Die Klinge des Löwen 03
doch auch Kosten gehabt, als ich die Flüchtlinge hierher
führte!"
"Was
für Kosten?"
"Ja,
versteht Ihr das nicht", jammerte der Händler. "Die
Zeit, die ich brauchte...das war ein Verdienstausfall für mich!"
Bartholomäus
entschloß sich nun, dem Feilschen ein Ende zu machen. "Hört,
Eckbertus, es bleibt für jetzt bei sieben Pfennig. Kommt in
einem Jahr wieder, und wenn ich mit den Leuten bis dahin zufrieden
war, kriegt Ihr noch einmal drei Pfennig. Ein anderes Angebot von mir
gibt es nicht!"
"Nun
gut", seufzte der Dicke. "Ich will mich fügen. Aber
übers Jahr bin ich wieder da!"
Nachdem
der Handel abgeschlossen war, ging Hacko zu den wartenden
Flüchtlingen zurück. Kurz darauf setzte sich der Wagenzug
in Bewegung und kam langsam den Burgweg herauf. Bartholomäus war
indessen in den Palas geeilt, um sich die benötigte Summe von
Adelheid geben zu lassen.
Um
die Mittagszeit befanden sich dann die Fremden samt ihren Fuhrwerken
im Hof der Thiersburg. Ihr Führer war bezahlt und hatte sich
alsbald verabschiedet. Innerhalb der Mauern herrschte mittlerweile
ein heilloses Durcheinander von Menschen, Tieren und Wagen, und
Bartholomäus bemühte sich eine Weile vergeblich, irgendeine
Ordnung in das Getriebe zu bringen. Das gelang erst, als Adelheid im
Burghof erschien und die Angelegenheit selbst in die Hand nahm.
Sie
wies den Großknecht an, das zur Täuschung des Händlers
als „Burgmannschaft“ aufgestellte Gesinde wieder an seine
normale Arbeit zurückzuschicken. Während Bartholomäus
sich beeilte, dem Befehl nachzukommen, verschaffte sie sich einen
Überblick über die Anzahl der Neuankömmlinge und ihrer
Habe, die sie mit sich führten. Das gestaltete sich jedoch
schwieriger, als sie zunächst gedacht hatte. Die Leute waren
aufgeregt und verängstigt, weil einige von ihnen meinten, es sei
ungewiß, ob sie bleiben durften. Erst als die junge Burgherrin
ihnen versicherte, daß die Thiersburg sie aufnehme, kehrte Ruhe
unter ihnen ein.
Inzwischen
war auch Bartholomäus zurückgekehrt und trat schweigend
neben die Burgherrin. Schließlich fragte Adelheid nach dem
Wortführer der Flüchtlinge. Ein rundköpfiger,
untersetzter Mann mittleren Alters und im einfachen Bauerngewand trat
vor sie hin, nahm seine Kappe ab, unter der ein kräftiger
brauner Haarschopf zum Vorschein kam, und verbeugte sich demütig.
"Nenne
mir deinen Namen", sagte Adelheid freundlich.
"Ich
heiße Arnold", sagte der Fremde und warf ihr einen Blick
zu, aus dem eine verschmitzte Wesensart, gepaart mit der Scheu des
einfachen Mannes vor einer Hochgestellten sprachen.
Bevor
Adelheid weitere Fragen an den Bauern richten konnte, setzte
Bartholomäus eifrig zu einer Erklärung an. "Dieser
Eckbertus hat mir berichtet, daß Arnold ein Zimmermann sei. Da
hätten wir gleich allerhand Arbeit für ihn."
Auf
dem Gesicht des Bauern malte sich Erstaunen. "Ich - ein
Zimmermann? Wer ist dieser Eckbertus, der zu Euch solche Unwahrheit
spricht?"
Adelheid
und der Großknecht sahen sich einen Moment verdutzt an. Die
Burgherrin faßte sich zuerst und entgegnete befremdet: "Das
war doch der Mann, der Euch hergebracht hat!"
Arnold
drehte verlegen seine Kappe in den Händen. Auf seiner Stirn
erschienen Schweißtropfen, so sehr schien es ihm Mühe zu
bereiten, eine vernünftige Begründung für seine
seltsamen Worte vorzubringen. Endlich faßte er sich ein Herz.
"Verzeiht gütigst, Herrin, wenn ich widerspreche. Der Mann,
der uns hierher führte, ist mir und meinen Leuten nur als Hacko
bekannt. Bei uns daheim heißt er Hacko, der Händler."
Für
kurze Zeit herrschte betroffenes Schweigen. Arnold, dem die momentane
Stille peinlich wurde, setzte aus lauter Verlegenheit hinzu: "Ich
bin auch kein gelernter Zimmermann. Aber verstehen tu' ich schon
etwas von diesem ehrbaren Handwerk!"
"Na
ja", sagte Adelheid schließlich, indem sie Bartholomäus
einen vielsagenden Blick zuwarf. "Lassen wir das für den
Augenblick. Wir wollen jetzt lieber sehen, wo wir euch alle
unterbringen und danach prüfen, welche Arbeiten ihr übernehmen
könnt."
Es
dauerte eine Weile, bis sie den Leuten entsprechende Quartiere
zugewiesen hatte. Währenddessen ließ der Großknecht
die von der Flüchtlingsschar mitgeführten Tiere auf die
Ställe verteilen, und sorgte dafür, daß sie gefüttert
und getränkt wurden. Später befragte Bartholomäus in
Gegenwart Adelheids jeden einzelnen der insgesamt fünf Männer
über seine frühere Tätigkeit und seine handwerklichen
Fähigkeiten.
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