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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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Die Sonne
mußte inzwischen untergegangen sein. Blaues Dämmerlicht
ließ die Konturen im Wald schnell verschwimmen. Die Stimmen der
Singvögel waren längst verstummt. Hie und da knackte es
zwischen den Bäumen. Das nachtaktive Raubwild begab sich jetzt
wohl schon auf Beutesuche. Dietrich verscheuchte den Gedanken, daß
darunter auch zweibeinige Waldbewohner sein könnten, und erklomm
mit geschmeidigen Bewegungen die Felsenplattform.
    Er
zog den Steigbaum nach oben. „So, jetzt sind wir gefeit gegen
ungebetenen Besuch!“
    Seine
drei Schützlinge saßen im Halbkreis auf einer der
gesteppten Decken, die sie zuvor mit jungen Tannenzweigen unterlegt
hatten, und sahen ihn fragend an.
    „ Erwartet
Ihr denn so etwas?“ Idas Stimme klang schon wieder besorgt, und
Dietrich verwünschte insgeheim seine voreilige Bemerkung.
    „ Ach
nein, meine Liebe“, erwiderte er leichthin und rieb sich
verlegen die Nase. „Das war nur so eine Redensart!“
    Sie
betrachtete ihn aufmerksam, und er war froh, daß sie es
offenbar vorzog, zu schweigen. Nachdem sie sich aus dem mitgeführten
Proviant gestärkt hatten, war es dunkel geworden.
    „ Ihr
könnt euch jetzt schlafen legen“, sagte Dietrich leise.
„Ich werde heute nacht Wache halten.“
    „ Also
fürchtet Ihr doch ungebetene Besucher“, erwiderte Ida mit
ebenso gedämpfter Stimme, in der neu aufsteigende Sorge
mitschwang.
    „ Nun,
Eure Sicherheit ist mir eine entgangene Nachtruhe wert.“
    „ Ihr
weicht einer ehrlichen Antwort aus!“ sagte Ida leise und rückte
näher zu Dietrich, denn es war inzwischen stockdunkel um sie
herum. Die Zofe war ein paar Schritte entfernt eben dabei, das Kind
in eine Decke zu hüllen und dort eine Schlafstatt herzurichten.
Dietrich war sich sicher, daß sie nichts von Idas Bewegung
bemerkt hatte. Und als würde eine unwiderstehliche Macht ihn
drängen, nutzte er die Gelegenheit und legte impulsiv einen Arm
um die Gräfin und drückte sie sanft an sich.
    „ Es
wird Euch nichts geschehen“, murmelte er und fühlte, wie
sein Herz schneller schlug.
    Sie
lehnte den Kopf an seine Schulter. „Dessen bin ich gewiß,
Ihr seid doch mein schützender Schild, nicht wahr?“
    Schweigend
drehte er ihren Kopf zu sich. Unvermittelt suchten sich ihrer beider
heiße Lippen, und als würden lodernde Flammen über
ihnen zusammenschlagen, fanden sie sich zu einem leidenschaftlichen
Kuß. Er spürte, wie Idas Brust sich in heftiger Erregung
hob und senkte, und plötzlich schob sie ihn mit ihren Händen
brüsk von sich, als sei ihr voller Entsetzen klar geworden, was
sie tat.
    Dietrich
fühlte ein bitteres Gefühl in sich emporsteigen. Da spürte
er ihren heißen Atem an seinem Ohr und vernahm ihre hastig
gewisperten Worte. „Nehmt Euch doch um Gottes willen zusammen!
Wir sind hier ja nicht allein...“
    Eine
neue Welle der Glückseligkeit ergriff ihn, und die aufgestiegene
Bitterkeit verschwand wie ein Sandhügel am Meeresstrand, den
eine Brandungswelle hinwegschwemmt. Sie liebte ihn, das war gewiß!
Was sie ihm zugeflüstert hatte, beseitigte jeden Zweifel...
    „ Hast
du Bernhard schon schlafen gelegt, Bertha?“ fragte Ida in die
tiefe Stille hinein. Dietrich hörte wohlgefällig die leise
Erregtheit ihrer Stimme, die sie durch die betont sachliche Frage zu
bändigen versuchte.
    „ O
ja, er schläft“, sagte die Zofe. „Ich habe ihn fest
eingewickelt. Er wird nicht frieren.“
    „ Dann
wollen wir uns auch hinlegen“, sagte Ida. „Und Ihr,
Dietrich, wollt Ihr wirklich die ganze Nacht wach bleiben?“
    „ Ja,
Gräfin, es ist besser so. Ich kann morgen bei Tag etwas Schlaf
nachholen, bis Giselbert mit den anderen zurückkommt.“
    Während
Ida das von Bertha vorbereitete Nachtlager aufsuchte, erhob sich
Dietrich und tastete sich zu dem Felsen, der die Lehne der Plattform
bildete und sie etwa mannshoch überragte. Das Gestein kragte
links und rechts aus, so daß dort eine Art schützende
Nische vorhanden war. Dort ließ er sich nieder und lehnte sich
gegen den Felsen, der von glatthaarigem Moos wie mit einem Fell
überwuchert war, das die Kälte des Gesteins abhielt.
    Über
dem Wald erhob sich jetzt der zu drei Viertel volle Mond und
verscheuchte die bislang undurchdringliche Finsternis. Befriedigt
stellte Dietrich fest, daß dessen bleiches, über den
Bäumen ausgestreute Licht zumindest die nähere Umgebung
soweit erhellte, daß er Einzelheiten zu erkennen vermochte.
Sollte ein Mensch sich ihrem Zufluchtsort nähern, würde er
dies früh genug

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