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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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eigenen Haus ist man mehr sicher vor dem Gesindel.«
    Die Worte flogen an Melisande vorbei wie Spatzen, die sie nicht ergreifen konnte.
    Irgendwann erschien der dunkel gekleidete Sundermann vor ihr. Obwohl sein feistes Gesicht übernächtigt wirkte, blickten seine Augen sehr wachsam. Mitleid konnte Melisande in seinem Blick allerdings nicht entdecken.
    »Du bist also Bruckners Tochter. Die Älteste, nehme ich mal an.«
    Melisande nickte.
    Sundermann wandte sich daraufhin Agathe zu. »Wenn Ihr uns einen Augenblick allein lassen würdet?«
    Die Tuchmacherfrau zog sich zurück, doch aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Melisande, dass ihre Nachbarin sie aus den Schatten des Hauses heraus belauschte.
    Dennoch berichtete sie, was geschehen war, klammerte allerdings das aus, was ihr Vater ihr im Sterben anvertraut hatte. Dann zeigte ihr der Stadtvogt jedoch eine Fahne. Auf blauem Grund war ein Bundschuh eingestickt. »Weißt du, was das für ein Banner ist?«
    Melisande schüttelte den Kopf. Wieder hörte sie die Stimme ihres Vaters. Sie waren auf der Suche nach Joß Fritz …
    Dass ihr Vater Aufständische beherbergt hatte, würde seinen Ruf gewiss ruinieren.
    »Nein, das weiß ich nicht, Herr«, antwortete sie. »Ich habe solch eine Fahne noch nie gesehen.«
    »Der Kerl dort hinten wird sie bei sich getragen haben«, bemerkte einer der Büttel.
    »Wusste dein Vater davon?«
    »Nein, ganz sicher nicht!«, antwortete Melisande. Das Herz schlug ihr jetzt bis zum Halse. Sie spürte, dass der Stadtvogt ihr nicht glaubte. »Ich sagte Euch doch schon, diese Männer haben sich als Reisende ausgegeben. Wir hatten nicht den blassesten Schimmer, dass jemand sie verfolgt.«
    Der Stadtvogt presste die Lippen aufeinander, dann erhob er sich. Dabei hielt er die Fahne so, als wollte er jemandem damit die Luft abschnüren. Melisande war sicher, dass er sie dem Bischof schicken würde.
    Wenn der Stadtvogt schon mal da war, konnte er ihr ja vielleicht helfen, ihre Schwester wiederzufinden, überlegte sie, und plötzlich fiel die Starre, die sie während der Unterhaltung fest im Griff gehabt hatte, von ihr ab.
    »Herr Sundermann, die Männer, die meine Eltern überfallen haben …«
    »Was ist mit ihnen?«, fragte der Stadtvogt unwirsch. Offenbar war er der Ansicht, schon genug Zeit mit diesem Fall vertan zu haben.
    »Sie haben Alina entführt. Ich habe beobachtet, wie sie meine Schwester auf ein Pferd gezerrt haben.«
    Der Stadtvogt machte große Augen. »Die Mörder deiner Eltern haben also auch deine Schwester entführt?«
    »Ja, das haben sie!«
    »Woher weiß ich, dass die Männer, die deine Eltern getötet haben, nicht jene waren, die sich unter dieser Fahne verschwören?«
    Melisande erschrak. »Was sagt Ihr da?«
    »Es wäre genauso gut möglich, dass deine Schwester einen Verehrer hatte, der sie mitnehmen wollte.« Der Stadtvogt wirkte auf einmal seltsam erleichtert. »Natürlich, so wird es gewesen sein!«
    »So war es nicht!«, protestierte Melisande.
    Doch der Stadtvogt überhörte es. Stattdessen führte er seine Schlussfolgerung zu Ende. Eine Schlussfolgerung, die ihm viel Ärger und Arbeit ersparte. »Die Männer, die zu euch gekommen sind, hatten noch Freunde da draußen, mit denen sie sich treffen wollten. An einem Ort, der unverdächtig ist. Also wählten sie das Haus deiner Eltern. Dort sahen sie dich und deine Schwester. Da du nicht da warst und sie aufbrechen wollten, nahmen sie eben deine Schwester mit, die den Männern wahrscheinlich schöne Augen gemacht hat.«
    Angesichts dieser Lüge wäre Melisande dem Stadtvogt am liebsten an die Gurgel gesprungen. Kein Wunder, dass er so unbeliebt bei den Menschen war.
    »Und wie erklären Sie sich den toten Mann?«, presste Melisande schließlich hervor, während sie versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Vielleicht wollte er die anderen davon abhalten, ihren Plan in die Tat umzusetzen? Oder er war ihnen aufgrund seiner Verletzung einfach lästig. Man weiß doch, wie dieses Pack ist. Skrupellos zu allem und immer nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Sie haben ihrem verletzten Kameraden den Rest gegeben und sind dann mit deiner Schwester verschwunden. Sie hatten ja nun ein Pferd frei.«
    »Aber meine Schwester hat geschrien und …«
    Der Stadtvogt schnitt ihr das Wort mit einer unwirschen Handbewegung ab. »Sei wenigstens du anständig und kümmere dich um das Begräbnis deiner Eltern, wenn sich deine Schwester schon mit diesen Kerlen vergnügt.«
    Als sich Sundermann umwandte,

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