Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)
für mich gehalten hast … für uns beide. Du hattest sogar recht. Sie haben Hilfe gebraucht, nur nicht die Art Hilfe, nach der es zunächst ausgesehen hat.«
Triss gab ein glückseliges kleines Grollen von sich und wand sich wohlig, um mir mitzuteilen, dass ich weiterkratzen sollte. Also schob ich meine Sorgen für eine Weile beiseite und gehorchte lächelnd, arbeitete mich von seinem Hinterkopf hinab zu der stets juckenden Stelle zwischen seinen Schwingen. In dem kühlen Nachtwind, der von See herbeiwehte, fühlte sich sein Körper warm und tröstlich an. Für das Auge mochte nur ein echsenförmiger Schatten zu erkennen sein, doch meine Finger glitten über weiche Schuppen und die Reihe kleiner Erhebungen, dort, wo seine Wirbel hervorstachen.
Der Kontrast war sonderbar, und er fühlte sich noch seltsamer an durch das Wissen, dass er, wenn er wieder meine Form nachahmte, jegliche Struktur verlieren würde. Meisterin Alinthide hatte es mir einmal erklärt und sich eine Weile über die Elementarwesen ausgelassen und darüber, wie verschiedenartig sie sich unter den unterschiedlichen Umständen materialisierten. Aber auch wenn ich den Unterschied intellektuell mehr oder weniger begriffen hatte, fühlte es sich für meine kraulenden Finger immer noch höchst mysteriös an.
Endlich seufzte Triss und erschlaffte unter meiner Hand. »Du kannst jetzt aufhören. Ich fühle mich besser. Viel, viel besser. Außerdem weiß ich, was wir tun sollten.« Er drehte den Kopf und blickte zu mir empor – zumindest nahm ich das an. Bei einem Schatten ist das schwer zu sagen.
»Gut, dann verrate es mir.«
»Wir sollten losziehen und die Dyade suchen.« Seine Stimme klang entschieden und sachlich.
»Ich dachte, das wäre das, was wir angesichts der Umstände tun müssten .«
»Richtig, und dass wir es auch tun sollten , macht es gleich doppelt so schön.«
»Ich beiße an. Warum sollten wir es tun?«
Triss reckte eine Vorderpfote hoch und zückte eine Kralle. »Zunächst einmal, weil das unsere einzige echte Option ist.«
Ich musterte ihn mit einer hochgezogenen Braue, doch er fuhr ungerührt die nächste Kralle aus und sprach weiter: »Zweitenswill Hauptmann Fei, dass wir ihr Problem mit dem Kothmerk für sie lösen, und es besteht kein Zweifel daran, dass die Dyade etwas damit zu tun hat. Wenn wir mehr darüber erfahren wollen, müssen wir mit ihnen reden. Und der gute Hauptmann hat uns die freie Wahl gelassen, die Dinge zu regeln, wie wir es wollen, was bedeutet, wir könnten durchaus in der Lage sein, einfach alle glücklich zu machen.«
»Einverstanden. Jedenfalls mit dem Teil, in dem du gesagt hast, wir müssten mit ihnen reden. Der, wo es heißt, wir könnten alle glücklich machen, kommt mir eher fragwürdig vor. Was noch?«
Noch eine Kralle. »Drittens brauchen sie Hilfe. Sie sind hier fremd, sie sind allein, und sie werden von der Elite verfolgt, von dem Durkoth und von wer weiß wem noch. Sie könnten ein ziemlich ernstes Problem haben.«
»Ich weiß nicht so recht, warum das bedeutet, dass wir ihnen helfen müssen, aber sprich nur weiter.«
»Viertens mochte ich sie. Auch wenn wir nur kurze Zeit mit ihnen verbracht haben, habe ich sie als gut eingestuft. Ich will ihnen helfen.«
»Das ist bisher der beste Grund von allen.«
Nun reckte er die letzte Kralle dieser Pfote vor. »Fünftens bin ich neugierig, und die ganze Angelegenheit ist faszinierend. Ich will wissen, wie die Geschichte ausgeht. Du nicht?«
»Um die Wahrheit zu sagen, ja, aber nicht so sehr, dass ich deswegen mein Leben aufs Spiel setzen möchte.«
»Zu guter Letzt …«, Triss ballte die Pfote zusammen und hielt sie mir vor die Nase, »… und das ist der eigentliche Grund, warum wir die Dyade suchen sollten, nein, suchen müssen: Es ist das Richtige. Der Kothmerk ist gefährlich. Heute hat er ohne überhaupt in Erscheinung zu treten mehrere Leute im Greifen umgebracht, und das war unser Zuhause, seit wir vor über sechs Jahren hergekommen sind.«
Er grollte tief und unwirsch, ehe er fortfuhr: »Er hat Menschen verletzt, die wir kennen, er hat uns gezwungen, einen Elitesoldaten zu töten, und er hat uns unser Zuhause genommen. Das ist falsch, und es muss aufhören. Namara mag schon lange tot sein, ebenso wie die meisten ihrer Anhänger, aber du warst von jeher eine Klinge und bist es noch. Im Moment vielleicht eine rostige, aber doch immer noch eine Klinge, das lebendige Werkzeug der Gerechtigkeit, und ich bin dein Partner. Es ist
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