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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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grimmig und entschlossen.
    »Das ist nicht wahr!«, sagte Nigel mit unnatürlich hoher Stimme. »Nein. Nein. Nein.«
    »Doch, Mr Chapman. Sie ist tot.«
    »Nein, nein. Doch nicht Pat! Liebe, dumme Pat. Wie…«
    »Hiermit.«
    Es war eine einfache, rasch improvisierte Waffe. Ein Briefbeschwerer aus Marmor, der in einer Wollsocke steckte.
    »Von hinten auf den Kopf geschlagen. Eine sehr wirksame Waffe. Wenn es irgendeine Art von Trost für Sie ist, Mr Chapman, ich würde sagen, sie hat es nicht einmal kommen sehen.«
    Nigel setzte sich, am ganzen Körper zitternd, auf das Bett. Er sagte:
    »Das ist eine von meinen Socken… Sie hatte sie stopfen wollen… O Gott, sie hatte sie stopfen wollen…« Plötzlich begann er zu weinen. Er weinte wie ein Kind – hemmungslos und hingegeben.
    Sharpe setzte inzwischen seine Rekonstruktion des Tathergangs fort.
    »Es muss jemand gewesen sein, den sie gut kannte. Jemand, der einfach eine Socke aufheben und den Briefbeschwerer hineingleiten lassen konnte. Kennen Sie den Briefbeschwerer, Mr Chapman?« Er rollte die Socke so zurück, dass der Stein frei lag.
    Nigel, der noch immer weinte, sah auf.
    »Pat hatte ihn immer auf ihrem Schreibtisch stehen. Ein steinerner Löwe aus Luzern.« Er barg sein Gesicht in den Händen. »Pat – oh, Pat! Was soll ich ohne dich machen!« Plötzlich setzte er sich aufrecht hin und warf sein wirres blondes Haar zurück. »Den bringe ich um, der das getan hat! Ich bringe ihn um! Dieses Mörderschwein!«
    »Ruhig, Mr Chapman. Ja, ja, ich weiß, wie Sie sich jetzt fühlen. Eine brutale Tat.«
    »Pat hat nie jemandem etwas getan…«
    Indem er ihm besänftigend zusprach, brachte Inspektor Sharpe Nigel dazu, den Raum zu verlassen. Dann ging er selbst zurück in das Schlafzimmer. Er beugte sich über das tote Mädchen. Ganz sanft löste er etwas aus seinen Fingern.
     
     

II
     
    Geronimo lief der Schweiß über die Stirn; aus ängstlichen dunklen Augen sah er von einem zum anderen. »Ich hab nichts gesehen. Ich hab nichts gehört, hab ich doch schon gesagt. Ich weiß überhaupt gar nichts. Ich mit Maria in der Küche. Ich setze Minestrone auf, ich reibe den Käse…«
    Sharpe unterbrach die Aufzählung. »Niemand wirft Ihnen irgendetwas vor. Wir wollen nur einige Dinge überprüfen. Wer ist in der letzten Stunde ins Haus gekommen oder rausgegangen?«
    »Ich weiß nicht. Woher soll ich wissen?«
    »Aber Sie können von Ihrem Küchenfenster aus ganz deutlich sehen, wer rein und rausgeht, oder etwa nicht?«
    »Vielleicht, ja.«
    »Dann sagen Sie es uns bitte.«
    »Um diese Tageszeit gehen alle Augenblick rein und raus.«
    »Wer hat sich im Haus aufgehalten in der Zeit zwischen sechs Uhr und sechs Uhr fünfunddreißig, als wir hier eingetroffen sind?«
    »Alle, außer Mr Nigel und Mrs Hubbard und Miss Hobhouse.«
    »Wann sind die gegangen?«
    »Mrs Hubbard ist vor der Teezeit weggegangen; sie noch nicht wieder da.«
    »Weiter.«
    »Mr Nigel ist vor etwa einer halben Stunde aus dem Haus, kurz vor sechs – sah sehr verärgert aus. Er kommt jetzt mit Ihnen zurück…«
    »Das stimmt, weiter.«
    »Miss Valerie, sie genau um sechs Uhr raus. Zeitzeichen im Radio, piep, piep, piep. Angezogen für Cocktail, sehr smart. Sie noch draußen.«
    »Und alle anderen sind hier?«
    »Ja, Sir. Alle hier.«
    Sharpe blickte in sein Notizbuch. Dort hatte er die Zeit von Patricias Anruf verzeichnet. Genau acht Minuten nach sechs.
    »Alle anderen sind hier im Haus geblieben? Und niemand ist in der Zwischenzeit wieder zurückgekommen?«
    »Nur Miss Sally. Sie war mit Brief zum Briefkasten und ist zurückgekommen…«
    »Wissen Sie, wann sie zurückgekommen ist?«
    Geronimo runzelte die Stirn. »Kam zurück, als die Nachrichten gelaufen sind.«
    »Nach sechs also?«
    »Ja, Sir.«
    »Welcher Teil der Nachrichten lief gerade?«
    »Ich weiß nicht, Sir. Aber es war vor Sportteil. Weil, wenn Sport kommt, dann wir schalten ab.«
    Sharpe lächelte grimmig. Es war ein weites Feld. Nur Nigel Chapman, Valerie Hobhouse und Mrs Hubbard konnten ausgeschlossen werden. Das bedeutete lange und ermüdende Verhöre. Wer war im Aufenthaltsraum gewesen, wer hatte ihn verlassen? Und wann? Wer konnte für wen bürgen? Wenn man außerdem in Betracht zog, dass einige der Studenten, besonders die Asiaten und Afrikaner, generell nur sehr vage Vorstellungen von irgendwelchen Zeiten hatten, so lag eine wenig beneidenswerte Aufgabe vor ihm.
    Aber sie musste erledigt werden.
     
     

III
     
    In Mrs Hubbards

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