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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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aufsprang und zur Schlafkammer des Meisters lief.
    Als Erstes sah sie Grete, die sich schluchzend ein Tuch vors Gesicht presste, dann trat ihr Bernhard mit Tränen in den Augen entgegen.
    »Der Meister ist tot. Pater Johannes hat ihm gerade noch die Letzte Ölung geben können, dann hat ihn seine Seele verlassen.«
    Melisande blickte erschrocken zu dem Geistlichen hinüber, der gerade ein Kreuz über dem Toten schlug und das Paternoster murmelte. Meister Ringhands Gesicht wirkte eingefallen, so als sei mit der Seele auch ein Teil seiner körperlichen Substanz aus dem Leib gefahren.
    Betäubt machte Melisande einige Schritte auf ihn zu, blieb dann aber stehen. Wann hört es endlich auf?, dachte sie, während die Tränen ihr die Sicht verschleierten. Wann wird mir der Tod nicht mehr folgen?
    Nachdem Bernhard das Fenster geöffnet hatte, fasste er Melisande sanft beim Arm und zog sie vor die Tür, vorbei an der weinenden Grete, die auf einen Schemel gesunken war.
    »Wie konnte er nur so schnell sterben?«, murmelte Melisande fassungslos.
    Bernhard zuckte mit den Schultern. »Das musst du den Medicus fragen. Er hat uns ja von Anfang an gesagt, dass es fraglich ist, ob der Meister noch einmal zu sich kommt.«
    »Daran trägt allein Marga Schuld«, murmelte Melisande finster. Als Bernhard nach ihrer Hand griff, seufzte sie tief.
    »Mag sein«, erwiderte er. »Dennoch muss ich seiner Schwester Bescheid geben.«
    »Ich bin mir sicher, dass sie frohlocken wird.« Hastig wischte sich Melisande mit der freien Hand eine Träne vom Gesicht.
    »Er war ihr Bruder. Du solltest nicht nur Schlechtes in ihr sehen.«
    »Nach allem, was passiert ist, fällt mir das schwer«, gab Melisande unverwandt zu, aber sie sah ein, dass sie gar nicht anders konnten, als den Dingen ihren Lauf zu lassen.
    »Ich verspreche, ich werde ihr als Letzte davon erzählen, damit sie hier nicht noch auftaucht«, sagte Bernhard, dann zog er sie an sich. »Zuvor werde ich den Zunftbrüdern von Meister Ringhand Bescheid geben. Außerdem muss der Sargtischler bestellt und die Sargträger müssen gebeten werden. Ich werde also eine ganze Weile wegbleiben.«
    Melisande nickte beklommen.
    »Kümmere du dich um Grete und sorge dafür, dass die Totenfrauen ihre Arbeit verrichten können. Die schicke ich euch als Allererste.«
    Damit gab er ihr einen Kuss auf die Stirn und eilte davon.
    Eigentlich hätte Lohweihe beim Bischof erscheinen sollen, doch die junge Knopfmacherin wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen. Nicht nur wegen der Wunde, die sie ihm zugefügt hatte, sondern auch weil er das Gefühl nicht loswurde, dass sie jemandem ähnelte.
    Nachdenklich lenkte er sein Pferd in die Mauergasse, direkt auf das Hurenhaus zu. Er mochte sich täuschen, doch in der Nacht beim Grübeln hatten sich plötzlich zwei Bilder vor seinem geistigen Auge vermischt. Das eine gehörte zu dem Mädchen, das Katharina gern bestraft sehen wollte. Das andere zeigte das Mädchen, das er aus dem Knopfmacherhaus in Udenheim mitgenommen hatte. War das möglich?
    Er hätte den Gedanken einfach beiseiteschieben können, aber er ließ ihm einfach keine Ruhe.
    Am Hurenhaus angekommen, stieg er aus dem Sattel, nickte dem Burschen, der gerade Wache hielt, zu und trat durch die Tür.
    Die einzige Seele im Schankraum war ein rothaariges Mädchen, das gerade den Fußboden schrubbte. Ein aussichtsloses Unterfangen, denn der Schmutz hatte sich tief in die Dielen gefressen. Zunächst betrachtete Lohweihe sie, doch da es hier keine andere Rothaarige gab, packte er das junge Ding, zerrte es in die Höhe und blickte ihm ins Gesicht. Sie war immer noch hübsch, doch die Zeit bei der Hurenwirtin hatte dunkle Schatten unter ihre Augen gegraben.
    Entsetzt blickte sie ihn an, doch der Schrei, den sie ausstoßen wollte, versiegte in ihrer Kehle. Lohweihe war sicher, dass sie ihn wiedererkannte.
    In diesem Augenblick interessierte ihn allerdings nur ihre Ähnlichkeit mit der Knopfmacherin. Obwohl die beiden nicht die gleiche Haarfarbe hatten, gab es hier und da Übereinstimmungen in ihren Zügen. Ein Zufall?
    »Was soll das?«, schnarrte eine Frauenstimme hinter ihm.
    Lohweihe ließ das Mädchen augenblicklich los. Ängstlich blickte sie zu der Hurenwirtin, die sich neben dem Tresen aufgebaut hatte. Mit einer kurzen Kopfbewegung bedeutete sie ihr, zu verschwinden.
    »Nun, meine Gute, wie macht sich die Neue?«, fragte der Soldat die Wirtin mit einem schiefen Lächeln, nachdem das Mädchen verschwunden war.
    »Ihr habt

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