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Die Klinge des Löwen 01

Die Klinge des Löwen 01

Titel: Die Klinge des Löwen 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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entgegnete
Dietrich und lächelte ihr zu. „Mir scheint, das ganze
Leben besteht aus Ungewißheiten.“
    Ida musterte ihn mit
einem forschenden Blick, ohne jedoch auf seine tiefsinnige Bemerkung
einzugehen. Sie ritten weiter, wobei sich ihre Pferde jetzt
nebeneinander in langsamer Gangart hinter Erdmann herbewegten, der in
einiger Entfernung im ungewissen Dämmerlicht kaum zu erkennen
war. Die Zofe zockelte auf ihrem Zelter schweigend hinterher. Der
Knabe in Idas Armen war eingeschlafen. Sie warf Dietrich erneut einen
Blick aus ihren rätselvollen dunklen Augen zu.
    „ Ihr sprecht manchmal fast
wie ein Philosoph, Herr Ritter“, nahm sie den Gesprächsfaden
wieder auf, und ihre Stimme klang jetzt amüsiert. „Welch
ein Gegensatz zu dem unnachgiebigen Befehlston, mit dem Ihr kurz
zuvor einen Untergebenen zum Gehorsam gezwungen habt!“
    Dietrich hielt die
Zügel seines Rosses lässig in der Linken, während er
die Rechte auf den Schenkel aufstützte. Er sah die Gräfin
nicht an, als er in ironischem Ton antwortete: „Erdmanns
aufmüpfiger Art mußte ich mit Härte begegnen. Ich
glaube nicht, daß ich ihm mit philosophischen Sprüchen
Respekt eingeflößt hätte!“
    „ Ihr seid wohl ein Mann mit
zwei Gesichtern, Herr Ritter?“
    Er war jetzt doch
überrascht über den neckenden Ton, den die Gräfin
anschlug. Er beschloß, auf ihr Spiel einzugehen. „Zwei
Gesichter? Vielleicht habe ich sogar viele Gesichter - wie es die
Situation erfordert.“
    „ Dann wärt Ihr ja ein
Schauspieler!“
    „ Sind wir das nicht alle?“
    Sie gab keine
Antwort. Er sah sie unsicher an, und für einen Augenblick gewann
er in dem ungewissen Dämmerungslicht den Eindruck, ihr schönes
Gesicht sei plötzlich mit einer feinen Röte überzogen.
    Er hatte das Gefühl,
Ida in Verlegenheit gebracht zu haben, und hielt es für besser,
sie jetzt für eine Weile sich selbst zu überlassen. Eilig
sagte er: „Verzeiht, aber ich muß ein wenig vorausreiten,
um zu sehen, wohin Erdmann uns zu führen gedenkt!“
    Ohne eine Antwort
abzuwarten, trieb er sein Streitroß mit einem Schenkeldruck an
ihr vorbei und setzte sich an die Spitze des Zuges. Das Gelände
wurde immer sumpfiger, wie Erdmann es angedeutet hatte. Der
glitschige Boden zwang die Pferde, vorsichtig Fuß vor Fuß
zu setzen. Die Erde war an manchen Stellen mit knöcheltiefen
Wasserlachen bedeckt, verursacht von einem schmalen Bergbach, der vor
kurzem über die Ufer getreten sein mußte. Eine breite Spur
von Sand und Schlamm, mitgeschleppten Baumästen und Sträuchern
zog sich zu beiden Seiten des Baches hin. Sie verriet den Weg und die
Gewalt eines vorübergehend zum Wildbach angeschwollenen
Wasserlaufes, der jetzt wieder friedlich in seinem engen Bett
dahinplätscherte.
    Am Ufer stand
Erdmann und wartete, bis Dietrich mit den beiden Frauen heran war. Es
wurde jetzt schnell dunkel. Dietrich konnte nur noch undeutlich
erkennen, daß der Kriegsknecht zur anderen Seite des Baches
zeigte.
    „ Dort drüben geht es
weiter, Herr“, sagte er in einem Ton, in dem sich
Unterwürfigkeit und Widerwillen mischten. Dietrich warf ihm
einen mißtrauischen Blick zu. Dann wandte er sich an seine
Schützlinge.
    „ Weit kommen wir heute
nicht mehr. Wir wollen nur noch diesen Wasserlauf hier überqueren
und dann auf Giselbert und den Knappen warten. Sobald die beiden zu
uns gestoßen sind, werden wir einen Platz für das
Nachtlager suchen.“
    „ Hoffentlich finden sie
uns!“ meinte Gräfin Ida besorgt.
    „ Normalerweise können
sie unsere Spur, die wir in diesem morastigen Gelände
hinterließen, nicht verfehlen. Ich fürchte nur, daß
sie bald nichts mehr sehen werden, wenn es noch lange dauert.“
    „ Soll ich ihnen
entgegengehen?“ fragte Erdmann mit ungewohnter Beflissenheit.
Dietrich sah ihn abermals forschend an. „Es kann nicht schaden.
Wenn du dich beeilst, müßtest du ihnen bald begegnen und
kannst sie auf dem kürzesten Weg hierher führen.“
    Wortlos machte sich
Erdmann auf den Weg. Schon bald war er in der zunehmenden Dunkelheit
verschwunden. Zur gleichen Zeit trieben die Zurückgebliebenen
ihre Pferde über den jetzt harmlosen schmalen Bach.
    „ Hier wollen wir warten“,
sagte Dietrich, nachdem sich alle wieder auf festem Boden befanden.
    Es wurde allmählich
empfindlich kühl. Sie hielten sich jetzt in einem jener
Niederungsgehölze der Künzigtalaue auf, die sich entlang
der Flußschlingen bis zu den links und rechts aufragenden
Bergen erstreckten. Es war ein ausgedehntes

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