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Die Klinge des Löwen 03

Die Klinge des Löwen 03

Titel: Die Klinge des Löwen 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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sich gewandelt. Die Mienen waren jetzt
entspannt, die Arbeit wurde ernstgenommen, und ein gutes Wort der
Herrin gab in den Herzen dieser einfachen Menschen jenen Widerhall,
der ein frohes Antlitz macht.
    Es
zeichnete sich ab, daß Adelheid mit der Energie ihrer Jugend
dabei war, die Herrschaft über Burg und Bewohner in ihre
kleinen, aber festen Hände zu nehmen.
    *
    Der
Spätherbst zog mit vermehrtem Nebel und verhangenem Himmel ins
Land. Wenn die Sonne nicht durchbrach, brannten jetzt auf der
Ortenburg in den bewohnten Räumen die Talglichter fast den
ganzen Tag, so daß die Leute das Gefühl überkam, es
werde überhaupt nicht mehr richtig hell. Hinter den Zinnen der
Mauern starrten die Wächter in das graue Gebräu, das ihren
spähenden Augen nur trübselige Umrisse der nahen Umgebung
freigab. Alles was weiter als einen Steinwurf entfernt war,
verschwand im milchigen Nichts. Es war auch fast nichts zu hören,
so daß die auf den Wehrgängen hin und her gehenden Krieger
meinten, die Welt sei in Filz gepackt, der jeden Laut dämpfte
und in ein spukhaftes Geräusch verwandelte.
    So
lag die Burg in diesen Tagen meistens in tiefem Schweigen, daß
man glauben konnte, sie sei überhaupt nicht bewohnt. Die
Fallbrücke war hochgezogen, und es bestand auch kein Anlaß,
sie zu senken, denn kein Mensch begehrte Einlaß. Für die
Bewohner der Burg entstand in diesen Nebeltagen der Eindruck, als
seien sie jetzt allein auf der Welt, und die fehlende Sicht
verstärkte das Gefühl des Verlorenseins. So manchem Mann
und mancher Frau mit zartbesaiteter Seele legte sich diese Zeit
schwer aufs Gemüt.
    Aber
das änderte sich, als ein Südwind aufkam und der Sonne
Gelegenheit gab, die Nebel zu verzehren. Nun war es wieder hell am
Tage, die Leute fingen wieder an, miteinander zu scherzen oder zu
streiten, je nachdem, wonach ihnen der Sinn stand, und Anselm Hutter,
der Kämmerer der Ortenburg, überwachte im Burghof die
Ankunft zweier mit Dinkel beladener Leiterwagen, vor die jeweils zwei
kräftige Rosse gespannt waren. Das Korn hatte er in der Gegend
von Ettenheim aufgespürt und festgestellt, daß ein Freier
unter den dortigen Bauern mehrere Jahre lang seinen Zehnten nicht
abgeliefert hatte. Anselm fackelte nicht lange. Ohne groß zu
verhandeln, ließ er den der Burgherrschaft zustehenden Anteil
mit Hilfe der ihn begleitenden Waffenknechte vom Speicher weg
beschlagnahmen. Das war nun eine willkommene Aufstockung der
Nahrungsvorräte für den nahenden Winter. Dietrich hatte
sich zu dem Kämmerer gesellt, und beide sahen mit zufriedener
Miene, wie die Knechte das Korn zu den Speichern schafften.
    Nun
trat auch die Zugbrücke wieder öfters in Tätigkeit,
denn in diesen hellen Tagen kamen nicht nur Bewohner aus dem unter
der Burg liegenden Weiler, sondern auch Menschen, die weiter weg
lebten. Sie alle hatten von dem Getreidesegen gehört, der auf
der Ortenburg eingetroffen sei, und erhofften sich von der
Burgherrschaft eine milde Gabe.
    Jedoch
kamen nicht alle wegen des Korns. An einem Tag, da die Sonne vom
Himmel lachte, die Gegend am späten Nachmittag mit ihren
Strahlen in flammendes Rot tauchte, die Luft mild und weich war, die
Maiden kesse Blicke wagten und die Burschen unter den Knechten
anzügliche Späße rissen, tauchte in Dattenwiller eine
Gruppe verstörter und abgerissener Gestalten auf, in der
Hauptsache Weiber und Kinder, die von zwei Bauern angeführt
wurden. Sie hatten, wie sie berichteten, fluchtartig und nur mit dem,
was sie auf dem Leib trugen, ihre Heimstätten im vorderen
Renchtal verlassen, nachdem sie Zeuge geworden waren, wie ein großes
Slawenheer die Schauenburg brach, unter deren Schutz sie bisher
gelebt hatten.
    Unter
Jammern und Tränen erzählten sie den erschrockenen
Dorfbewohnern, daß die Angreifer in einem Blutrausch
ohnegleichen nicht nur die Herrschaft, sondern auch das Gesinde und
die Kriegsknechte der Burg gnadenlos niedergemetzelt hätten.
Sodann hätten die Slawen alles, was nicht niet- und nagelfest
war, fortgetragen, die Mauern der Feste zum Teil geschleift und zum
Schluß an allen vier Enden Feuer gelegt. Die stolze Schauenburg
sei jetzt nur noch ein rauchender Trümmerhaufen, der die
blutigen Leiber der Toten berge.
    Das
Gerücht von der Schreckenstat verbreitete sich wie ein
Flächenbrand zunächst in der näheren Umgebung, um dann
jedoch von berittenen Boten in die Südhälfte der Mortenau
und bis ins hintere Künzigtal zur Warnung der dort lebenden
Menschen getragen zu werden. Auch Dietrich

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