Die Klinge des Löwen 03
Behandlung gewöhnt!"
Statt
zu reden, hatte Anselm sich umgedreht, während Dietrich sich mit
seinem Pferd beschäftigte, und zwei Stallknechte gerufen. Als
diese dann endlich samt Roß, Sattel und Zaumzeug in den Ställen
verschwunden waren, nahm der Kämmerer den jungen Ritter am Arm
und zog ihn von den Gebäuden weg in den Burghof, der notdürftig
durch einige Fackeln erhellt wurde.
"Es
braucht nicht jeder zu hören, was ich Euch zu berichten habe",
sagte er leise.
Als
sie nahe bei dem Brunnen mitten im Hofe standen, sah Dietrich dem
Kämmerer forschend ins Gesicht. "Nun, was gibt es
Geheimnisvolles?"
Anselm
Hutter kratzte sich, wie es Dietrich vorkam, verlegen hinter dem Ohr,
ehe er mit der Sprache herausrückte. "Also, um es kurz zu
machen - Giselbert werdet Ihr leider ein paar Tage entbehren müssen!"
"Wieso?
Was soll das heißen?"
Dem
Alten war offenbar sehr unbehaglich zumute, denn er schien nach
Worten zu suchen, so daß Dietrich ihn schließlich
ungeduldig anfuhr: "Mensch, Anselm, laßt Euch nicht jeden
Wurm einzeln aus der Nase ziehen! Sagt endlich, was während
meiner Abwesenheit hier geschehen ist!"
"Ach,
Herr Dietrich, es ist so, daß Giselbert befohlen wurde,
zusammen mit fünf unserer Waffenknechte die Zofe Bertha und den
kleinen Bernhard sicher zur Kastelburg zu bringen."
Dietrich
trat verblüfft einen Schritt zurück. "Höre ich
recht - sechs Mann? Wer hat das befohlen?"
"Na,
die Gräfin", entgegnete der Kämmerer mit leiser
Ironie. Er hatte sich, nachdem die Botschaft jetzt heraus war, wieder
gefangen und seine anfängliche Unsicherheit abgelegt. "Wie
mir Giselbert erklärte, ehe sie aufbrachen, will Ida ihr Kind in
Sicherheit wissen, falls die Slawen uns hier angreifen."
Dietrich
fühlte, wie es in ihm zu kochen begann. "Warum hat
Giselbert mir nichts davon gesagt? Macht hier allmählich jeder,
was er will?"
Anselm
Hutter hob die Achseln. "Je, nun, Ihr wart ja nicht da. Er hat
Euch gesucht. Wahrscheinlich wollte er wissen, ob der Auftrag in
Ordnung geht. Ihn trifft keine Schuld."
Dietrich
wurde nachdenklich. "Du hast wahrscheinlich recht."
Inzwischen
war es dunkel geworden. Dietrich ging mit auf den Rücken
gelegten Händen gedankenvoll hin und her, während die an
der Frontseite des Palas in ihren eisernen Haltern brennenden Fackeln
den Platz in ein ungewisses Licht tauchten und unruhige Schatten
hervorriefen. Schließlich hatte er einen Entschluß gefaßt
und blieb vor dem Kämmerer stehen. "Es ist gut, Anselm, ich
werde mich kundig machen, warum die Gräfin ausgerechnet jetzt
unsere wehrfähige Burgmannschaft um ein halbes Dutzend Krieger
entblößt hat."
Damit
entfernte er sich grußlos und begab sich mit grimmiger Laune in
den Palas, wo er geradewegs auf Idas Kemenate zusteuerte. Ehe die
beiden Pagen, die sich wie immer vor der Tür aufhielten, den
Mund aufmachen konnten, um ihn nach seinen Wünschen zu fragen,
hatte er sie grob beiseite geschoben, pochte kurz, aber kräftig,
an die Tür und riß sie auf. Er sah im Schein mehrerer
brennender Kerzen, daß Ida irgendeine Stickarbeit auf dem Schoß
liegen hatte und ihn mit offenem Mund überrascht anstarrte,
während zwei Kammerfrauen zu ihren Füßen auf Kissen
kauerten und einen ebenso verdutzten Eindruck machten wie ihre
Herrin.
Ida
hatte sich jedoch schnell wieder gefangen und sagte mit deutlichem
Tadel in der Stimme: "Nanu, Herr Dietrich, brennt die Burg, daß
Ihr unangemeldet und noch dazu so stürmisch in meine Wohnung
hereinpoltert?"
"Ob
die Burg brennt? Das gerade nicht, aber dafür brennt mir ein
Thema auf den Nägeln, wofür ich Euch dringend um Gehör
bitten muß!"
"Na,
dann sprecht, Herr Ritter!"
Dietrich,
dem der leise Spott in Idas Stimme nicht entgangen war, beherrschte
sich gewaltsam und warf einen vielsagenden Blick auf die beiden
Kammerfrauen. "Allein, Gräfin! Ich muß Euch allein
sprechen."
"Ach
so!" rief sie und lachte, als amüsiere sie sein
geräuschvoller Auftritt. "Warum habt Ihr das nicht gleich
gesagt?"
Die
beiden Frauen hatten sich bereits erhoben, sahen ihre Herrin fragend
an, und erst als sie ihnen zunickte, entfernten sie sich. Ida war
ebenfalls aufgestanden. Sie wirkte in diesem Moment auf Dietrich
trotz ihrer vergnügten Miene etwas verlegen. Aber sie verstand
es, ihre Unsicherheit zu überspielen, indem sie ihren
Stickrahmen auf das an der Wand stehende Spannbett legte und sinnend
das halbfertige Bildnis betrachtete, an dem sie gearbeitet hatte, als
wäre dies jetzt das Wichtigste auf der
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