Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Geschäftsbeziehungen in ganz Europa. Vermutlich hat sie Rechnungen bezahlt.«
»Halt!«, rief Bero plötzlich. »Sie betreibt eine Knopfmanufaktur, in der sie jede Menge Leute beschäftigt. Pfändet sie auf der Stelle!«
»Ihr irrt«, sprach der Vogt. »Die Manufaktur gehört Graf Meynhard. Wollt Ihr Euch mit ihm anlegen? Einem Berater des Reichskönigs?«
Bero war außer sich. Hat ihn das raffinierte Weibsstück an der Nase herumgeführt? So recht wollte er es nicht glauben, doch die Aussagen des Vogts und seines Schreibers schienen keinen Zweifel offen zu lassen. Mit der Androhung, ihr über all die Jahre mühsam aufgebautes Vermögen zu konfiszieren, war er nicht weit gekommen. Er hatte gehofft, sie mit der Drohung, wieder arm zu werden, in die Knie zwingen zu können, doch sie war ihm zuvorgekommen, und er konnte wenig dagegen unternehmen.
Der Vogt schien plötzlich kein Interesse mehr daran zu haben, der Sache mit dem Brief nachzugehen. Er murmelte irgendetwas von untauglichen Beweisen, fehlendem Siegel Montardiers, dem untadeligen Ruf der Frau und so weiter. Zähneknirschend akzeptierte Bero diese Niederlage, doch er sah sich noch lange nicht als geschlagen an. Immerhin wusste er, wo Montardier steckte, und außerdem hatte er ein weiteres, noch besseres Druckmittel gegen Franziska.
*
»Nun sag schon, was hat es mit diesem Restwangen auf sich?«, bohrte Elsbeth weiter. Der Graf hatte Franziska gleich nach dem Verlassen des Vogts mit nach Hause genommen und Elsbeths Obhut übergeben. »Der Kerl scheint euch allen doch schon seit längerem das Leben schwerzumachen, habe ich nicht Recht?«
Franziska nahm einen Schluck aus dem Becher, den Elsbeth ihr großzügig mit dem teuren goldenen Wein gefüllt hatte, der seit kurzem auch hierzulande in Mode gekommen war. Einen Teil der Geschichte kannte die Freundin bereits, sie wusste, dass Restwangen Schuld daran hatte, dass Franziska und Nele sowie die drei Geschwister Budweis verlassen mussten, doch Details hatte sie bislang weder erfragt noch sonst wie erfahren. Noch zögerte Franziska, doch Elsbeth ließ nicht locker mit ihren Bemühungen, und schließlich begann Franziska zu erzählen. Von ihrer Kindheit und Jugend bis zur versuchten Vergewaltigung, dem Kampf im Stofflager und der Verurteilung Hermanns. Von der Flucht der Brüder, ihrer Reise mit Nele und Maria und schließlich dem glücklichen Wiedersehen mit Mutter und Stiefvater. Elsbeth musste sich einige Male beherrschen, ihrem Zorn über den Übeltäter nicht lautstark Luft zu machen, doch als Franziska zu der Stelle kam, an der die arme Maria genötigt werden sollte, diesen schrecklichen Menschen zu ehelichen, konnte sie nicht mehr an sich halten.
»Dieses Scheusal, dieses Schwein! Ich sage Meynhard, er soll ihn herausfordern und abstechen wie ein Stück Vieh!«
»Nein!«, rief Franziska. »Es gibt noch etwas, das kaum jemand weiß. Chalil hat es herausgefunden. Bero stand in den Diensten von Ludwigs Vater in Akkon, doch er ist vor dem Sturz der Festung desertiert und auf die sichere InselZypern geflohen. Als Catherine de Montardier ihn dort erkannte, tötete er sie. Der Mann ist gefährlich. Wahrscheinlich war auch er es, der den böhmischen König erschlagen hat, um seinen Herrn auf den Thron zu heben, und Ludwig soll nun statt seiner dafür büßen. Wir können ihn nicht töten! Außer uns kennt nur er die Wahrheit um Ludwig und Hermann. Wir brauchen Bero lebendig, damit Ludwig und Hermann von ihrer angeblichen Schuld freigesprochen werden können, verstehst du?«
Elsbeth schwieg einen Augenblick. »Du denkst doch nicht wirklich, dass er das tut?«
»Freiwillig wohl nicht, doch wer weiß? Aber eines steht doch fest: Wenn er tot ist, können weder Ludwig noch Hermann ihre Ehre wiederherstellen. Deshalb muss er weiterleben, so schrecklich das auch ist. Es sei denn, es gelingt, ihn als Verbrecher zu überführen und sein Wort als zweifelhaft erscheinen zu lassen.«
Elsbeth war alles andere als zufrieden. »Denkst du, er wird dich jetzt wenigstens in Ruhe lassen?«
Franziska seufzte und hob die Schultern. Die Freundin schnaubte kaum merklich, als sie ihren wenig hoffnungsvollen Blick sah.
*
Bero verließ Nürnberg noch am selben Tag. Zunächst musste er nach Böhmen ziehen, um der königlichen Hochzeit und der Krönung beizuwohnen. Rudolf zeigte sich enttäuscht, seiner neuen Königin nicht den Kopf des Mörders ihres Stiefsohnes präsentieren zu können, und ließ dies Bero spüren, als der ihm
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