Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Tilgungsplan eintragen und entgegennehmen konnte. Zacharias hatte Hermann vor Jahren eine größere Summe zu besonders günstigen Bedingungen geliehen, mittels der und Karls kaufmännischer Unterstützung er sein Geschäft vergrößert und auf sehr solide Beine gestellt hatte. Der Rosshändler wusste, wie viel er dem Jungen zu verdanken hatte, und als seine Verlobte ihn wegen Maria ansprach, zögerte er nicht. Bereitwillig bot er an, das Mädchen bei sich und Nele aufzunehmen, es wie eine Tochter zu behandeln, ja es vielleicht sogar zu adoptieren, falls Ludwig zustimmte. Nele hatte Marias Geschick in der Werkstatt beobachtet und fand, dass sie ausgezeichnet mit Franziska würdearbeiten können. Sie selbst wollte die Schneiderei ohnedies aufgeben, sobald die Zunft zustimmte, dass Franziska als Meisterin das Geschäft übernahm. Bis sie eines Tages heiratete, wäre Maria ihnen sehr willkommen.
Hermann, der nicht wusste, ob das Mädchen eigenes Vermögen hatte, schnitt das Thema einer zukünftigen Mitgift umständlich an, obwohl Nele ihn davon abzuhalten versuchte. Karl grinste. »Macht Euch darüber keine Sorgen. Ihre Eltern haben ihr eine kleine Barschaft hinterlassen, und dank Zacharias' Weisheit ist diese Summe stetig gewachsen. Die Äbtissin wollte ihre gierigen Finger schon danach ausstrecken, was einer der Gründe war, warum ich meiner Schwester Urlaub verschafft habe und überprüfen wollte, ob sie aus freien Stücken im Kloster bleiben oder doch lieber in die Welt hinausgehen wollte. Ihre Mitgift reicht aus, um einen Edelmann zu heiraten, zumindest einen kleineren, seid Euch dessen gewiss.«
*
Ludwig und Horwarth verrichteten schon den ganzen Tag Waffendienst. Eine Arbeit, die Pagen und jungen Knappen gemeinhin viel Freude bereitete. Sie warteten und pflegten die Jagdwaffen der Schlossbewohner und der Gäste Beros sowie die derzeit unbenutzten Kampfwaffen der Ritter. Alles, was sie dazu benötigten, hatten sie in den Hof geschleppt, um die Arbeit bei Tageslicht verrichten zu können. Eine eiserne Lanzenspitze war stark verbogen und drohte zu brechen, sie trugen sie zum Hofschmied, der sie richtete und härtete. Einige Bolzen für die Armbrüste mussten erneuert werden, also versahen sie sauber gedrechselte Schäfte mitGefieder, das sie mit Baumharz befestigten und mit Spitzen, die der Schmied auf Vorrat angefertigt hatte. Eine Bogensehne war gerissen, Horwarth knüpfte mit geschickten Fingern eine neue. Schließlich schärften sie die Schwerter und Dolche der jungen Edelmänner. Zur Jagd trug Bero stets einen massiven Hirschfänger an der Hüfte, eine lange Klinge mit kräftigem Knauf, ein Werkzeug für grobe Arbeiten wie das Aufbrechen des erlegten Wildes oder um einem nach der Lanzenjagd noch lebenden Eber den Todesstoß zu versetzen. Im Stiefel versteckt pflegte er einen Dolch mit sich zu führen, eine schmale scharfe Klinge mit kurzem Griff, geeignet für den Nahkampf oder auch zum Werfen, falls man die Kunst des Messerwerfens beherrschte. Bero übte sich beinahe täglich darin. Er und seine Spießgesellen veranstalteten immer wieder kleine Wettbewerbe, bei denen Siegfrieds Wein in Strömen floss. Beim letzten Mal dürfte die Waffe beschädigt worden sein, da der kleine Knopf am Ende des Griffes, der die fest um den Knauf gewickelte Lederschnur hielt, fehlte und die Lederwickelung nur provisorisch befestigt werden konnte. Ludwig hatte gefragt, ob er die Waffe zum Schmied bringen sollte, doch Siegfried hatte ihn beauftragt, die Reparatur selbst durchzuführen. Er solle erst die anderen Waffen in Ordnung bringen und sich anschließend Zeit für den wertvollen Dolch nehmen. Ein Ritter müsse in der Lage sein, sich in jeder Situation selbst zu helfen, bläute er seinen Pagen zum wiederholten Male ein. Bero war etwas ungehalten, dass er das Stilett nicht mit sich führen konnte, aber schließlich fügte er sich dem Willen seines Großvaters.
Nachdem die beiden Jungen die ihnen anvertrauten Waffen wieder hergerichtet hatten, schliffen sie noch Karls Dolch,den dieser Ludwig schon vor längerer Zeit übergeben hatte und den beide beinahe vergessen hatten. Karl trug die Waffe zwar so gut wie nie, dennoch wollte Ludwig sie ihm bei nächster Gelegenheit wiedergeben.
Siegfried inspizierte die geleistete Arbeit persönlich. Anerkennend betrachtete er die frisch geschärften und geölten Klingen und die untadeligen Wurf- und Schusswaffen. Der Ritter war überzeugt, dass das Geschick der Burschen nur auf seine harte
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