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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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übrig.«
    »Der da«, blaffte William, ohne dabei Cosmas eines Blickes zu würdigen, »der da trägt allein die Schuld. Hätte er die Kerzen gelöscht, wäre nichts passiert. Es wäre mein größtes Geschäft gewesen. Doch so ist alles verloren.«
    Cosmas’ sonst so tragisches Gesicht war plötzlich – abgesehen von einem zuschwellenden Auge und der blutigen Nase – bar jeder Melancholie. Er brachte ein schiefes Lächeln zustande, breitete hoffnungsfroh die Arme aus und verkündete: »Freunde! So schlimm ist es auch wieder nicht. Lasst uns einfach an den Knochenort zurückkehren. Wir holen uns neue Skelette! Es gibt noch genug davon. Graben wir sie aus! – Und du!« Als er mich ansah, ging über sein Gesicht tatsächlich ein Leuchten. »– du schreibst neue Urkunden! So einfach ist das.«

    So einfach war es nicht.
    Während William und ich schimpfend loszogen, pfiff diesmal Cosmas fröhlich vor sich hin und hörte erst auf, als William ihm mit der Faust drohte. Doch es gab einen anderen Grund, warum sein totenkopfähnliches Gesicht bald wieder die alten tragischen Züge annahm.
    William hob die Hand. Dann begann er, damit hektisch zu wedeln, damit wir uns hinter den mächtigen Stamm einer umgestürzten Eiche duckten.
    »Soldaten«, flüsterte William mit finsterem Blick. »Aus welchem Grund auch immer – irgendjemand lässt diesen Ort bewachen.«
    »Vielleicht sollten wir woanders graben?«, schlug Cosmas vor.
    Als William die Faust ballte, schwieg er.
    Wir kehrten zur Brandruine zurück.

    Milchiger Nebel floss zwischen den schwarzen Stämmen des Waldes hervor, kroch über die Lichtung und deckte die Überreste der Scheune zu. Ein einsames Glutnest leuchtete aus den Ascheresten wie ein Drachenauge. William stampfte darauf herum, als gelte es, eine Schlange zu zertreten. Cosmas hockte wie eine Krähe auf einem Baumstumpf und erging sich in Selbstmitleid. Auch er verfügte offenkundig über die Gabe der meisten Menschen, der Tatsache, dass man selbst Schuld an einem Unglück trug, wenig Bedeutung zu schenken. Stattdessen haderte er mit dem Schicksal, das seiner Meinung nach ganz allein die Scheune in Brand gesteckt hatte. Das machte William so wütend, dass er einem schwarzgezackten Balken einen mächtigen Fußtritt verpasste, der daraufhin auseinanderbrach.
    »Nanu.« Verwunderung löschte den Zorn in seinem Gesicht. Er bückte sich, hob etwas auf, pustete Asche von diesem Etwas und wischte mit dem Ärmel nach. »Na so was.« Er wischte erneut und hauchte auf die polierte Stelle.
    Cosmas und ich traten näher.
    »Ein Schädel! Unversehrt!«, jubilierte Cosmas.
    »Wir hatten sieben unversehrte Schädel, mitsamt den dazugehörigen Skeletten, nur zur Erinnerung«, höhnte William. »Bis ein Mensch, den Gott mit größtmöglicher Dummheit bestraft hat, sieben brennende Kerzen vergaß.«
    »Seht ihr nicht, welcher Schädel es ist? Noch dazu mit beinahe keinerlei Brandspuren!«
    »Doch.« Williams Stimme troff vor Hohn und Bitterkeit. »Es ist auch noch der kleinste von allen. Alles, was uns bleibt, ist ein Kinderschädel.«
    »Das ist aber doch ein Wunder!«, frohlockte Cosmas. »Ausgerechnet der Kinderschädel wurde verschont! Ein Zeichen des Himmels!«
    »Ein Zeichen des Himmels für deine Blödheit!«
    Cosmas’ Lächeln war ein Ausdruck von Milde und Glückseligkeit. »Nicht doch! Stellt euch vor – König Karl der Vierte baut gerade einen Dom. Aber das wisst ihr ja.«
    »Natürlich wissen wir das«, schimpfte William. »Du hast uns ausführlich dargelegt, welch großartige Geschäftsgrundlage für unseren Reliquienhandel dieser Dom ist. Ich verbessere: gewesen wäre.«
    »Ihr wisst aber nicht, welchen Namen der König seinem Dom einst verleihen wird.« Cosmas pausierte theatralisch und sah uns dabei erwartungsvoll an.
    »Nein, wissen wir nicht«, erwiderte ich, weil William stumm blieb.
    »König Karl wird seinen Dom wie folgt nennen«, rief Cosmas triumphierend. »Der Name wird sein: Sankt-Veits-Dom.«
    »Und?«
    »Wie es das Schicksal will, ist mir soeben wieder eingefallen, von wem der Schädel wirklich ist, den du da in deinen Händen hältst. Na? Kommt ihr nicht selbst drauf?«
    »Nein.«
    »Es ist …!« Cosmas wedelte mit den Armen, so dass wir zurückweichen mussten, um nicht getroffen zu werden. Nun flüsterte er plötzlich: »… es ist – der Schädel des – eines Heiligen.«
    »Ach was«, knurrte William. »Es ist der Schädel eines Kindes, das an der Pest starb.«
    »Nein. Ich sage euch das

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