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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sein.«
    »Musst du so tugendhaft daherreden, Jean?«, fragte Valerie Hobhouse ärgerlich. »Ich finde das höchst unerfreulich.«
    »›Sich zu ihrer Tat bekannt‹«, sagte Nigel mit einem Schauder. »Was für ein scheußlicher Ausdruck.«
    »Wieso? Die Oxford Group benutzt den Ausdruck auch und…«
    »Oh, um Himmels willen, die Oxford Group! Müssen wir denn wirklich die ›Moralische Aufrüstung‹ schon zum Frühstück haben?«
    »Was soll das alles, Ma? Es war also Celia, die den ganzen Kram geklaut hat? Ist das der Grund dafür, dass sie nicht zum Frühstück runterkommt?«
    »Bitte, ich nicht verstehen«, sagte Mr Akibombo.
    Niemand setzte ihn ins Bild. Alle waren zu sehr damit beschäftigt, ihren eigenen Beitrag zu leisten.
    »Armes Kind«, sagte Len Bateson. »War sie so knapp dran, oder was?«
    »Wisst ihr, ich bin nicht wirklich überrascht«, sagte Sally langsam. »Ich hatte immer so eine Art von Gefühl…«
    »Willst du damit sagen, dass Celia die Tinte auf meine Aufzeichnungen gegossen hat?« Elizabeth Johnston sah ungläubig um sich. »Das wäre eine Überraschung, das kann ich kaum glauben.«
    »Celia hat keine Tinte auf Ihre Arbeit geschüttet«, sagte Mrs Hubbard. »Und ich wünsche, dass Sie alle jetzt damit aufhören, diese Angelegenheit zu diskutieren. Ich hatte sowieso vorgehabt, Ihnen alles später in Ruhe zu erzählen…«
    »Es ist ja nur, weil Jean gestern Abend an Ihrer Tür gelauscht hat«, sagte Valerie.
    »Ich habe nicht gelauscht. Ich bin nur zufällig…«
    »Ach komm, Bess«, sagte Nigel. »Du weißt ganz genau, wer die Tinte verschüttet hat. Ich, der böse Nigel, mit meiner kleinen grünen Flasche, ich bin das gewesen.«
    »Ist er nicht. Er tut nur so. Oh, Nigel, wie kannst du nur so dumm sein?«
    »Es ist doch nur nobel von mir, dich zu schützen, Pat. Wer hat denn gestern Morgen meine Tinte ausgeliehen? Du warst das.«
    »Bitte, ich nicht verstehen«, sagte Mr Akibombo.
    »Das ist auch besser so«, erklärte ihm Sally. »Wenn ich du wäre, würde ich mich da absolut raushalten.«
    Mr Chandra Lal erhob sich. »Du fragst wirklich, warum es bei euch die Mau-Mau-Rebellen gibt? Und warum Ägypten was gegen die Suez-Kanalgesellschaft hat?«
    »Verdammter Mist«, sagte Nigel heftig und knallte die Tasse auf die Untertasse. »Erst die ›Moralische Aufrüstung‹ und dann noch die Politik! Beim Frühstück! Ich hau ab.«
    Er stieß den Stuhl heftig zurück und verließ den Raum.
    »Es ist kühl draußen. Vergiss deinen Mantel nicht!« Patricia rannte hinter ihm her.
    »Gluck, gluck, gluck«, sagte Valerie boshaft. »Sie wird bald Federn kriegen und mit den Flügeln schlagen.«
    Genevieve, das französische Mädchen, dessen Englisch noch nicht ausreichte, dem raschen Wortwechsel zu folgen, hatte den Erklärungen gelauscht, die René ihm ins Ohr zischte. Sie sprudelte jetzt in schnellem Französisch mit sich überschlagender Stimme heraus: »Comment donc? C’est cette petite qui m’a volé mon compact! Ah, par exemple! J’irai à la police. Je ne supporterai pas une pareille…«
    Colin McNabb hatte schon länger versucht, sich verständlich zu machen, aber seine tiefe, überlegene Stimme war in den schrillen, hohen Tönen untergegangen. Jetzt gab er seine distanzierte Haltung auf, schlug mit heftigem Krachen die Faust auf den Tisch und brachte damit alle überrascht zum Schweigen. Der Marmeladentopf glitt vom Tisch und zerbrach.
    »Jetzt haltet alle mal den Mund und hört zu, was ich zu sagen habe. Noch nie bin ich so krasser Ignoranz und Bosheit begegnet! Hat den keiner von euch auch nur den blassesten Schimmer von Psychologie? Das Mädchen hat keine Schuld, das steht fest. Sie ist durch eine schwere emotionale Krise gegangen und muss mit der äußersten Sympathie und Vorsicht behandelt werden – wenn sie nicht für den Rest ihres Lebens instabil bleiben soll. Ich warne euch. Äußerste Vorsicht – das ist es, was sie braucht.«
    »Aber immerhin«, sagte Jean mit klarer, besserwisserischer Stimme, »auch wenn wir uns alle einig sind, dass wir nett sein sollten – über diese Angelegenheit sollten wir doch nicht einfach hinwegsehen, oder? Über die Diebstähle, meine ich.«
    »Diebstähle«, sagte Colin. »Das waren keine Diebstähle. Ach! Ihr geht mir auf die Nerven – alle.«
    »Sie ist schon ein interessanter Fall, was, Colin?«, sagte Valerie und grinste ihn an.
    »Allerdings, wenn man sich für das Funktionieren des Gehirns interessiert, ja.«
    »Natürlich hat sie nichts

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