Die Knoblauchrevolte
Bruder mußt du ihr das Begräbnis ausrichten.«
Als er das hörte, verging ihm das Weinen. Erwischte sich die Nase und sagte: »Eine Frau, die aus dem Haus heiratet, ist wie vergossenes Wasser. Sie ist schon lange kein Mitglied unserer Familie mehr. Mit ihrer Beerdigung habe ich nichts zu schaffen.«
Weinend hinkte er davon.
Gao Ma verstellte ihm den Weg. »Sieh lieber noch mal nach, ob du nicht vergessen hast, etwas Wertvolles mitgehen zu lassen!«
Der Ältere Bruder blieb einen Augenblick stehen, wußte aber nichts zu erwidern und ging.
Die Frauen hatten für Jinjü ein rotes Seidenkleid genäht und brachten es ins Zimmer. Sie zogen Jinjü aus, wuschen sie und zogen ihr das neue Kleid an. Ganz in Rot gehüllt, sah sie aus wie eine Braut.
Mit fliegenden Schritten kam Gao Zhileng in den Hof gestürzt. Jammernd und schimpfend sammelte er die toten Papageien auf und legte sie in einen großen Korb. »Gao Ma, Gao Ma, was haben dir diese Vögel getan? Miß deine Kräfte an Menschen! Aber weshalb die Papageien töten? Sie waren mein Kapital. Jetzt bin ich ruiniert.«
Sieben oder acht Papageien, die übriggeblieben waren, hockten auf den zitternden Spitzen der Jutepflanzen. Ihr Gefieder war zerrauft, ihre Körper waren mit Blut befleckt. Sie kreischten herzzerreißend. Sogar Gao Ma hatte Mitleid mit ihnen.
Gao Zhileng stieß einen Pfiff aus, um die Vögel zu locken.
»Ich bin Reporter des Provinzfernsehens. Wir haben von Ihrer tragischen Liebesgeschichte mit dem Mädchen Jinjü erfahren. Bitte erzählen Sie uns alles.« Der Reporter, der eine Brille trug, war über dreißig und hatte einen großen Mund, aus dem er sehr stark roch.
»Ich bin Vertreterin des Kreisfrauenverbandes. Ich bearbeite den Fall des Heiratsvertrages zwischen den drei Familien. Bitte machen Sie mich mit den näheren Umständen vertraut.« Sie war eine junge Frau, deren Gesicht sich hinter einer dicken Puderschicht verbarg. Aus dem Mund roch sie nach Urin. Gao Ma mußte an sich halten, um ihr nicht den Kopf abzuschlagen.
»Laßt mich in Ruhe«, sagte er zornig, stand auf und packte den Säbel fest. »Ich habe euch nichts zu sagen.«
»Bruder Gao Ma«, sagte Yü im Näherkommen, »es ist zu spät, einen Sarg zu bestellen. Außerdem ist der Holzpreis durch die Waldbrände in der Mandschurei stark gestiegen. Bei dieser Hitze …« Er blickte auf Jinjüs aufgeschwollenen Leib. »Ich habe zwei neue Schilfmatten gekauft und ein paar Meter Plastikfolie. Wenn wir sie erst in die Plastikfolie wickeln und dann in die Schilfmatten nähen, wird es genauso gut wie ein Sarg, und sie kann sofort in der Erde Frieden finden. Was hältst du davon?«
»Bruder, das bestimmst alles du«, erwiderte Gao Ma.
Der Fernsehreporter filmte mal im Hocken, mal im Knien und versuchte, auch die Papageien auf den Jutespitzen mit ins Bild zu bekommen, das wie arrangiert wirkte: gelbe, rote und grüne Jutestengel, goldroter Sonnenschein, braun verwelkte und eisvogelgrüne Juteblätter. Dazu die bunten Vögel und das sorgenvolle Gesicht Gao Zhilengs mit dem zum Pfeifen gespitzten Mund. Die Papageien hatten die Köpfe eingezogen und kreischten kraftlos. Ihre Stimmen klangen so kläglich, daß Gao Zhileng die Tränen kamen.
»Ich habe sechs Leute beauftragt«, sagte Yü, »auf dem öffentlichen Friedhof im Osten des Dorfes ein Grab auszuheben. Wenn wir soweit sind, können wir sie hinbringen.«
Im Hof wurden zwei neue Schilfmatten ausgebreitet. Auf die Matten kam die hellblaue Plastikfolie. Vier Frauen trugen Jinjü in ihrem neuen roten Seidenkleid heraus und legten sie auf die Folie. Der Journalist filmte. Die Frau mit dem weiß gepuderten Gesicht machte wichtigtuerisch Notizen. Die gelbe Haut ihres Halses kontrastierte heftig mit ihrem weißen Gesicht. Wieder mußte Gao Ma den Impuls zügeln, ihr den Kopf abzuschlagen.
»Bitte sieh nach, Bruder, ob so alles in Ordnung ist«, sagte Frau Yü zu ihm.
Gao Ma beugte sich über Jinjü. Die Juteblätter wiegten sich im Wind, und der eindringliche Geruch des Purpurquasts strömte ihm entgegen. Jinjüs Gesicht, das einst im Sonnenschein geleuchtet und im Mondlicht fahl geglänzt hatte, ihr einst atemloses und schweißgebadetes Gesicht war nun ein einziges Lächeln. Jinjü, Jinjü. Ein frischer Duft stieg von ihr auf.
Benommen sah er zu, wie sie in die blaue Plastikfolie gewickelt wurde. Die goldgelben Schilfmatten umhüllten ihren Körper. Zwei Männer banden die Schilfmatten mit Hanfseilen zusammen. Um sie fester zu schnüren,
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