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Die Klinge des Löwen 03

Die Klinge des Löwen 03

Titel: Die Klinge des Löwen 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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verließ sie jetzt rasch den Raum
und eilte in den Burghof. Sie ließ Bartholomäus rufen, und
er mußte ihr berichten, welche Arbeiten an diesem Tag
vorgesehen waren. Zunächst diente ihr das nur als Ablenkung und
damit als eine Art von Medizin gegen ihre Bedrücktheit. Das
hatte immerhin zur Folge, daß die Verdüsterung ihres
Gemüts nicht mehr so oft auftrat. Die Unterredungen mit dem
Großknecht - ursprünglich lediglich ein Mittel zum Zweck -
entwickelten sich bald zu einem festen Bestandteil ihres
Tagesablaufes. Es kam so weit, daß sie jeden Morgen mit
Bartholomäus durch den Burghof schlenderte und mit ihm die
anstehenden Aufgaben des Tages besprach.
    Ihn
freute es, daß seine Herrin wachsenden Anteil an der Tätigkeit
seiner Leute nahm. Wenn sie auch aufgrund ihrer jugendlichen
Unerfahrenheit auf manche Fragen keine Antwort wußte, so hieß
das nicht, daß sie resignierte. Geduldig und beharrlich
vertiefte sie sich in wichtige Probleme, die der Großknecht an
sie herantrug. So gewann sie allmählich einen Überblick
über den Zustand der Burg und ihrer Verteidigungsanlagen, über
die Nahrungsvorräte für Mensch und Tier, über die
Wasserversorgung, über die Zahl und Verteilung der Waffenknechte
und, was ihr besonders am Herzen lag, über den
Gesundheitszustand all der ihr anvertrauten Menschen. Und hier tat
sich ein Problem auf, das ihr Kopfzerbrechen bereitete. Der Winter
stand vor der Tür, und damit wuchs erfahrungsgemäß
die Anfälligkeit gegen Krankheiten. Adelheid wußte aus der
Zeit, da sie noch in der Obhut ihrer Eltern auf der Husenburg lebte,
daß so manche Erkältung sich plötzlich zu einer
Lungenentzündung entwickeln konnte, die, wenn keine geeigneten
Kräuter verfügbar waren, in manchen Fällen tödlich
endete.
    Es
war die Aufgabe der Herrin, im Burggarten während des Sommers
neben den landesüblichen Gewürzen ausreichend solche
Kräuter anzupflanzen, die man getrocknet über den Winter
einsetzen konnte. Und hier sah es hoffnungslos auf der Thiersburg
aus. Als Adelheid ihr neues Domizil bezog, war von einem Garten außer
ein paar halbverfaulten Begrenzungshölzern nichts mehr übrig.
Die Umstände, unter denen sie ihren neuen Lebensabschnitt
begann, waren auch sonst denkbar ungünstig. Denn zur selben Zeit
fielen die Slawen im Land ein, es kam zu der verlorenen Schlacht, und
die Folge war, daß ihr Gemahl auf höheren Befehl als
Lehensträger die Ortenburg übernehmen mußte, weil der
Burgherr in der Schlacht gefallen war.
    Damals
hatte Adelheid alles Interesse an äußeren Dingen verloren,
denn die Einsamkeit, die sie aufgrund dieser Umstände zu
ertragen hatte, veranlaßte sie, sich völlig von der
Außenwelt zurückzuziehen. Somit blieb der Burggarten
ungenutzt, und jetzt war es längst zu spät im Jahr, um das
Versäumte nachzuholen.
    Trotzdem
gab Adelheid sich in diesem Punkt noch nicht geschlagen. Sie ordnete
an, daß zwei, drei Mägde auf die Suche nach
Hagebuttenhecken gehen sollten, um die zumindest teilweise noch
vorhandenen Früchte zu pflücken. Von ihrer Mutter wußte
sie, daß ein aus Holzäpfeln bereitetes Gelee ebenso wie
die Hagebutten die Kranken stärkten.* Also schickte sie einen
Knecht los, um nach Holzapfelbäumen Ausschau zu halten und die
Äpfel einzusammeln. Wieder ein anderer mußte Mispelbäume
suchen, da sie sich erinnerte, daß deren Früchte ein gutes
Mittel gegen Darmkrankheiten mit Durchfall waren. Sie ließ
Zinnkraut sammeln, was davon noch zu finden war, und etliche andere
heilkräftige Pflanzen, so daß sie schließlich
wenigstens über einen Notvorrat verfügte.
    *[ Holzapfel
und Hagebutte sind reich an Vitamin C. Damals wußte man das
noch nicht, aber man kannte die Wirksamkeit der Früchte. ]
    Während
dieser Zeit, da sie sich aktiv um vieles kümmerte, ging eine
erstaunliche Veränderung mit der jungen Frau vor. All die
Fähigkeiten und Talente, die ihre melancholischen Anfälle
verschüttet hatten, kamen jetzt wieder an die Oberfläche.
Mit jeder Aufgabe, der sie sich freiwillig stellte und die sie löste,
befreite sich ihr gewachsenes Selbstbewußtsein mehr und mehr
von den dunklen Schattengedanken, die sie zuvor beherrscht hatten.
Zuweilen hörte man jetzt sogar ein silberhelles Lachen von ihr,
wenn der alte Bartholomäus mit seinem bodenständigen Humor
eine spaßige Bemerkung machte. Auch das Gesinde veränderte
sich unter dem Einfluß ihrer Gegenwart. Der einstige
Schlendrian, die griesgrämigen Gesichter, das träge
Nichtstun - alles hatte

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