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Die Knoblauchrevolte

Die Knoblauchrevolte

Titel: Die Knoblauchrevolte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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genausogut losfahren. Gestern habe ich den Weg umsonst gemacht. Heute muß ich früher aufbrechen. Die Kuh ist auch nicht die Schnellste. Bis wir in der Kreisstadt sind, wird es hell. Es sind fünfundzwanzig Kilometer.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß so viele Leute Knoblauchstengel verkaufen wollen.«
    »Du kannst es ruhig glauben. Die ganze Straße war voller Wagen. Sie kamen mit Ochsenkarren, Pferdewagen, Traktoren, Fahrrädern und Motorrädern. Die Schlange reichte vom Kühlhaus bis zur Eisenbahn. Alle beladen mit Knoblauchstengeln. Ich habe gehört, das Kühlhaus ist bald voll. Nur noch zwei Tage werden Knoblauchstengel angekauft, dann ist Schluß.«
    »Es ist nicht mehr so leicht, was zu verkaufen.«
    »Geh und weck die Jungen. Sie sollen den Wagen beladen und die Kuh anspannen. Ich habe keine Lust dazu. Dieses Aas von Jinjü hat mich so gequält, daß mein Herz bei jeder Kleinigkeit verrückt spielt.«
    »In den letzten Tagen haben die Jungen heimlich darüber getuschelt, daß sie getrennte Wege gehen wollen. Hast du das mitbekommen?«
    »Ich bin nicht blind. Mir ist schon klar, daß der zweite fürchtet, der Große verdirbt ihm die Chance, eine Frau zu finden. Der Ältere hat erkannt, daß Jinjü fest entschlossen ist, mit Gao Ma zu gehen, und daß aus der geplanten dreifachen Hochzeit nichts wird. Deshalb bleibt ihm nichts übrig, als sein Leben als Junggeselle zu beschließen. Undankbare Brut«, sagte Onkel Vier ärgerlich, »wenn ich den Knoblauch verkauft habe, bauen wir noch drei Felder an, dann kann jeder seinen eigenen Weg gehen.«
    »Bleibt Jinjü bei uns?« fragte Tante Vier.
    »Sie soll sich trollen«, sagte Onkel Vier.
    »Kann Gao Ma denn die zehntausend Yüan aufbringen?«
    »Der Kerl ist unverwüstlich. Dieses Jahr hat er vier Morgen ausgebotenes Land zu seinen zwei Morgen dazugepachtet und insgesamt sechs Morgen Knoblauch gepflanzt. Ich bin an seinem Feld vorbeigekommen. Ich habe gesehen, daß sein Knoblauch am besten gedeiht. Ich schätze, er wird sechstausend Pfund ernten. Sechstausend Pfund bringen fünftausend Yüan. Wir nehmen diese fünftausend, die andere Hälfte kann er uns nächstes Jahr bringen. Da kommt er noch gut weg, dieses Schwein. Aber ich kann nicht zulassen, daß in unserem Haus ein uneheliches Kind auf die Welt kommt.«
    »Wenn Jinjü geht und wir Gao Mas Geld nehmen, wird es schwierig für sie.«
    »Hast du etwa Mitleid mit ihr?« Onkel Vier klopfte seine Pfeife am Bettrand aus und stand auf. »Von mir aus soll sie verhungern.«
    Tante Vier hörte, daß Onkel Vier als erstes den Kuhstall inspizierte, dann an das Fenster des Westzimmers klopfte und rief: »Aufstehen, Jungens, ihr müßt mir helfen, den Wagen mit Knoblauch zu beladen.«
    Tante Vier stieg ebenfalls vom Ofenbett, zündete die Petroleumlampe an und hängte sie an den Türrahmen. Sie holte eine Kelle Wasser aus dem Wasserkrug und goß sie in den Kochtopf.
    »Warum tust du Wasser in den Topf?« fragte Onkel Vier, als er zurückkam.
    »Ich koche etwas Suppe für dich. Du bist die halbe Nacht unterwegs.«
    »Die Mühe kannst du dir sparen. Ich sitze auf dem Wagen und muß nicht laufen. Gib lieber der Kuh etwas zu trinken.«
    Die Söhne waren aus dem Haus gekommen und standen im Hof. Die Nachtluft war kalt. Sie hatten die Schultern hochgezogen und schwiegen.
    Tante Vier füllte drei Kellen Wasser in eine Tonschüssel, holte eine Handvoll Weizenkleie, warf sie in die Schüssel, rührte mit dem Schüreisen um und trug die Schüssel in den Hof. Onkel Vier zog die Kuh aus dem Stall und führte sie zur Wasserschüssel. Die Kuh stand stocksteif da, mahlte mit den Lippen, trank aber nicht.
    Tante Vier rief der Kuh zu: »Trink, trink, trink. Trink von dem Wasser.«
    Die Kuh blieb unbeweglich stehen, ihr Körper dünstete einen heißen Gestank aus. Die Papageien begannen wieder zu kreischen. Ihr Gekreisch kam wie eine Wolke herangetrieben und verzog sich wieder. Der gelbe Halbmond war etwas höher gerückt. Er leuchtete über die Hofmauer und tauchte alles in Gelb. Das Sternenlicht war schwächer geworden.
    »Gib ihr etwas mehr Kleie«, sagte Onkel Vier.
    Tante Vier nahm noch eine Handvoll Weizenkleie und streute sie in die Tonschüssel Onkel Vier klopfte der Kuh auf die Hörner und sagte: »Trink.«
    Die Kuh senkte den Kopf, ihr Atem kräuselte das Wasser in der Schüssel, dann begann sie zu schlabbern.
    »Was steht ihr hier herum?« blaffte Onkel Vier seine Söhne an. »Bringt den Wagen raus und beladet ihn mit

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