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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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Stelle mit den Löwen und den Engeln.«
    »Nicht wahr?« Cosmas, der Williams Spott geflissentlich überhörte, schmiedete bereits neue Pläne. »Hört zu. Es gilt nun, Folgendes zu tun:« Er griff nach dem Heiligenschädel, den William immer noch hielt, und nahm ihn an sich. »Zunächst müssen wir den Kopf auf gebührende Weise schmücken – mit Gold, Silber und Edelsteinen, gebettet auf Königssamt.«
    »Wir haben weder Gold, Silber, noch Edelsteine oder Samt«, gab William zu bedenken.
    »Darum kümmere ich mich. Ich besorge es in Prag. Schließlich verfüge ich über hervorragende Beziehungen.«
    »Und dann?«
    »Und dann?« Cosmas’ Totenschädel erstrahlte in breitestem Grinsen, erneut wanderten seine Hände himmelwärts, und er erklärte zu mir gewandt: »Du schreibst ein neues Dokument, mit schönen bunten Lettern und Blumengirlanden und deinem Rosensiegel. Wenn alles fertig ist, bieten wir dem König die Kopfreliquie des heiligen Veit für einen Ehrenplatz in seinem Veitsdom an. Nun – was haltet ihr davon? Ich persönlich glaube, es wird das Geschäft unseres Lebens!«
    »Oder«, grübelte William, »der König lässt uns in Öl sieden und dann, wenn wir schön knusprig sind, den Löwen zum Fraß vorwerfen.«
    »Wobei ich bezweifle, dass uns dann irgendwelche Adler oder Engel retten«, fügte ich hinzu.
    »Oder die Löwen uns die gesottenen Füße lecken«, ergänzte William.
    Cosmas lachte gekünstelt. Wahrscheinlich machte er sich dabei – so wie William und ich auch – Gedanken, wie man es am dümmsten anstellen sollte, dem König anstelle der verbrannten Skelette einen angekohlten Kinderschädel unterzujubeln.

36
    Handel
    F aliero spürte die Wirkung des Weins. In den dunklen Burggängen hatte er die Orientierung verloren und kam nun bereits zum zweiten Mal an der Abzweigung vorbei, die hinaus auf den Wehrgang führte. Er fluchte und machte erneut kehrt. Andererseits konnte er mehr als zufrieden sein. Der böhmische König hatte
ihn
rufen lassen, er wollte
seine
Meinung hören – und nicht die des Dogen Pietro Dandolo. Damit war die Wertigkeit klargestellt. Er, Marino Faliero, war der tatsächliche Träger der Macht in Venedig, man wollte von ihm wissen, wie die Dinge standen, weil man erkannt hatte, wer eigentlich die Fäden in der Hand hielt.
    Ein eisernes Gitter versperrte ihm den Weg. Erneut stieß er einen Fluch aus, packte zwei der Eisenstäbe und rüttelte daran.
    »Hier geht es nicht weiter.«
    Faliero fuhr herum. Eine dunkle Gestalt stand da, wie aus dem Nichts, keine zwei Armlängen von ihm entfernt. Faliero hatte ein eigenartiges Gefühl. Aus irgendeinem Grund kamen ihm Stimme und Gestalt bekannt vor. Seine Zunge stolperte, als er verärgert knurrte: »Geht mir aus dem Weg.«
    »Gleich. Hört erst, was ich Euch zu sagen habe.«
    Faliero tastete nach dem Messer an seinem Gürtel. Ich habe diese Stimme schon einmal gehört, rauschte es in seinem Kopf – aber wo? »Aus dem Weg, sagte ich! Ihr wisst wohl nicht, wen Ihr vor Euch habt?«
    »Doch. Ich weiß es ganz genau. Ihr seid Marino Faliero, Vorstand des Großen Rats von Venedig.«
    Diese Stimme! Der fremdartige Singsang, die eigenartige Betonung der Worte! Wo hab ich diese Stimme schon einmal gehört? Die tief ins Gesicht gezogene Kapuze und die Dunkelheit machten es unmöglich, das Gesicht des Mannes zu erkennen. Faliero hielt den Griff des Messers umklammert. Er blaffte: »Wenn Ihr so genau wisst, wer ich bin – wer seid Ihr dann? Gebt Euch zu erkennen – und dann geht mir aus dem Weg, sonst gebrauche ich mein Messer.«
    Die Kapuze wurde nach hinten geschoben. Schemenhaft erkannte Faliero die Konturen eines ebenmäßigen Gesichts, umrahmt von schwarzem, schulterlangem Haar. Dunkle Augen blickten ihn an. Leiser Spott klang aus der ruhigen Stimme.
    »Ihr kennt mich auch. Schließlich habt Ihr mich einmal zum Tode verurteilt und hinrichten lassen.«
    Faliero sträubten sich die Nackenhaare. Mit einem Mal kehrte die Erinnerung zurück. Der Scheiterhaufen! Sinead, die rote Hexe, die es gewagt hatte, ihn zurückzuweisen! Es rann ihm eiskalt den Rücken hinunter. Ausgerechnet jetzt, da das Rosensiegel aufgetaucht war, stand plötzlich wie aus dem Nichts dieser Mann vor ihm, der tot sein müsste! Wie war das möglich? War es Hexerei? Oder war es der Wein und er verlor langsam den Verstand? Vergeblich rang er um die richtigen Worte: »Wie … wie konntet Ihr … was macht Ihr hier …?«
    »Beruhigt Euch. Ich bin keine Erscheinung.« Die

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