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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Ihnen das unangenehm ist, können wir uns auch über jedes andere Thema unterhalten. Wir haben noch viel Zeit, bis wir uns in die Sümpfe begeben werden. Sie wollen nicht allein sein, und ich will es ebenso wenig.« Er nahm ihren Arm. »Lassen Sie uns einen Spaziergang machen, vielleicht finden wir ja einen Andenkenladen.«
    Er hatte diese charismatische Nähe abgeschaltet, als wäre sie nie da gewesen. Sie atmete erleichtert auf. Er hatte recht. Sie wollte, dass die Zeit wie im Flug verging, und in Gesellschaft würde das eher passieren.
    »Warum ein Andenkenladen?«
    »Ich möchte ein T-Shirt mit einem Alligator-Aufdruck für Miguel kaufen. Das wird ihn vielleicht daran erinnern, dass er heute Nacht besser daran tut, seine Hände nicht zu tief ins Sumpfwasser zu stecken.«
     
    Die Sonne ging gerade unter und tauchte das Sumpfgebiet in ein eigentümlich goldfarbenes Licht, als Montalvo, Eve, Megan und Phillip aus dem Wagen stiegen und zu der Anlegestelle gingen.
    Megan erschauderte. »Das sieht ja aus wie in einem makabren Fantasyfilm.«
    »Sümpfe können ihre ganz eigene Schönheit haben«, sagte Montalvo. »Aber es stimmt, unheimlich sind sie immer.«
    »Verdammt, ich habe keine Lust, hier an der Anlegestelle herumzustehen«, sagte Phillip. »Ich will bei dir in diesem Boot sein, Megan. Vielleicht wirst du mich brauchen.«
    »Ich brauche dich immer«, erwiderte Megan sanft. »Aber ich kann dich nicht mitfahren lassen, Phillip.«
    »Ich kann dich beschützen, wenn ich ganz in deiner Nähe bin. Du weißt, dass es so ist.«
    Eve runzelte die Stirn. »Wovon reden Sie überhaupt?«
    Megan beantwortete ihre Frage nicht. »Nein, Phillip, es ist in Ordnung so. Ich habe ihnen genau erklärt, wie es sein muss.« Megan lächelte. »Jetzt bleib schön hier und halt die Stellung. Wirst du das für mich tun?«
    »Sieht so aus, als hätte ich keine andere Wahl«, antwortete Phillip. »Es ist ein Fehler, Megan.«
    »Ich weiß. Die ganze Sache ist ein einziger Fehler. Aber keiner von uns hat die Wahl.« Sie sah Eve an. »Wann wird Kistle Sie anrufen?«
    »Keine Ahnung. Ich rechne eigentlich jeden Moment damit.« Sie entdeckte Joe und Miguel, die neben zwei Motorbooten am Ende der Anlegestelle standen. Joe betrachtete eine Karte, und sie spürte die Intensität, die er ausstrahlte. »Wollen wir hoffen, dass Bubba noch weitere Informationen über die Insel liefern konnte.«
    Als Joe aufsah, erstarrte sie unwillkürlich. Intensität? Mehr als das. Sie hatte geglaubt, im Clayborne Forest hätte sie seine ganze animalische Verwegenheit erlebt, aber das war noch einen Zacken schärfer. Jetzt war er mit jeder Faser ein Krieger.
    »Habt ihr noch irgendetwas herausgefunden?«, fragte sie.
    »Nicht viel.« Joe zeigte auf ein Gebiet im Süden. »Miguels Führer konnte sich vage an eine Insel mit einem T-förmigen Wasserlilienteppich etwa in dieser Gegend erinnern. Aber es gibt auch im Norden eine Insel mit einem Zypressenwald, die der Insel auf dem Foto ähnelt. Also werden wir wohl eine Münze werfen müssen.« Er zuckte die Achseln. »Aber Kistles Hinweis ist wahrscheinlich ein einziger Schwindel. Wir alle wissen, dass er uns in eine Falle locken will, und er zeigt uns die Richtung zu einer Stelle, wo er auf uns wartet.« Er sah Megan an. »Also, ein Grab zu finden, wo sie möglicherweise Stimmen hört, ist nicht so wichtig. Er hält sich vielleicht nicht einmal in der Nähe davon auf.«
    »Vielleicht aber doch«, erwiderte Eve. »Und wenn er vorhat, Laura Ann zu töten, dann bringt er sie vielleicht an den Ort, wohin er schon andere Leichen gebracht hat. Er ist sehr vorsichtig, sehr gründlich. Man braucht sich nur anzusehen, welchen Aufwand er betrieben hat, um Bobby Joes Leichnam verschwinden zu lassen. Er ist mit diesem Gebiet hier vertraut, und vermutlich hat er nicht die Zeit gehabt, andere Stellen in dieser gottverlassenen Gegend auszukundschaften. Er musste sich ziemlich beeilen, seit er den Clayborne Forest verlassen hat.«
    Joe zuckte die Achseln. »Ich habe nur versucht, ein nutzloses Mitglied unserer kleinen Gruppe loszuwerden.«
    »Danke«, sagte Megan sarkastisch. »Ich weiß Ihre Fürsorglichkeit zu schätzen.«
    »Und ich bin wahrscheinlich viel nutzloser als Megan«, mischte Eve sich ein. »Andererseits bin ich der Köder und dadurch wertvoll für die Gruppe.« Sie blickte über das gelblich braune Wasser hinweg zu den Bäumen, die jetzt von der untergehenden Sonne in blutrotes Licht getaucht wurden. Er war dort

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