Die Knoblauchrevolte
zerschlagen, die Tische verbrannt. Fenster sind zu Bruch gegangen. Sogar ein Funktionärsauto haben sie angezündet.«
Der Mann horchte auf. »Willst du damit sagen, daß es eine Massenrevolte gegeben hat?«
»Ob es eine Revolte war, weiß ich nicht. Aber es war ein ziemlicher Krawall«, antwortete Gao Yang seufzend. »Es gibt wirklich Leute, die vor gar nichts Angst haben.«
Der junge Mann sagte: »Mein Vater und mein Bruder sind auch Knoblauch verkaufen gegangen. Ich weiß nicht, was mit ihnen los ist.«
Zum erstenmal fielen Gao Yang die regelmäßigen weißen Zähne im Gesicht des jungen Mannes und seine unverkennbar korrekte Aussprache des Hochchinesischen auf. »Großer Bruder, ich erkenne, daß Sie kein gewöhnlicher Mensch sind.«
»Ich bin Soldat«, sagte der junge Mann. »Das sind die einfachsten Menschen.«
»Sie sind ein ganzer Kerl, Sie haben Karriere gemacht, trotzdem helfen Sie im Urlaub noch Ihren Eltern bei der Feldarbeit. Schon daran wird klar, daß Sie eine vielversprechende Zukunft haben, weil Sie Ihre Wurzeln nicht vergessen.«
Der junge Mann holte seine Zigaretten heraus, eine farbenprächtige Schachtel, die im Lampenlicht wie eine Blume leuchtete. Er bot Gao Yang davon an.
Gao Yang bedankte sich. »Ich rauche nicht, aber ich habe einen Nachbarn, der auf der Straße auf mich wartet. Er wird sich freuen, wenn ich ihm eine mitbringe. Bestimmt hat er in seinem ganzen Leben noch keine so gute Zigarette geraucht.«
Gao Yang klemmte sich die Zigarette hinters Ohr, hob den Eimer und machte sich auf den Weg.
Als er auf die Straße trat, sagte Onkel Vier mürrisch: »Bist du am Ostmeer gewesen, um Wasser zu holen?«
Gao Yangs kleiner Esel stand steif auf seinen vier Beinen. Onkel Viers Kuh hatte sich, obwohl angeschirrt, auf den Boden gelegt.
»Trink du zuerst«, sagte Gao Yang. »Wenn du dich satt getrunken hast, geben wir den Tieren zu trinken.«
Onkel Vier tauchte den Mund in den Eimer und trank sich satt.
Dann stand er auf und rülpste. Gao Yang holte die Zigarette hinter dem Ohr hervor und überreichte sie Onkel Vier. »Ich habe einen vornehmen Mann getroffen. Er behauptet, er wäre Soldat, aber ich habe auf den ersten Blick erkannt, daß er Offizier ist. Er hat mir Zigaretten angeboten. Ich habe ihm gesagt, ich rauche nicht, aber du bist Raucher, deshalb habe ich sie dir mitgebracht.«
Onkel Vier nahm die Zigarette entgegen, hielt sie sich unter die Nase und schnupperte. »Das Aroma ist nicht besonders.«
»Er ist Offizier«, sagte Gao Yang, »und hilft trotzdem seinen Eltern bei der Feldarbeit. So etwas ist selten. Heute ist es doch so, daß die meisten Leute, kaum daß sie den Bettelstab losgeworden sind, die anderen wie Bettler behandeln. Nimm nur unseren Wang Tai, wenn er uns begegnet, tut er so, als ob er uns nicht kennt.« Er fügte hinzu: »Hast du genug getrunken? Dann tränke ich jetzt deine Kuh.«
»Gib zuerst deinem Esel zu trinken. Meine Kuh kann nicht wiederkäuen. Vielleicht ist sie krank. Sie ist trächtig. Wenn wir den Knoblauch nicht verkaufen und dann auch noch der Kuh etwas passiert, das wäre ein Schlag.«
Der Esel roch das Wasser und begann kräftig zu schnauben, aber Gao Yang ging zuerst zu Onkel Viers Kuh. Die Kuh versuchte aufzustehen, kam aber erst hoch, als Onkel Vier die Deichsel packte und ihr half. In den großen Augen der Kuh lag ein trüber bläulicher Glanz. Gao Yang hielt ihr den Eimer unter das Maul. Sie trank nur ein paar Schlucke, dann hob sie den Kopf und leckte sich schmatzend über Lippen und Nüstern.
»Warum trinkt sie so wenig?« fragte Gao Yang.
»Diese Kuh ist sehr wählerisch«, erklärte Onkel Vier. »Wenn Tante Vier ihr zu trinken gibt, muß sie sie immer erst mit Weizenkleie anlocken.«
»Das Leben wird besser«, sagte Gao Yang, »sogar die Kuh läßt sich verwöhnen. Wenn ich so zurückdenke – vor ein paar Jahren konnten nicht einmal die Menschen Weizenkleie bekommen, geschweige denn das Vieh.«
»Gib deinem Esel zu trinken, trödel nicht herum.«
Der Esel zerrte am Geschirr und trank auf einen Zug den Eimer leer. Er schüttelte den Kopf, als ob er noch mehr wollte.
»Wenn die Tiere kaltes Wasser getrunken haben«, sagte Onkel Vier, »müssen sie sich bewegen und schwitzen, sonst werden sie krank.«
»Onkel Vier, wieviel hast du für diese Kuh bezahlt?«
»Neunhundertdreißig Yüan, ohne Steuer.«
»So teuer«, staunte Gao Yang. »Neunhundert Yüan sind mehr Scheine als auf eine Kuhhaut passen.«
»Das Geld wird immer
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