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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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einer modernen Liebesgeschichte.«
    Mrs Hubbard widersprach heftig.
    »Autres temps, autres múrs«, murmelte Poirot. »In meiner Jugend haben die jungen Männer den Mädchen Bücher über Theosophie geliehen oder mit ihnen über Maeterlincks ›Blauen Vogel‹, diskutiert. Alles war nur Gefühl und hohe Ideale. Heute sind es Verhaltensstörungen und Komplexe, die Jungen und Mädchen zusammenbringen.«
    »Nichts als Unsinn«, sagte Mrs Hubbard.
    Poirot widersprach. »Nein, keineswegs. Die Prinzipien, die dem zugrunde liegen, sind ja durchaus vernünftig. Aber wenn man ein eifriger junger Wissenschaftler wie Colin ist, sieht man nur Komplexe und die unglückliche Kindheit des Opfers.«
    »Celias Vater ist gestorben, als sie vier Jahre alt war«, sagte Mrs Hubbard. »Und sie hatte eine ziemlich sorglose Kindheit mit einer netten, aber dummen Mutter.«
    »Aha. Aber sie ist klug genug, dem jungen McNabb nichts davon zu erzählen! Sie wird ihm genau das sagen, was er hören will. Sie ist sehr verliebt.«
    »Glauben Sie womöglich diesen ganzen Quatsch, Monsieur Poirot?«
    »Ich glaube nicht, dass Celia einen Aschenputtel-Komplex hat oder dass sie Dinge entwendet hat, ohne zu wissen, was sie tut. Ich denke, sie hat es bewusst riskiert, einige unbedeutende Dinge zu stehlen, um so die Aufmerksam des ernsthaften Colin McNabb zu erregen – womit sie durchaus Erfolg hatte. Wenn sie das hübsche, scheue, unauffällige Mädchen geblieben wäre, hätte er sie wahrscheinlich nie angeguckt. – Ich bin der Meinung«, sagte Poirot, »dass ein Mädchen durchaus das Recht hat, zu extremen Mitteln zu greifen, um seinen Mann zu bekommen.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass sie genug Verstand hätte, um sich so etwas auszudenken«, sagte Mrs Hubbard.
    Poirot antwortete nicht. Er runzelte die Stirn. Mrs Hubbard fuhr fort:
    »Also war das Ganze nur ein Täuschungsmanöver! Ich muss mich wirklich entschuldigen Monsieur Poirot, dass ich Ihre Zeit für so etwas Triviales in Anspruch genommen habe. Aber immerhin: Ende gut, alles gut.«
    »Nein, nein«, Poirot schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass dies schon das Ende ist. Wir haben jetzt lediglich etwas Triviales aus dem Weg geräumt, was uns den Blick versperrt hat. Aber es bleiben noch Dinge, die nicht erklärt sind. Und ich, ich habe das Gefühl, dass es sich dabei um etwas Ernstes – um etwas sehr, sehr Ernstes handelt.«
    »Ach. Monsieur Poirot, glauben Sie das wirklich?«
    »Ja, das ist mein Eindruck. – Ich frage mich, Madame, ob ich wohl mit Miss Patricia Lane sprechen könnte. Ich würde gern einmal den Ring sehen, der ihr gestohlen wurde.«
    »Natürlich, gern, Monsieur Poirot. Ich werde nach unten gehen und sie zu Ihnen raufschicken. Ich muss sowieso noch etwas mit Len Bateson besprechen.«
    Patricia Lane kam kurz danach mit einem fragenden Gesichtsausdruck ins Zimmer.
    »Es tut mir Leid, Sie zu stören, Miss Lane.«
    »Ach, das macht nichts. Ich war nicht beschäftigt. Mrs Hubbard sagte, Sie würden gern meinen Ring sehen.« Sie streifte ihn vom Finger und hielt ihn ihm hin. »Es ist wirklich ein ziemlich großer Diamant, aber die Fassung ist natürlich sehr altmodisch. Es war der Verlobungsring meiner Mutter.«
    Poirot, der den Ring untersuchte, nickte. »Lebt sie noch, Ihre Mutter?«
    »Nein. Meine Eltern sind beide tot.«
    »Das ist traurig.«
    »Ja. Es waren beides sehr nette Menschen, aber irgendwie haben sie mir nie so nahe gestanden, wie sie hätten sollen. Hinterher tut einem das dann Leid. Meine Mutter hat sich immer eine sorglose, hübsche Tochter gewünscht, gut gekleidet und sehr gesellig. Sie war sehr enttäuscht, als ich mich auf die Archäologie gestürzt habe.«
    »Sie sind immer ein eher ernsthaftes Mädchen gewesen?«
    »Ja, ich glaube schon. Das Leben ist doch so kurz, da sollte man sich auf Sachen konzentrieren, die es wirklich wert sind.«
    Poirot sah sie nachdenklich an.
    Er schätzte Patricia Lane auf Anfang dreißig. Mit Ausnahme einer achtlos aufgetragenen Spur von Lippenstift trug sie kein Make-up. Ihr mausfarbenes Haar hatte sie achtlos nach hinten gekämmt. Ihre recht hübschen blauen Augen blickten ernst durch eine Brille. »Keinerlei persönliche Reize, bon Dieu«, sagte Poirot gefühlvoll zu sich selbst. »Und erst ihre Kleidung! Wie sagt man hierzulande? Rückwärts durch eine Hecke gezogen? Ma foi, das trifft es genau!« So etwas gefiel ihm nicht. Auch empfand er Patricias wohlerzogene, akzentfreie Aussprache ermüdend für das Ohr. »Sie

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