Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Greenpeace-Aktivist, hatte er sich in seinem ersten Werk „Apocalypse No“ (2002) die Statistiken von Umweltschützern vorgenommen und mehr oder weniger überzeugend manche davon als Übertreibungen entlarvt. In seinem Buch mit dem schönen Titel „Cool it“ (2007) knüpfte er sich u. a. die Eisbären vor, recherchierte Bestandszahlen anhand der erlaubten Abschussquoten und kam zu dem Schluss, dass die Zukunft des Eisbären nicht gefährdet sei. Es wäre interessant zu wissen, auf wie vielen Folien von ernsthaften wissenschaftlichen Vorträgen Eisbären zu sehen waren und sind und wie oft sie in guter Absicht als Argument eingesetzt werden, um die Öffentlichkeit und die eigene Zunft von der nahenden Klimakatastrophe zu überzeugen. Der Eisbär wandert durch die Klimadebatte an der Schnittstelle zwischen virtueller Realität und Wirklichkeit; er ist längst zu einem Symbol geworden, das sich der Überprüfung entzieht, sondern selbst neue Wirklichkeiten schafft.
Klimawandel goes Hollywood: „The day after tomorrow”
Wie die so oft an die Wand gemalte Klimakatastrophe tatsächlich aussehen könnte, diese Frage beantwortete der deutsche Hollywood-Regisseur Roland Emmerich mit leichter Hand und unter schwerem Einsatz von Computertechnik und Bildern in seinem Film „The day after tomorrow“ (2004). Hier warnen aufmerksame Klimawissenschaftler vergeblich ihre eigene Zunft und die Politik davor, dass der Golfstrom und damit das Klima kippen könnten. Spitzen gegen die Bush-Administration sind offensichtlich, und prompt werden New York und weite Teile Nordamerikas Opfer einer Eiskatastrophe. Der „human touch“ kommt durch die Familiengeschichte eines der Wissenschaftler, ganz nach dem Vorbild von Al Gores Vortrag, hinzu, und der Zuschauer wird bestens mit Wolkenkratzern verschlingenden Flutwellen und Eismassen verwöhnt. Der Effekt ist derselbe wie bei Al Gore, nur um eine Pointe bereichert: Die fliehenden Amerikaner müssen imverschont gebliebenen Mexiko um Aufnahme bitten. Der Täter-Opfer-Diskurs wird hier auf elegante Art umgekehrt: Diejenigen, welche die meisten Treibhausgase ausstoßen, sind auch diejenigen, die kulturell am verletzlichsten sind.
Als Katastrophenfilm steht „The day after tomorrow“ nicht unbedingt in Beziehung zur Realität, sondern zu anderen Katastrophenfilmen. Mit denen teilt er die Kritik und das Unbehagen an der modernen Konsumgesellschaft – hier in Form von Energieverschwendung – und zeigt deren von vielen als unheimlich wahrgenommene Rückseite in symbolischer Form. Er enthält zahlreiche Übertreibungen, Zuspitzungen, Dramatisierungen, aber auch viele realistische Komponenten, sodass für den Laien eine Unterscheidung kaum möglich ist. Tatsächlich erfreut sich das Thema des Umkippens des Golfstroms weit vor dem Erscheinen des Films nicht nur in Deutschland einer ganz erheblichen Popularität; als Klimaforscher erlebte man es schon, dass man im Taxi darauf angesprochen wurde.
Der Film wurde von manchen Klimaforschern und nicht wenigen Aktivisten begrüßt in der Hoffnung, dass er helfen könnte, Klimaschutz ernsthaft zu verfolgen und die Menschen „aufzurütteln“. In der Zeitschrift Stern wird der Klimawissenschaftler Mojib Latif, der sich in dem Interview ausdrücklich von der Golfstromtheorie distanziert, so zitiert: „Die Amerikaner sind auch nicht annähernd gewillt, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten – wenn ein Hollywood-Film dazu beiträgt, dass sich die öffentliche Meinung in den USA ändert und Druck auf die Regierung ausgeübt wird, dann ist das ein richtiges Ergebnis.”
Andere empfanden den Film als Propaganda mit unlauteren Mitteln, in dem durch Zuspitzung Angst und Bereitschaft zur Aktion erzeugt werden sollten. Was nun die treffendere Einschätzung ist, sei dahingestellt, klar aber ist, dass der Film überaus erfolgreich war und den Stand der Forschung in der Klimawissenschaft in ziemlich freier Weise interpretierte. Der Klimawandel ist längst Teil des feinen Gewebes aus inzwischen global geteilten Symbolen und Bedeutungen geworden, das der Ethnologe Clifford Geertz „Kultur“ nennt.
Klimawandel und Lebensführung in „South Park“
Al Gore und die Klimakatastrophe wurden so auch zum Gegenstand von weltweit ausgestrahlten populären Comicserien. Eine Folge der Serie „South Park“, die sich durch einen ziemlich derben Humor auszeichnet, thematisiert Al Gores Mantra, dass der Klimawandel das unvermeidliche Resultat unserer
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