Die Knochenkammer
mit Mumien anzufangen.« Clem lachte. »Das Met hat ein Vermögen in ägyptische Grabreliquien investiert. Es war einmal völlig akzeptabel, die Toten auszugraben. Wir haben unsere verstaut.«
»Ihre was?«
»Mumien. Die Anthropologieabteilung des Naturkundemuseums besitzt ebenfalls eine riesige Mumiensammlung, obwohl uns niemand damit in Verbindung bringt. Die meisten davon lagern in großen schwarzen Metallkisten. Manche sind dem Naturkundemuseum vor einem halben Jahrhundert vom Met als Leihgabe geschickt und nie zurückgegeben worden. Gaylord war wie wild hinter ihnen her.«
»Wissen Sie, wo man diese Mumien lagert?« Ich dachte, dass das ein mögliches Versteck für einen Sarkophag wäre, wo er keine Aufmerksamkeit erregen würde. Vielleicht sogar für die Prinzessinnenmumie, die man entfernt hatte, um für Katrina Platz zu machen.
»Sie waren mal auf dem Dachboden im Turm. Aber es wurde so eng dort oben, dass man, glaube ich, die meisten ins Kellergeschoss hinuntergebracht hat.« Was ein logischer Aufbewahrungsort für den schweren Kalksteinsarg wäre, so wie wir ursprünglich vermutet hatten.
Es klopfte an der Tür. Laura sagte guten Morgen und fragte, was es für sie zu tun gäbe. Ich trug ihr ein paar Sachen auf.
»Du und Clem, ihr kümmert euch um die Mails«, sagte ich zu Mike. »Ich gehe zur Grand Jury und dann zu Sarah, um mit ihr die Fälle durchzusprechen, die übers Wochenende hereingekommen sind. Würdest du Timothy Gaylord anrufen, um herauszufinden, wann wir uns heute mit ihm treffen können?«
Das Meeting mit Sarah und einigen anderen Anwälten aus unserer Abteilung dauerte fast zwei Stunden. Eine Party zum Semesterende am Columbia College war zu einer feuchtfröhlichen Orgie ausgeartet, und eine Barnard-Studentin im zweiten Semester erwachte nackt im Bett eines Typen, den sie nie zuvor gesehen hatte. Eine obdachlose Frau, die im letzten Waggon eines U-Bahn-Zugs geschlafen hatte, war kurz hinter der Times-Square-Haltestelle vergewaltigt worden. Und ein Biologielehrer an einer örtlichen Highschool war verhaftet worden, weil er vier Zehntklässlerinnen im Austausch für Oralsex gute Noten gegeben hatte.
»Wo ist Mike?«, fragte ich Laura, als ich in mein Büro zurückkam.
»Zwei Jungs vom Dezernat waren hier und haben Sie gesucht. Sie sagten Mike, dass es dringend sei, und er düste mit ihnen ab.«
Es sah ihm nicht ähnlich, einfach so zu verschwinden, aber ich ging davon aus, dass ich bald eine Erklärung bekommen würde.
Clem reichte mir die Ausdrucke der letzten E-Mails, die sie erhalten hatte. »Noch keine Reaktion von Mamdouba. Aber das überrascht mich nicht. Socarides hat geantwortet. Er ist derjenige, der die Abteilung für afrikanische Säugetiere leitet. Seine Mail ist ganz interessant.«
Er begann mit einer höflichen Begrüßung und den angemessenen Beileidsbekundungen über Katrinas Tod. Dann beschrieb er in defensivem Ton den Verwendungszweck von Arsen bei der Tierpräparation und erkundigte sich nach Clems Telefonnummer, um sie so bald wie möglich zu fragen, was Katrina in den Wochen vor ihrem Tod über ihren Gesundheitszustand gesagt hatte.
»Die anderen sind vom Met. Bellinger und Friedrichs. Mit ihnen hatte ich gerechnet. Katrina arbeitete sehr eng mit Hiram zusammen, und ich glaube, dass sie ihm vertraute. Und Anna - nun, es wäre seltsam, wenn sie nicht ihr Beileid bekunden würde. Nichts Ungewöhnliches. Wenn ich gewusst hätte, dass ich so viele Essenseinladungen bekomme, wäre ich schon viel früher zurückgekommen. Alle reißen sich schier um meine Gesellschaft.«
»Machen Sie bitte weiter, wenn es Ihnen nichts ausmacht, und beantworten Sie alle Mails, in Ordnung? Falls Sie eine Unterhaltung in Gang kriegen, erwähnen Sie doch, dass Ihnen Katrina von den Gebeinen erzählt hat, nach denen sie suchte. Mal sehen, ob das jemandem Beine macht.«
Ich telefonierte gerade mit einem Beamten der Sonderkommission für Sexualverbrechen, als Mike wieder in der Tür auftauchte. »Es ist erst kurz nach Mittag, und ich hab schon meine erste Verhaftung. Ein Kinderspiel.«
»Ein Mord, über den ich nichts weiß?«
»Nein. Jemand aus deinem Fanclub.« Er ließ geräuschvoll die Handschellen einschnappen und hängte sie hinten an seinen Hosenbund. »Deine Lieblingsverfolgerin.«
»Shirley Denzig? Hat sie mit der SM-Gruppe demonstriert?«
»Ja. Joe Roman und die Jungs vom Dezernat kamen vorbei, um dir zu sagen, dass sie der Sicherheitsdienst unten gesehen hatte, also kam ich
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