Die Kleptomanin
von meinen Sachen genommen«, setzte Jean an, »aber ich würde doch sagen…«
»Nein, sie hat nichts von deinen Sachen genommen«, sagte Colin und sah sie verdrießlich an. »Aber wenn du nur die leiseste Ahnung hättest, was das bedeutet, dann wärest du vielleicht nicht so froh darüber.«
»Wirklich, ich sehe nicht…«
»Ach, hör auf, Jean«, sagte Len Bateson. »Lass uns mit dem Nörgeln und Herumquatschen aufhören. Ich komme sonst zu spät und ihr auch.«
Sie gingen zusammen raus. »Sag Celia, sie soll den Kopf hochhalten«, rief er über die Schulter.
»Ich möchte gern formellen Protest einlegen«, sagte Mr Chandra Lal. »Borax-Pulver, sehr wichtig für meine Augen, die durch das Studieren ganz entzündet sind, ist gestohlen worden.«
»Auch Sie werden zu spät kommen, Mr Chandra Lal«, sagte Mrs Hubbard fest.
»Mein Professor kommt auch oft zu spät«, sagte Mr Chandra Lal finster, aber er bewegte sich doch zur Tür. »Und er reagiert auch gereizt und übertrieben, wenn ich ihm viele interessierte Fragen stelle.«
»Mais il faut qu’elle me le rende, ce compact«, sagte Genevieve.
»Sie müssen Englisch sprechen, Genevieve – Sie werden es nie lernen, wenn Sie jedes Mal ins Französische zurückfallen, wenn Sie sich aufregen. Und außerdem haben Sie am Sonntag hier zu Abend gegessen und noch nicht bezahlt.«
»Ach, jetzt hab ich gerade mein Portemonnaie nicht dabei. Heute Abend – viens, René, nous serons en retard.«
»Bitte«, sagte Mr Akibombo und sah sich flehentlich um, »ich nicht verstehen.«
»Komm mit, Akibombo«, sagte Sally. »Ich werde es dir auf dem Weg zum Institut erklären.«
Sie nickte Mrs Hubbard aufmunternd zu und schob den verwirrten Akibombo aus dem Raum.
»O Gott«, sagte Mrs Hubbard und atmete tief durch. »Warum um alles in der Welt habe ich diesen Job angenommen?«
Valerie, die als Einzige zurückgeblieben war, grinste sie freundlich an. »Machen Sie sich keine Sorgen, Ma«, sagte sie. »Es ist schon gut, dass nun alles herausgekommen ist. Allmählich waren doch alle ziemlich nervös geworden.«
»Ich muss schon sagen, dass ich sehr überrascht war.«
»Dass es am Ende Celia war?«
»Ja. – Waren Sie nicht überrascht?«
Valerie sagte leicht abwesend: »Das war doch ziemlich offensichtlich, finde ich.«
»Haben Sie das etwa die ganze Zeit schon gedacht?«
»Nun ja, das eine oder andere hat mich stutzig gemacht. Und auf jeden Fall hat sie jetzt Colin da, wo sie ihn haben wollte.«
»Ja. Ich kann mir nicht helfen, aber mir scheint das nicht in Ordnung.«
»Man kriegt keinen Mann mit vorgehaltener Pistole«, lachte Valerie. »Aber vielleicht mit einem Anflug von Kleptomanie? – Keine Sorge, Mum. Und um Himmels willen sorgen Sie dafür, dass sie Genevieve ihre Puderdose zurückgibt, sonst haben wir nie mehr Frieden bei den Mahlzeiten.«
Mrs Hubbard seufzte: »Nigel hat seine Untertasse zerbrochen, und der Marmeladentopf ist auch hin.«
»Ein teuflischer Morgen, was?«, sagte Valerie. Sie ging nach draußen. Mrs Hubbard hörte, wie sie mit fröhlicher Stimme im Flur verkündete:
»Guten Morgen Celia. Die Luft ist rein. Alle wissen alles, und sie verzeihen dir alles – im Auftrag der heiligen Jean. Und was Colin angeht, der hat wie ein Löwe für dich gebrüllt.«
Celia kam ins Esszimmer. Ihre Augen waren rot geweint.
»Oh, Mrs Hubbard.«
»Sie sind sehr spät dran, Celia. Der Kaffee ist kalt, und viel zu essen ist auch nicht mehr da.«
»Ich wollte die anderen nicht treffen.«
»Das dachte ich mir. Aber früher oder später werden Sie sie doch treffen müssen.«
»O ja, ich weiß. Aber ich dachte – heute Abend – dass es dann einfacher wäre. Und da ist noch etwas. Ich werde am Ende der Woche gehen.«
Mrs Hubbard runzelte die Stirn. »Ich denke, das wird nicht nötig sein. Sie müssen mit ein paar Unannehmlichkeiten rechnen – das ist klar –, aber unsere Studenten sind im Großen und Ganzen ziemlich großzügig. Natürlich werden Sie den Schaden wieder gutmachen müssen, soweit das geht.«
Celia unterbrach sie eifrig: »O ja. Ich habe mein Scheckbuch dabei. Das ist eines der Dinge, die ich Ihnen sagen wollte.« Sie sah zu Boden. Sie hielt ein Scheckbuch und einen Umschlag in der Hand. »Ich habe an Sie geschrieben, für den Fall, dass Sie nicht unten wären, wenn ich herunterkäme, um zu sagen, wie Leid es mir tut, und ich wollte einen Scheck beilegen, damit Sie mit den Leuten abrechnen können – aber dann hatte ich keine Tinte mehr im
Weitere Kostenlose Bücher