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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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Mystisches.«
    Von Sternberg nickte anerkennend. »Ich habe Eure Bauten bereits in Eurer Heimatstadt Gmünd studiert. Ihre Majestät und meine Wenigkeit waren sehr beeindruckt.«
    Parlers Herz machte einen Satz. Er hatte befürchtet, von Sternberg werde seine Pläne abwertend beurteilen. Kirchenleute waren nicht gerade bekannt dafür, dass sie Neuem gegenüber Aufgeschlossenheit zeigten. Doch der Bischof fuhr fort: »Ihr habt schon einmal einen unvollendeten Bau von Arras fertiggestellt.«
    »Burg Karlstein«, bestätigte Parler.
    »Soweit ich weiß, hinterließ Arras keinerlei Planungsunterlagen.«
    »Das ist richtig, Eure Exzellenz. Aber es war nicht weiter schwierig.« Der Steinmetzmeister übte sich in Bescheidenheit. »Einen Bau im Original zu sehen reicht vollkommen und ist oft besser als jeder Plan. Schließlich hat man jeden Stein tatsächlich vor Augen und kann sogar alles anfassen.«
    »Trotzdem. Stellt Euer Licht nicht unter den Scheffel. Man sieht es an diesen Plänen hier: Der Herr hat Euch mit einer außergewöhnlichen Gabe gesegnet. Bisher waren die Kathedralen aus Narbonne oder Nancy das Maß der Dinge. Doch mir ist niemand bekannt, der den Dombau der Franzosen so weiterentwickelt wie Ihr.«
    Der Kaiser unterbrach seinen Bischof und wandte sich an Parler: »Eigentlich sah ich bei meiner Reise nach Schwaben schon genug von Eurer Arbeit. Eure Zeichnungen hier haben mich nun vollends überzeugt. Ihr müsst Euch nach der langen Reise nach einem heißen Bad und einer guten Mahlzeit sehnen. Um es kurz zu machen, ich frage Euch unumwunden: Nehmt Ihr die Stelle als mein neuer Baumeister und Architekt an? Werdet Ihr meinen Dom fertig bauen?«
    Parler blieb für einen Moment die Luft weg. Sein Herz schlug bis zum Hals. Erneut warf er sich vor dem Kaiser auf die Knie. »Majestät … ich«‚ stammelte er überglücklich, »es ist mein Traum … es ist mir die größte Ehre.«

    »Nun, was meint Ihr?« Karl war mit von Sternberg allein, nachdem der neu ernannte Dombaumeister beinahe übermütig vor Freude aus dem Sekretariat gestolpert war.
    Der Bischof lächelte fein. »Ich hatte schon befürchtet, er würde Majestät umarmen.«
    Der Kaiser lachte. »Wie dem auch sei, ich bin mir ziemlich sicher, den richtigen Mann eingestellt zu haben.«
    »Das glaube ich auch. Für mich ist er ein Genie – und den Franzosen um Welten voraus. Man kann nur hoffen, das Ergebnis seiner Arbeit noch zu Lebzeiten bewundern zu können.«
    »So der Herr will.« Karl warf noch einen Blick auf die Pläne, dann wechselte er das Thema. »Mein lieber Bischof, ich brauche Euren geschätzten Rat auch in einer anderen Sache. Es geht um meine Einflussnahme als Kaiser.«
    »Wenn Ihr erlaubt.« Von Sternberg bewies einmal mehr seine rasche Auffassungsgabe. »Ich vermute, es handelt sich nicht um die Verabschiedung Eurer Goldenen Bulle.«
    »So ist es«, bestätigte Karl. »Ich habe auf Euren Rat hin dafür ja eigens je einen Hoftag in Nürnberg und einen in Metz angesetzt.«
    »Ein weiser Beschluss. Lasst mich weiter raten: Der Krieg zwischen Frankreich und England ist im Augenblick festgefahren. Eine Vermittlerrolle Böhmens ergibt also derzeit leider noch keinen Sinn. Dafür aber ist es angeraten, alles zu versuchen, um den Konflikt zwischen Venedig und Ungarn zu entschärfen.«
    »Erraten.« Karl zeigte sich beeindruckt. »Meiner Meinung nach müsste Venedig den Ungarn zu Friedensverhandlungen etwas Verlockendes anbieten.«
    »Dalmatien, würde ich vorschlagen.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht. Fragt sich nur, wie ich beide Parteien an einen Tisch bekomme.«
    »Mit Verlaub, Majestät, mein Vorschlag wäre, nach Venedig zu reisen.«
    »Ungarn liegt näher.«
    »Gewiss, doch lässt man Entfernungen außer Acht, spricht manches für Venedig.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel der Tod Andrea Dandolos. Venedig wird schon bald einen neuen Dogen wählen, wenn dies nicht bereits geschehen ist. Wäre es nicht interessant, etwas über die Gedanken und Pläne des Neuen zu erfahren?«
    Karls Miene verfinsterte sich. »Ich würde trotzdem lieber nach Ungarn fahren. Mit Venedig verbinde ich unangenehme Erinnerungen.«
    Von Sternberg zog die Stirn in Falten. Es dauerte eine Weile, bis er den Zusammenhang aus seiner Erinnerung gekramt hatte. »Ah, ich verstehe«, rief er schließlich. »Euch spukt immer noch dieses Weib im Kopf herum.«
    »Manchmal«, gab Karl widerstrebend zu. Es war ein wunder Punkt in seinem Leben. Und der hatte in Venedig seinen

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