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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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„Die Klinge wäre
stumpf, noch ehe ich eine richtige Kerbe zustande gebracht hätte!“
    Er
spürte, wie die Stimmung unter ihnen sich plötzlich
lockerte und die Spannung ein wenig wich.
    „ Was
wir brauchen“, sagte er aufmunternd, indem er die Leichtigkeit
des Unterfangens zu betonen versuchte, „ist lediglich ein Roß.
Damit können wir den Stamm umlegen!“
    Tatsächlich
dauerte es nicht länger, als die Sonne an diesem Tag brauchte,
um einen handtellergroßen Schneefleck wegzutauen: Dietrich
holte Titus aus seinem Versteck, knüpfte einige Langzügel
doppelt zusammen, befestigte sie als Zugvorrichtung um die breite
Brust des Hengstes und verband deren Enden mit dem Stamm, den der
Rappe dann, geführt von seinem Herrn, ohne große Mühe
umriß und zu den Felsen schleifte.
    Nachdem
Dietrich sein Pferd wieder zu den anderen gebracht hatte, entfernte
er die überschüssigen Zweige aus den Astquirlen und lehnte
anschließend den Steigbaum an die Felswand. Befriedigt
betrachtete er sein Werk. Die provisorische Leiter reichte zwar nicht
bis zur Oberkante der Plattform, aber von ihrem Ende bis dorthin
waren es höchsten noch zwei Fuß. Er würde zuerst
hinaufklettern. Von oben konnte er dann den beiden Frauen helfen, das
letzte Stück der Felswand zu überwinden. Sie mußten
zunächst bis auf den obersten Astquirl steigen, was ohne
weiteres möglich sein würde, da der ursprüngliche
Stamm ja in der Mitte abgebrochen und daher auf der ganzen Länge
des vorhandenen unteren Teils die Äste des Quirls dick genug
waren, um einen Menschen zu tragen. Waren die Frauen erst einmal an
der Spitze der provisorischen Leiter angelangt, dann war es ein
leichtes, sie auf die Plattform hinaufzuziehen.
    Im
Wald war es ruhiger geworden. Erst jetzt wurde es Dietrich bewußt,
daß kaum noch Vogelstimmen zu hören waren. Zwischen den
Zweigen der Bäume fielen Sonnenbalken schräg auf den
Waldboden und tauten dort, wo sie hinfielen, die Schneereste weg.
Irgendwo knackte ein dürrer Zweig.
    Das
ließ Dietrich aufhorchen.
    Ida
trat nahe an ihn heran. „Ist etwas?...“
    Er
schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen, und deutete auf den
Steigbaum. „Wir wollen uns beeilen. Schürzt Eure Gewänder,
damit sie Euch nicht im Weg sind, wenn Ihr da hochklettert. Du auch,
Bertha! Ich mache den Anfang, damit ihr seht, wie man hinaufkommt.“
    Er
beugte sich zu dem neben der Zofe stehenden Knaben hinunter, der die
Vorbereitungen der Erwachsenen mit großen Augen beobachtete.
„Komm, mein Kleiner, du darfst auf meinen Schultern reiten.“
    Das
Erklettern der Felsen ging mit Hilfe des Steigbaumes einfacher, als
selbst Dietrich gedacht hatte. Nachdem die beiden Frauen und
Klein-Bernhard sich auf dem Plateau befanden, stieg Dietrich wieder
auf die Erde hinab, um das Gepäck zu holen. Unauffällig sah
er sich um. Die Schatten der von der Sonne getroffenen Bäume
waren länger geworden. Das war aber auch das einzige, was sich
verändert hatte. Er schüttelte seinen Argwohn ab und
begann, die Gepäckstücke über den Steigbaum nach oben
zu transportieren.
    Während
er alles auf die Plattform schaffte, begannen die Frauen sich
häuslich einzurichten. Beide waren sichtlich ruhiger geworden,
denn dieses hoch aufragende Felsengefüge schien ihnen ein Gefühl
der Sicherheit zu geben. Anders Dietrich; er beobachtete angespannt
die Umgebung, wobei das entferntere grüne Halbdunkel des Waldes
ihn mit seinen schemenhaften Verzerrungen mehr als einmal narrte. Ob
es nun eine im Waldschatten stehende mannshohe Fichte war, die eine
reglose Gestalt vortäuschte, oder eine geisterhafte Bewegung im
Unterholz, die sich bei näherem Hinsehen als ein niederhängender
und vom Wind angerührter Tannenast entpuppte, Dietrich verspürte
das drängende Gefühl einer sich nähernden Gefahr. Was
ihn seltsamerweise am meisten beunruhigte, war die Tatsache, daß
er keinerlei greifbaren Grund für seine wachsende Besorgnis
fand.
    Immer
wieder umkreiste er die Anhäufung der Findlingsblöcke, auf
deren Plateau es sich Ida, ihre Zofe und das Kind inzwischen bequem
gemacht hatten. Sie schienen nichts von den Bedenken zu ahnen, die
ihr Beschützer unten auf der Erde mit sich herumtrug.
    „ Wollt
Ihr nicht heraufkommen? Es ist Abendbrotzeit!“ rief Ida ihm zu,
und das neuerwachte Gefühl der Sicherheit schien ihrer Stimme
einen erleichterten und zuversichtlichen Klang zu verleihen. „Hier
oben ist es ja so gemütlich!“
    Dietrich
warf noch einmal einen prüfenden Blick in die Runde.

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