Die Klinge des Löwen 03
ging in dem Gejohle und Geschrei der
siegestrunkenen Slawen unter.
Als
die Not der Bedrängten am größten war, geschah
jedoch etwas, das die Gefahr abzuwenden schien. Adelheid, die mit dem
Schlimmsten rechnete, sah, wie Bewegung in die hinteren Reihen der
auf sie eindringenden Krieger kam, die bereits Hand an sie zu legen
versuchten. Einige unbewaffnete Männer, die von irgendwo her aus
dem im Burghof herrschenden Chaos aufgetaucht waren, bahnten sich
ihren Weg durch die johlenden Eroberer. Erstaunt sah Adelheid, daß
Bartholomäus bei ihnen war. Erst als sie sich bis zu ihr
durchgekämpft hatten und sich bemühten, einen schützenden
Ring um sie und ihre Kammerfrauen zu bilden, erkannte sie, daß
es ihre slawischen Gefangenen waren.
Die Hoffnung, daß sie und
ihre Schicksalsgenossinnen damit der Schändung entgehen würden,
zerstob jedoch rasch. Die rauhen, primitiven Kriegsgesellen, ihre
sichere Beute vor Augen, waren derart erhitzt und begierig, über
die Frauen herzufallen, daß es wohl einer Phalanx von Helden
bedurft hätte, sie davon abzuhalten. Gerade noch wollte Adelheid
ihren Rettern für ihr Eingreifen danken, als diese roh beiseite
gestoßen wurden und die grobschlächtige Hand eines Slawen
nach ihr griff, der die anderen um zwei Köpfe überragte.
Die ganze Meute fiel jetzt gleich wilden Tieren über die
entsetzten Weiber her, und in dem Geheul und Gelächter dieser
sich wie Bestien gebärdenden Unholde gingen die spitzen Schreie
der Frauen unter...
Nur Adelheid schien wiederum mit
dem Schrecken davonzukommen. Ein scharfer Befehl übertönte
den Lärm des Kriegsvolks, das widerwillig von den Frauen abließ.
Der Riese hatte Adelheid losgelassen und war kleinlaut
zurückgetreten. Vor ihr erschien jetzt der Anführer der
Horde. Branka grinste zynisch und sprach sie in seinem unbeholfenen
Deutsch an: "Du...Herrin, hier! Jung' Bursche sagen."
Adelheids versuchte sich zu
sammeln. Sie blickte in zwei glühende schwarze Augen, sah ein
sonnverbranntes schwarzrotes Gesicht und darin eine Hakennase, die
sie an einen Geierschnabel erinnerte, und für einen Moment
schauderte sie vor diesem gewalttätig wirkenden dunklen Mann
zurück. Dann aber straffte sich ihre Gestalt. Ihr Gefühl
sagte ihr, daß sie jetzt keine Schwäche zeigen durfte. Sie
bemühte sich, ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. "Ja,
ich bin die Burgherrin. Wer aber seid Ihr, daß Ihr es wagt,
Euren Kriegern freie Hand zu lassen?"
Branka zog die buschigen
schwarzen Augenbrauen zusammen. "Nicht sprechen so...mit mir.
Ich Hauptmann! Zweiter Mann in Heer!"
Er packte sie plötzlich am
Arm und wies auf den Palas. "Komm in groß Haus! Ich
wissen... schön' Spiel. Komm!"
Verzweifelt
versuchte Adelheid, sich loszumachen, aber Branka zog sie mit
eisernem Griff vorwärts, begleitet vom Geschrei seiner Krieger,
die nun erneut wie in Ekstase über die Maiden und Kammerfrauen
herfielen. Als Branka sein Opfer gewaltsam die Treppe zum Eingang des
Palas emporzerren wollte, hielt er plötzlich inne. Ein
schneidendes Kommando zwang seine Horde erneut, von den weiblichen
Opfern abzulassen. Nicht, daß ihn plötzlich Mitleid
überkommen hätte; das war von ihm nicht zu erwarten. Er
erzwang die Ruhe nur, um besser horchen zu können. Den n
in der Ferne, weit vor den Mauern der eroberten Burg, war ein
unbestimmtes Brausen zu hören. Es klang wie dumpfer
Trommelwirbel...
Allmählich wurde das
bedrohlich klingende Geräusch deutlicher, und bald erkannte man
den Hufschlag galoppierender Rosse. Adelheid sah sich ängstlich
nach ihren Frauen um, während der gespannt lauschende Branka sie
noch immer festhielt. Auf den Mienen seiner Krieger malte sich
Unwillen, weil sie sich in ihrem Treiben durch den Befehl gestört
fühlten. Sie hatten zunächst verärgert gemurrt,
spitzten dann aber ebenfalls die Ohren, als sie des seltsamen Lärms
in der Ferne gewahr wurden.
Die vor Entsetzen halb
ohnmächtigen Frauen rafften ihre Kleider zusammen und wichen mit
vor Angst geweiteten Augen bis zur Westmauer zurück. Eine
seltsame Spannung breitete sich aus. Kein Zweifel, das Geräusch
des Galopps wurde lauter. Adelheid vermeinte Pferdegewieher zu
vernehmen. Zwei, drei Slawen lief zur ostwärts gerichteten
Mauerbrüstung, um nach der Ursache des seltsamen Lärms zu
forschen. Aber noch war nichts zu sehen; man hörte nur den
dumpfen, bedrohlich klingenden Hufschlag, der stetig näherkam.
Lauter wurde das Getöse, aber weiterhin waren die galoppierenden
Rosse hinter der
Weitere Kostenlose Bücher