Regelung, die schlußendlich von allen Parteien mit Zufriedenheit akzeptiert würde.
    Schlußendlich ? Parteien ? Die junge, immer noch nicht volljährige Frau ist derlei Wortschatz nicht gewohnt. Was für Parteien? Was er überhaupt für einer sei, fragt sie den angeblichen Herold. Luigi Pieri lächelt. Nun, er sei studierter Anwalt, zur Zeit verbeamtet als Stadtbeauftragter für das Telegrafenwesen und in Giacomos Auftrag unterwegs. Er sei, Gott bewahre, kein Mailänder, hierhin habe es ihn nur aus beruflichen Gründen verschlagen, er stamme aus Lucca, habe mit Giacomo gemeinsam die Schulbank gedrückt und genieße dessen uneingeschränktes Vertrauen. Sie könne zu ihm reden wie mit Giacomo selbst.
    Er sei also Anwalt? Und verschlagen?
    Pieri betont, daß er vor allem als Giacomos Freund zu ihr komme, als sein verlängerter Arm , der ihr in aller Loyalität gereicht werde, sie möge da bitte nichts falsch verstehen.
    Sein verlängerter Arm? In aller Loyalität gereicht? Ihr schwant Böses. Was für gewisse Dinge das denn seien, die zur Entscheidung anstünden?
    Nun, meint Pieri, wenn sie ihn so direkt darauf anspreche, könne er nicht umhin, gewisse Entwicklungen zu erwähnen, die sowohl auf formaler, sozusagen öffentlicher – wie auch auf persönlicher Ebene geregelt werden müssten, heikle Entwicklungen, von deren komplexer Dynamik sie sicher eine Vorstellung habe. Die treibende Kraft hinter alldem sei nicht Giacomo, dessen Aktionsradius zur Zeit – leider – beschränkt genannt werden müsse.
    Er solle sich lieber mal klar ausdrücken, fordert Cori. Oder ihre Wohnung verlassen.
    Nun, im Grunde gehöre ihr diese Wohnung nicht, das nebenbei.
    Wie bitte?
    Die Wohnung sei unter seinem, Pieris, Namen gemietet, nicht gekauft, um genau zu sein, er habe quasi als Strohmann gedient. Wenn sie indes an der Wohnung sehr hänge, solle sie das ruhig sagen, die Immobilie wäre als Teil einer etwaigen Verhandlungsmasse eine konkrete Größe.
    Wie bitte?
    Pieri erkennt, etwas zu spät, seine Befugnisse überstrapaziert zu haben. Ihm wird mulmig, und er schützt vor, die Unterredung zu einem späteren Zeitpunkt fortführen zu wollen. Giacomo ist in seinen Direktiven auch allzu schwammig gewesen. Da herrscht Erklärungsbedarf.
    Immerhin hat Cori begriffen, was die Stunde geschlagen hat.
     
    Giacomo, mein Liebster,
    gestern war ein seltsames Subjekt bei mir zu Gast, namens Pieri, eine Art Schwammpilz, der auf Deinem Mist gewachsen scheint. Was willst Du mir sagen? Nichts? Was willst Du mir über den Schwammpilz sagen? Erst dieser

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