Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
nichts zu befürchten. Ihre Ableitung der Temperaturkurve aus Thermometerdaten war wasserdicht, wie schon Ende 2009 Hans von Storch und Myles Allen in Nature erklärt hatten. Es gab keine guten Gründe, der Rekonstruktion auf der Basis der Temperaturwerte zu misstrauen. Schließlich hatten viele andere Gruppen ähnliche und konsistente Ergebnisse gefunden, was auch später vom BEST-Projekt (siehe unten) bestätigt wurde.
Die Sache mit der Temperaturkurve aus Proxydaten war eine andere. Die Hockeyschlägerkurve sorgte ja schon seit geraumer Zeit für Unruhe nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Klimapolitik. Aus den E-Mails ging hervor, dass bei den Endverhandlungen des Dritten Sachstandsberichts des IPCC ein durchaus erhebliches Interesse bestanden hatte, die vor allem aus Baumringdaten abgeleitete Temperaturentwicklung seit dem Jahr 1000 argumentativ zu nutzen, um die Temperaturentwicklung in den letzten wenigen Jahrzehnten als absolut ungewöhnlich im Lichte historischer Zustände zu beschreiben. In dem Zusammenhang störte die Inkonsistenz der Proxydaten mit den Thermometerdaten in den besagten letzten Jahrzehnten. Dies wurde im Jahr 2001 ausführlich verhandelt. Man legte sich, noch während der IPCC-Verhandlungen, das Argument zurecht, dass die Abweichung etwas mit dem veränderten CO 2 -Level in der Luft zu tun habe und die Proxydaten daher seit Mitte des 20. Jahrhunderts keine zuverlässigen Temperaturarchive seien. Stattdessen „klebte“ man die Kurven aus den beiden verschiedenen Quellen – Baumringe und Thermometer – zusammen. Dies wurde als „Trick“ bezeichnet, gegen den wenig zu sagen ist, solange klar ist, dass hier Zahlen mit sehr verschiedener Zuverlässigkeit eingesetzt werden. Anfänglich war das noch gut erkennbar, im Laufe der Zeit wurde aus den beiden Kurven jedoch eine Kurve – oft ohne Erklärung des Vorbehalts, dass die beiden Teile grundsätzlich verschieden waren, was Quelle und Genauigkeit anging.
Das war der Hintergrund von „hide the decline“ und „trick“, den beiden Begriffen aus dem riesigen Wust von E-Mails, die in der Erinnerung besonders hängen blieben. Sie waren auch insofern bemerkenswert, als der UNO-Klimarat nur veröffentlichtes und durch unabhängige Gutachter geprüftes Material berücksichtigen soll. Die in den E-Mails geschilderte Strategie deutete aber darauf hin, dass Hinterzimmermaterial verwendet und in das politisch wirksame „Summary for Policymakers“ eingebracht wurde. Man kann argumentieren, dass man den beteiligten Wissenschaftlern kaum einen Vorwurf machen sollte, denn es waren ja die Oberen des IPCC, die sich nicht an ihre eigenen Regeln gehalten hatten. Die Wissenschaftler dienten nur als „Lieferanten“ des griffigen Bildes und konnten der Versuchung nicht widerstehen, derart umfassende Anerkennung zu erfahren. Allerdings wäre dies eine schwache Entschuldigung, wenn man bedenkt, dass hier die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft auf dem Spiel steht.
Zudem wurde offenkundig, dass sich in der Klimawissenschaft ein kleines Kartell gebildet hatte. Das war so weit verzweigt und einflussreich, dass praktisch jede Publikation, die zu dem Thema „bedrohlich steigende Erderwärmung“ bei einem relevanten wissenschaftlichen Journal eingereicht wurde, bei einem Vertreter dieser Gruppe zur Begutachtung landete. Dadurch wurde der als „Peer Review“ für die Autorität der Wissenschaft unabdingbare anonyme Begutachtungsprozess zu einer „Pal Review“, einem Freundschaftsgutachten. Nur wenn die Gutachten positiv sind, wird ein Artikel von den wissenschaftlichen Zeitschriften akzeptiert. Durchdie „Pal Review“ wurde eine effiziente Wache installiert, die sicherstellte, dass Ergebnisse, die dem Verständnis und Wissensanspruch des Kartells widersprachen, ausgesondert wurden. Ein Vorgang, den man auch außerhalb der Klimawissenschaft immer wieder findet und der zu viel Ärger und Verbitterung führt, in diesem Fall aber eindeutig auch politische Auswirkungen über den kleinen, esoterischen Kreis der Fachspezialisten hinaus hatte.
Als Sozialwissenschaftler aus dem Umfeld der „Science, Technology and Society Studies“ 41 die E-Mails analysierten, zogen sie unterschiedliche Schlüsse. Wissenschaftler sind noch mehr als andere zur Wahrheit verpflichtet, da deren Erkundung im Zentrum ihrer Tätigkeit steht. In gewisser Hinsicht haben auch Wissenschaftler so etwas wie einen hippokratischen Eid, auch wenn dieser nicht geschworen wird. Die
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