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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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einmündeten.
    »Halt!«, blaffte Faliero. Sofort blieben die beiden Leibwächter stehen und drehten sich um. »Könnt ihr nicht zählen? Wir müssen diesen Seitengang nehmen.«
    Die Diener wagten keinen Widerspruch, schon allein aus dem Grund, weil ihr Herr sich nie irrte. Also bogen sie rechts ab und folgten dem Tunnel, der stetig anstieg, bis er an einer schmalen, verrotteten Holzstiege endete.
    »Ich gehe vor.« Faliero schob sich an seinen Leibwächtern vorbei. »Ihr bleibt dicht hinter mir. Ich bin mir sicher, ich brauche euch gleich.« Er kletterte die Stufen hoch, stemmte eine knarrende Falltür auf und fand sich in einem düsteren Vorratsraum. Hinter ihm stieß einer seiner Diener polternd gegen ein Fass. »Leise!«, zischte Faliero und grinste. »Wir wollen Oradini überraschen.«

    Es war alles noch viel besser, als er zu hoffen gewagt hatte. Natürlich wollte er Oradini in einer kompromittierenden Situation ertappen. Doch dass es gleich so kommen würde, musste man schon beinahe als göttliche Fügung betrachten. Nicht dass Faliero besonders gläubig gewesen wäre, Religion, so wie sie praktiziert wurde, diente seiner Meinung nach nur einem Zweck: die Menschen in Zaum zu halten, sie gefügig und demütig zu machen, damit man sie lenken konnte und sie nicht größenwahnsinnig wurden.
    Er fand Oradini nackt in seinem Schlafgemach. Bei ihm waren die Dirne Felicia, eben so wie Gott sie geschaffen hatte – was ein weitaus schönerer Anblick war als der Oradinis –, und noch eine dritte Person, ebenfalls unbekleidet. Während Faliero die Wut über den Verrat seiner Hure hinunterschluckte, wusste er blitzschnell, dass er alle seine Pläne bezüglich des Dogenamtes ändern musste, und im selben Augenblick wusste er auch wie. Der nackte Jüngling war ein Adonis – und ein stadtbekannter Liebesdiener.
    Faliero weidete sich einen Augenblick am Entsetzen Oradinis und Felicias. Dann warf er dem Lustknaben einen herumliegenden Umhang zu und befahl: »Komm mit.« Er verließ den Raum, ohne sich umzublicken. Seine beiden Leibwächter wussten, was zu tun war. In Oradinis Salon ließ Faliero sich in einen Sessel fallen und betrachtete den Jungen, der bleich und zitternd vor ihm stand.
    »Hör mir jetzt genau zu, denn ich erkläre dir alles nur einmal.« Faliero sprach leise, beinahe mit freundlicher Stimme. Nun stand er wieder auf und lief zu dem Jungen. Dieser wich ängstlich zurück.
    »Tz, tz«, machte Faliero und strich ihm in einer zärtlichen Geste über die Wange. »Ich mache dir ein Angebot.« Er wartete und beobachtete den Jungen genau. »Du bist wirklich ein schöner Jüngling, es wäre doch schade, wenn …« Wieder machte er eine effektvolle Pause, bevor er weitersprach. »Ich lasse dich vielleicht am Leben – vorausgesetzt, du tust genau, was ich sage.«
    »Alles, Herr … ich tue alles, was Ihr verlangt«, stotterte der Junge zitternd.
    Faliero nickte zufrieden. »Gut. Wir werden sehen.«

    Pietro Dandolo schüttelte ungläubig den Kopf. »Das ist nicht wahr.«
    »Leider doch.«
    »Eine Verschwörung gegen mich. Aber warum?«
    Falieros Miene war perfekt bekümmert, und auch die Demut in seiner Stimme hatte nichts Aufgesetztes. »
Principe
, die Wahrheit ist leider, wie so meist, recht einfach. Das Komplott – dessen ganzes Ausmaß wir wahrscheinlich leider erst durch eine peinliche Befragung erfahren werden – diente dem Ziel, Euch vom Thron des Dogen zu stürzen.«
    »Aber wie?«
    Auf die hinterlistigste Weise, die man sich vorstellen kann. Der Lustknabe, mit dem Oradini sich außerdem noch der Sodomie schuldig gemacht hat, ist ein Spion der ganz besonderen Sorte.«
    »Wie meint Ihr das?«
    Faliero schürzte die Lippen, was ihn noch bekümmerter aussehen ließ. »Er arbeitet für zwei verschiedene Seiten.«
    »Ich verstehe nicht.«
    Faliero stieß ein gequältes Lachen aus: »Das ist in seiner ganzen Niedertracht auch nicht ganz einfach zu verstehen. Oradini bediente sich dieses Jünglings, um Nutzen aus dem Krieg zwischen England und Frankreich zu ziehen.«
    Dandolo runzelte die Stirn. »Warum?«
    »Um Euch zu vernichten,
principe
. Er wollte die Dienste Venedigs verkaufen.«
    »Welche Dienste? An wen?«
    »Die Dienste unserer Seemacht. Unsere Flotte. An die Engländer
und
an die Franzosen. Gleichzeitig.«
    »Was?« Die Lippen des Dogen wurden zu Strichen.
    Faliero erkannte zufrieden, dass Dandolo verstanden hatte. Er nickte bedauernd. »Es ist die Wahrheit – leider.«
    »Das heißt, man wird die

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