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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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gestanden.«
    Faliero zuckte mit den Schultern und versuchte, dabei gleichgültig zu wirken. Tatsächlich aber bereitete ihm die Wahlniederlage immer noch schlaflose Nächte, sie war wie ein fauler Trank, der immer weiter in sein Inneres floss und es vergiftete.
    Karl fuhr fort: »Die Art und Weise, wie man in Venedig wählt, erscheint mir reichlich kompliziert.«
    Faliero zuckte zusammen. Reiß dich zusammen, mahnte er sich und versuchte die Rachegedanken, die er in Bezug auf Dandolo hegte, zu zügeln. Mit sachlicher Stimme antwortete er: »Es stimmt. Es gäbe einfachere Möglichkeiten, den Dogen zu wählen. Doch alles steht im Dienste der Rechtmäßigkeit. Sinn der verschiedenen Wahlgänge und Wahlpersonen ist es, Bestechung und Betrug auszuschließen.«
    »Gibt nicht gerade das Komplizierte in der Sache der Bestechung und dem Betrug den besten Nährboden?«
    »Da mögt Ihr recht haben, und ich fürchte, genau das ist geschehen.«
    »Ihr meint, die Wahl Dandolos wurde manipuliert?«
    Faliero verdrehte vieldeutig die Augen. Dann hob er abwehrend die Hände. »Es gibt keine Beweise, und ich werde niemanden beschuldigen.«
    Der König nickte nachdenklich. Seine Finger formten ein Dreieck. »Wisst Ihr, ich persönlich bin der Meinung, eine Wahl sollte so einfach und so durchschaubar wie möglich sein. Komplizierte Prozesse machen die Dinge undurchsichtig. Seht Euch im Reich um. Wie viele Fürsten gibt es da? Jeder Einzelne von ihnen vertritt seine eigenen Belange. Ist ein Thron unbesetzt, denkt jeder nur an die eigene Pfründe. Niemals kann man alle unterschiedlichen Interessen mit einem Herrscher verwirklichen, der allen gefällt. Die Geschichte hält unzählige Beispiele bereit, wie gefährlich das ist. Deshalb bin ich mir sicher: Wir brauchen neue Gesetze!« Karl hielt inne und blickte Faliero erwartungsvoll an. Dieser hatte sich vorgebeugt und schien interessiert zuzuhören. Nun deutete er auf das Schreibpult mit dem aufgeschlagenen Buch.
    »Ich bitte Euch, fahrt fort. Wie es scheint, arbeitet Ihr bereits an solchen Gesetzen. Könnt Ihr mir die Sache erläutern?«
    »Sehr gern.« Der König wirkte geschmeichelt. »Leider stecke ich noch in den Einzelheiten. Doch eins steht bereits fest. Kern der Sache muss die einheitliche Festlegung einer jeden Königswahl sein. Dafür gilt es, die Anzahl der Fürsten zu begrenzen.«
    »An wie viele denkt Ihr?«
    »Sieben. Genügend Stimmen für eine repräsentative Wahl, aber nicht zu viele, um die Lager zu sehr zu spalten. Darüber hinaus eine ungerade Zahl. Es kann kein Patt geben.«
    Faliero gelang es, bewundernd zu nicken: »Ja! Ihr habt recht! Viel Unheil, ja Kriege könnten mit solchen Gesetzen vermieden werden! Ich hoffe – nein ich bin mir sicher, es wird Euch alles so gelingen, wie Ihr es plant.«
    »Das hoffe ich auch.« Karl hob den silbernen Weinkelch. »Sei’s drum. Worauf sollen wir trinken?«
    »Auf diese Gesetze! Oder auf Euren Dom? Ein fantastisches Bauwerk. Die Kathedrale wird immer mit Eurem Namen verbunden sein, zu Eurem Ruhm.«
    »Zum Ruhm Gottes. Ich hoffe nur, ich kann die Fertigstellung noch erleben. Als mein Architekt, der Franzose Arras, starb, dachte ich schon, das sei auch das Ende des Doms. Doch mein neuer Baumeister, Peter Parler, ist beinahe noch fähiger, als der Franzose es war. Auch wenn dies schwer möglich ist.«
    Faliero nahm einen Schluck Wein, dann stellte er den Becher ab. »Verzeiht mir die unhöfliche Frage. Aber habt Ihr mich rufen lassen, damit wir über Königswahlen oder Euren Dom sprechen?«
    Karl lächelte. »Schon damals schätzte ich Euren Scharfsinn und Eure Direktheit. Ich mag Menschen, die nicht lange um den heißen Brei herumreden. Das erspart einem viel Zeit und eine Menge unnützes Geschwätz. – Natürlich interessiert mich Euer Urteil über die Kathedrale sehr, auch wenn ich weiß, dass Euer Markusdom in Venedig an Schönheit kaum zu übertreffen ist. Doch Ihr habt recht. Eigentlich will ich mit Euch etwas ganz anderes besprechen.«
    Faliero wartete schweigend, bis der König fortfuhr: »Um die Sache auf den Punkt zu bringen – es sind zwei Dinge, die mich brennend interessieren: Erstens, auf welche Seite stellt Venedig sich im Krieg zwischen England und Frankreich? Zweitens, welchen Standpunkt vertritt die Serenissima in Bezug auf die Feindseligkeiten zwischen den verschiedenen italienischen Städten? Ihr erinnert Euch an meinen Besuch in Venedig vor einigen Wochen? Damals stellte ich Eurem Dogen dieselbe

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