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Die Knochenfrau

Die Knochenfrau

Titel: Die Knochenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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Schluck.
    „Warum bist du eigentlich zur Polizei?”
    Nadine überlegte.
    „Ich wollte schon als Kind zur Polizei. Wahrscheinlich weil mein Vater Polizist war, er ist jetzt schon ein paar Jahre in Pension.”
    „Da hast du aber nie was von gesagt, dass du schon als Kind zur Polizei wolltest. Was reizt dich daran?”
    „Hm … vielleicht dass man Leuten helfen kann. Außerdem hat man immer Abwechslung … und natürlich sorge ich gerne für Recht und Ordnung.”
    „Recht und Ordnung also.”
    „Schon klar, Lukas. Ist alles Spießerkram für dich. Du hast früher schon immer auf cool gemacht.”
    Lukas dachte daran, laut zu rülpsen, ließ es dann aber bleiben.
    „Wie ist eigentlich die weibliche Form von Bulle? Bulette?”
    „Deine Witze waren auch schon besser.”
    „Du hast aber gelacht, ich hab's gesehen.”
    „Okay, ich geb's zu. Lass uns rüber gehen ins Wohnzimmer. Von den Stühlen tut einem ja der Arsch weh. Rauchst du eigentlich noch?”
    „Mehr als je zuvor.”
    „Echt?“
    „Nö.“
    „Hast du eine für mich? Ich glaube, ich fang wieder an.”
    Nadine und Lukas saßen auf dem Wohnzimmersofa. Neben ihnen das leere Pflegebett und vor ihnen der große, schwarz glänzende Flachbildfernseher, an den sich Lukas einfach nicht gewöhnen konnte.
    „Und was machst du so? Du meintest du bist Barkeeper?”
    „Ich hab eigentlich eine Ausbildung als Hotelfachmann gemacht … keine Ahnung wieso. Hab dann irgendwann keine Lust mehr gehabt, hinter irgendwelchen Rezeptionen rumzustehen und als Barmann angefangen. Ist eigentlich 'ne sehr schöne Sache, man kriegt 'ne Menge von den Leuten mit.”
    „Und du wohnst in Freiburg?”
    „Genau.”
    „Und nebenbei betätigst du dich als Geisterjäger?”
    Obwohl er noch nicht getrunken hatte, setzte Lukas sein Bier ab.
    „Was soll der Scheiß? Ich hab dir alles so erzählt, wie ich es gehört und wie ich es selbst erlebt habe. Und du hast selbst gesagt, dass der Junge übel zugerichtet war. Und ich könnte wetten, dass der aussah, als hätte das kein Mensch gemacht. Also erzähl mir nichts von wegen Geisterjäger oder so 'nen Scheiß.”
    „Schon okay, reg dich nicht gleich auf.”
    „Ich bin kein Spinner, der nach Gespenstern jagt. Aber ich bin mir sicher, dass irgendwo da draußen was ist. Irgendein Drecksvieh, das Menschen umbringt und das es irgendwie schafft, dass man sich was einbildet.”
    Nadine kratzte sich an der Stirn und schob ihren Turban zurecht.
    „Okay … angenommen da draußen ist was … irgendein Wesen, das Kinder angreift. Aber wie zum Teufel soll das mit diesen Einbildungen funktionieren. Du hast mir da ja was von einer fliegenden Spinne erzählt. Dieses Vieh setzt sich doch nicht vor einen hin und hypnotisiert dich.”
    Lukas merkte, dass er müde wurde. War es das Bier oder das Thema?
    „Ich habe ja auch keine Ahnung, wie das funktioniert. Aber es ist eben so. Und ich bin mir sicher, dass der Junge auch irgendwas gesehen hat. Wieso sollte der sonst in den Wald hineingehen? Mein Bruder hat damals auch was gesehen und ist dem hinterher gegangen. Ich hab mit ihm gestern telefoniert und er hat mir das bestätigt. Und dann wurde er von diesem Vieh angegriffen. Mensch Nadine, das hatten wir doch alles schon!”
    Nadine schwieg und nippte an ihrem schal gewordenen Bier. Ein Windstoß platsche eine Ladung Regen an das Fenster hinter dem Sofa.
    „Was ist jetzt eigentlich mit dem Vater des Jungen?”
    „Der ist im Krankenhaus”, antwortete Nadine. „Hatte wohl 'ne Art Nervenzusammenbruch.”
    „Scheiße”, sagte Lukas.
    Eine halbe Minute Schweigen, dann wieder Nadine:
    „Kann ich heute Nacht hier schlafen? Ich brauch 'ne kleine Auszeit, ein bisschen Abstand von der ganzen Scheiße.”
    „Klar, kein Problem. Du kannst das Bett oben haben, ich schlaf unter auf der Couch. Warum hast du eigentlich gerade Mofa-Michi geheiratet?”
    Nadine stöhnte leise auf, sah Lukas in die Augen und zupfte ihm einen Fussel vom Pullover.
    „Lass uns über was anderes reden. Ein bisschen die alten Zeiten aufleben lassen … vielleicht tut mir das ja gut.”
    Sie betrachtete den gerade erbeuteten Fussel, schnippte ihn weg und beide sahen zu, wie er durch die Luft davon flog. Der Regen hatte ein klein wenig nachgelassen.
     
    *
     
    Sie hatten über alte Zeiten geredet und das restliche Bier gekillt. Nach der zweiten Zigarette hatte Nadine verkündet, dass sie doch nicht wieder anfangen würde und dass es ihr schleierhaft sei, was sie jemals an dem Zeug gefunden

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