Die Klinge: Roman (German Edition)
eilig. Er hielt sich beim Hinabsteigen immer eine Stufe über Ians Stiefeln.
Grinsend.
Mit erigiertem Penis.
Von Ians Hemd sprang ein Knopf nach dem anderen ab, und Naht um Naht riss auf. Weil sie fürchtete, es ihm vom Leib zu zerren, wollte Janet es loslassen und seine Arme packen. Doch sie wagte es nicht; die kleinste Verhaltensänderung ihrerseits hätte einen Angriff des Jungen auslösen können.
Das Hemd stand weit offen und war um ihre verkrampf ten Finger herum aufgerissen, als sie ihn endlich von der letzten Stufe herunterzog. Sie schleifte ihn über den glatten Granitboden des Flurs.
Die Eingangstür befand sich gleich hinter ihr.
Ich könnte entkommen, wenn ich ihn loslasse.
Aber sie hielt das Hemd fest und schleppte ihn weiter.
Als sie mit dem Hintern gegen die Tür stieß, ließ sie ihn mit einer Hand los und griff hinter ihrem Rücken nach dem Türknauf.
Der Junge ging in die Hocke, packte Ians rechten Fußknöchel und grinste Janet an.
Zum ersten Mal bemerkte sie, dass er nicht ganz nackt war. Um den Hals trug er einen dieser Westernschlipse … eine dicke Schnur, an der eine Brosche aus poliertem brau nem Stein hing und deren beschwerte Enden in der Mitte seiner Brust herabbaumelten.
Lester hatte so eine Krawatte getragen.
»Hi«, sagte der Junge. »Wie heißt du?«
»Janet.«
»Hi, Janet. Ich bin Doc Holliday.«
Sie nickte.
»Wer hat das mit deinem Gesicht gemacht?«
»Eine Frau.«
»Mit den Fingernägeln?«
»Größtenteils.«
»Du bist trotzdem noch hübsch.«
»Was hältst du davon, meinen Freund gehen zu lassen, Doc?«, fragte sie. »Bitte.«
Er beugte sich vor und drückte die Spitze des Messers an den Schritt von Ians schwarzer Hose. »Wenn du willst, kann ich ihn zu einem Mädchen machen.«
Janet schüttelte den Kopf. »Nicht. Bitte.«
»Wer soll mich daran hindern?«
»Was willst du? Ich tue alles, was du willst. Okay? Lass ihn nur in Ruhe.«
»Mal sehen. Willst du ihn nicht loslassen und aufstehen?«
»Okay.«
Als sie Ians Hemd losließ, gab der Junge namens Doc seinen Fuß frei. Sie richteten sich beide auf und standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
»Jetzt komm her«, sagte Doc.
»Warum?«
»Komm einfach her.«
Ihre Beine fühlten sich so schwach an, dass sie befürchtete, zusammenzubrechen, als sie um Ian herumging.
»Näher.«
Sie tat noch einen Schritt, und Doc packte ihren Arm. Er wirbelte sie zur Treppe herum. »Wir gehen nach oben«, sagte er. »Du zuerst.«
Sie hielt den Blick nach vorn gerichtet und stützte sich am Geländer ab, während sie hinaufstieg.
Hinter sich hörte sie Docs nackte Füße über die Stufen tapsen.
Wir gehen ins Schlafzimmer, dachte sie. Er wird mich vergewaltigen. Danach bringt er mich um.
Er wird mich töten!
Und dich auch.
Sie berührte durch das weiche Lederhemd ihren Bauch.
Uns beide. Oh Gott!
Ihre Beine gaben nach, doch sie klammerte sich am Geländer fest. Doc kam an ihre Seite, nahm ihren Arm und hielt sie aufrecht.
»Was … was machst du mit mir?«, fragte sie.
»Ich werde mich mit dir vergnügen. Vielleicht operiere ich dich auch.«
»Der echte Doc Holliday war Zahnarzt.«
»Ich nicht. Ich bin ein guter Chirurg.« Er lachte.
Er hielt ihren Arm fest und führte sie die Treppe hinauf. Oben sah sie den blutgetränkten Teppich. Dahinter, auf dem Badezimmerboden, lag Lesters Leiche. Er war auf dem Rücken ausgestreckt, der Mund stand offen, die Augen blickten leer. Sein blutiges Hemd war vorne aufgerissen und klebte am Bauch.
»Ihn habe ich bereits operiert«, sagte Doc. »Ich habe sein Leben entfernt.«
Die Hand an ihrem Arm lenkte Janet nach rechts und dann den Flur entlang.
65 DIE KLINGE
Albert schaltete im Schlafzimmer das Licht an. Er stieß Janet zum Bett. Sie stützte sich daran ab, drehte sich um und blickte ihn schwer atmend an. Ihr zerkratztes Gesicht war gerötet und glänzte. Genau wie die Haut, die er durch den tiefen V-Ausschnitt des weißen Lederhemds sehen konnte.
»Hast du mit dem Mann im Klo Cowboy und Indianer gespielt?«, fragte Albert.
Sie schüttelte schwach den Kopf. »Wir waren auf einer Party.«
»Ah! Bestimmt eine Halloween-Party! Und ihr wart alle verkleidet?«
»Es war eine Kostümparty.«
»Es macht Spaß, sich zu verkleiden! Sieh mich an!« Er lachte. »Ich bin Adam. Wie bei Adam und Eva.«
»Ja, klar.«
»Wer sollte der andere Typ sein, Zorro?«
Sie zuckte die Achseln und sagte: »Kann sein.«
»Ich glaube nicht, dass er noch mal irgendwo sein
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