Die Klinge des Löwen 03
Waffenknechte
rufen, damit ich aufbrechen kann."
"Ja,
lassen wir die Frage einer Verstärkung deiner Burgmannschaft
vorläufig ruhen. Vielleicht ergibt sich später eine
passende Gelegenheit, dir zusätzliche Krieger zu schicken."
Als
sie kurz darauf mit ihrem geringen Geleitschutz die Ortenburg
verließ, blieb Dietrich am Südtor zurück und sah der
Reitergruppe nach, wie sie die Zugbrücke überquerten, nach
links auf den abwärts führenden Burgweg einschwenkten und
außer Sicht gerieten. Adelheid hatte sich nicht mehr umgesehen.
Sehr
nachdenklich und mit gesenktem Kopf ging er zurück zum Palas. Er
zog sich in seine Kammer zurück, warf sich auf sein Bett und
dachte über das Verhalten Idas nach, die ihm immer
herrschsüchtiger vorkam. Auf der einen Seite kannte er sie
inzwischen als eine leidenschaftliche Geliebte, auf der anderen Seite
verärgerte sie ihn immer öfters mit hochfahrendem Benehmen
und abweisenden Redensarten. Mußte er sich das gefallen lassen,
war das der Preis dafür, daß sie sich ihm ab und zu
hingab? War er für sie vielleicht nicht mehr als ein geduldeter
Liebhaber? Ärgerlich erhob er sich. In aufkommendem Zorn
beschloß er, Ida jetzt sofort wegen ihres ablehnenden
Verhaltens gegenüber Adelheid zur Rede zu stellen, und eilte in
dieser Stimmung zu ihrer Kemenate.
Er
konnte jedoch das, was er Ida vorwerfen wollte, nicht loswerden. Von
den beiden Pagen, die müßig vor dem Raum herumstanden,
erfuhr er, daß sie sich zu ihren Kammerfrauen begeben habe.
Dietrich zog unverrichteter Dinge wieder ab. Ihm fiel ein, daß
er den mit Giselbert am Morgen begonnenen Rundgang fortsetzen mußte,
den er wegen Adelheids Besuch unterbrochen hatte. Daraus wurde jedoch
vorläufig auch nichts, denn er fand den Hauptmann nirgends, und
die Roßknechte wußten auch nicht, wo er war.
Verdrossen
überlegte Dietrich, was er jetzt tun sollte, und dabei dachte er
abermals an Adelheid. Statt untätig darauf zu warten, bis
Giselbert wieder auftauchte, konnte er sie doch ein Stück ihres
Weges begleiten. Weit konnte sie noch nicht sein! Bei dem Gedanken
hellte sich sein Gesicht auf. Er befahl, seinen Rappen zu satteln und
die Zugbrücke zu senken. Wenig später sprengte er aus der
Burg.
Hätte
Dietrich gewußt, was sich zur gleichen Zeit in der Unterkunft
von Idas Kammerfrauen zutrug, dann hätte er sich gehütet,
die Burg zu verlassen. Im Kreise ihrer fünf Zofen saß die
Burgherrin und erteilte Giselbert selbstherrlich ihre Befehle. Neben
ihr hatte Bertha Idas kleinen Sohn Bernhard auf dem Schoß,
beide in reisefertiger Kleidung. Der Hauptmann der Burg hörte
mit ungläubiger Miene die Anordnungen der Herrin, wagte jedoch
nicht, ihr zu widersprechen. Schließlich entließ sie ihn,
nicht ohne ihm nachdrücklich einzuschärfen, sich zu
beeilen. Giselbert tat zwar, als würde er widerspruchslos
gehorchen, nahm sich aber vor, das, was ihm aufgetragen worden war,
zuerst mit seinem Herrn zu besprechen.
An
diesem Tag schien sich alles gegen Dietrich verschworen zu haben.
Denn als sein Hauptmann in der Burg nach ihm suchte, um sich zu
vergewissern, ob er Idas Befehl befolgen sollte, war der junge Ritter
längst unterwegs, um Adelheid und ihre schwache Bedeckung
einzuholen. Sein Rappe hatte wohl das Bedürfnis, wieder einmal
tüchtig auszugreifen, und so jagten sie in gestrecktem Galopp
dahin. Bald kam die Dreiergruppe in Sicht. Als Dietrich
aufgeschlossen hatte, erklärte er seiner erstaunten Gemahlin,
daß er sie bis zur Thiersburg begleiten werde. Während des
Rittes entschuldigte er sich noch einmal für Idas ablehnendes
Verhalten, worauf Adelheid ihn wehmütig anlächelte und ihm
zu verstehen gab, daß er sich in dieser Beziehung nichts
vorzuwerfen habe.
Er
verstand sehr wohl, wie sie das meinte. Der stille Vorwurf, den sie
ihm machte - ohne es zu sagen -, betraf allein sein Verhältnis
mit Ida. Es drängte ihn, ihren Kummer zu beschwichtigen, aber
die Gegenwart der beiden Waffenknechte machte es ihm unmöglich,
darüber zu reden. Er wußte selbst nicht, wie ihm geschah,
aber je näher sie der Thiersburg kamen, desto stärker
spürte er in sich das durch Adelheids Nähe genährte
Verlangen, sich unbedingt mit ihr auszusöhnen.
Er
steigerte sich dabei in eine schwärmerische Stimmung hinein, die
ihn schließlich sogar auf den Gedanken brachte, alle Brücken
hinter sich abzubrechen, wenn sie ihm nur verzeihen könnte, was
er ihr angetan. Das Vergangene abstreifen wie ein abgetragenes
Gewand, dachte er und malte sich
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