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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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den Bäumen.
Dann erkannte er, daß es ein Rudel Rehe war, das langsam
vorüberzog. Plötzlich verhoffte der Bock, und Dietrich
wurde aufmerksam. Er sah, wie die Tiere stocksteif stehen blieben. Im
nächsten Augenblick stoben sie, als hätte etwas sie zu Tode
erschreckt, in wilden Fluchten davon. Die Geräusche brechender
Zweige unter ihren Läufen entfernten sich rasch.
    Dietrich
überlegte mechanisch - was mochte das Wild erschreckt haben?
Irgend ein Raubtier, dachte er flüchtig und wandte sich wieder
den anderen zu. „Wir wollen weiterziehen. Vielleicht schaffen
wir es noch, vor Einbruch der Dunkelheit aus dem Wald herauskommen.
Danach können wir rasten. Wir müssen sowieso noch eine
Nacht im Freien verbringen.“
    Ein
Ausdruck des Bedauerns malte sich auf Idas Zügen. „Wie
schön wäre es, wenn wir endlich wieder ein Dach über
dem Kopf hätten. Gibt es denn nirgendwo wenigstens ein Gehöft?
Ich würde es sogar in Kauf nehmen, in der Hütte eines
Hörigen zu übernachten!“
    „ Ihr
werdet aber bescheiden, meine Liebe“, sagte Bertha spitz.
„Glaubt Ihr wirklich, daß eine schmutzige Bauernkate das
Richtige für Euch wäre?“
    „ Ach,
hör auf herumzunörgeln“, fuhr Ida die Zofe mit
zornblitzenden Augen an. „Es gibt auch saubere bäuerliche
Behausungen. Auf jeden Fall wären wir dort sicherer als hier,
mitten in der Wildnis, wo es zudem nachts kalt ist.“
    Dietrich,
dem das Weibergezänk auf die Nerven ging, fuhr sich verlegen mit
der Hand durch das rotblonde Haar. Er wollte eben das Zeichen zum
Weitermarsch geben, als sein Blick auf etwas Dunkles fiel, das er
zwischen zwei dicht beisammenstehenden Fichten ausmachte, deren Äste
bis zum Boden reichten. Er schätzte die Entfernung auf etwa
zweihundert Schritt. Die einander gegenüberliegenden Äste
der beiden Bäume waren wie Zähne ineinander geschoben. Es
kam ihm so vor, als verdeckten sie eine dunkle menschliche Gestalt,
die sich dahinter verbarg. Aber da er keinerlei Bewegung wahrnahm,
schwand sein Interesse und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder den
Reisegefährten zu.
    „ In
dieser Wildnis leben keine Bauern“, antwortete er endlich auf
Idas Frage nach einer Unterkunft. „Die Rodungen beschränken
sich auf Gebiete im unteren Künzigtal. Hier oben hausen
höchstens ein paar Köhler, die wohl in kümmerlichen
und schmutzigen Katen nächtigen. Das wäre wirklich nichts
für Euch. Es bleibt uns...“
    Er
verstummte, denn sein Blick war erneut auf die Stelle gefallen, wo er
vorhin eine Gestalt zu sehen glaubte. Da war jetzt nichts mehr. Die
Äste schaukelten sachte im leichten Wind, und zwischen ihnen
schimmerte es hell. Dietrich hätte schwören können,
daß die hellen Stellen vorhin teilweise verdeckt waren.
    „ Was
habt Ihr?“ Ida folgte verwundert seinem Blick.
    „ Ich
bin mir nicht sicher“, murmelte Dietrich und rieb sich die
Nase. „Aber vorhin war mir, als hätte sich zwischen jenem
Fichtenpaar etwas aufgehalten, was nicht dorthin gehört. Und
jetzt ist es weg...“
    Er
stieg vom Pferd und tätschelte ihm geistesabwesend den Hals,
während er auf die verdächtige Stelle starrte. „Ich
werde mir das einmal näher ansehen. Ihr bleibt hier, und du,
Giselbert, hältst die Augen offen!“
    Langsam
näherte er sich den beiden Bäumen, wobei er sorgfältig
die Umgebung mit den Augen absuchte. In unmittelbarer Nähe war
das zarte Stimmchen eines Zaunkönigs zu hören, und es
schien ihm, als begleite ihn der winzige Vogel auf seinem
Erkundungsgang. Aus dem Hintergrund erklang das ungeduldige Schnauben
der Rosse. Der Waldboden war hier frei von Schnee, und Zweige
knackten unter Dietrichs Stiefeln. Kurz bevor er die verdächtige
Stelle erreichte, schlug Idas spitzer Schrei an sein Ohr, gefolgt von
einem rauhen Warnruf Giselberts.
    Dietrich
sah sich um und zog gleichzeitig sein Schwert aus der Scheide. Aus
dem nahen Unterholz zu seiner Linken brachen zwei in Lumpen gehüllte
dunkle Gestalten hervor. Jeder von ihnen schwang eine mit Nägeln
besetzte hölzerne Keule, während sie lautlos wie Katzen auf
ihn zuliefen. Als sie jedoch sahen, daß er sie mit blanker
Klinge erwartete, verlangsamten sie ihre Schritte und blieben
schließlich unweit von Dietrich stehen. Er blickte in zwei
magere, bleiche Gesichter. Der eine der beiden mochte auf die Fünfzig
zugehen. Sein verfilztes schulterlanges Haar, ursprünglich wohl
schwarz, war schiefergrau und stumpf. Der Jüngere der beiden
konnte sein Sohn sein. Dietrich sah, daß in ihren Augen die
Angst

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