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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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menschlichen Ausdünstungen schlug ihr aus dem Schankraum entgegen. Auf den Knien einiger Männer saßen dralle Weibsbilder, ein bärtiger Hüne vergrub gerade sein Gesicht zwischen den verkrusteten Brüsten einer Hure.
    »Rein oder raus, Bürschchen?«, schnarrte eine Stimme. Der zerlumpte Fidelspieler auf der Bank neben der Tür funkelte sie anklagend an. »Du bringst kalte Luft mit! Komm endlich rein, oder ich schlag dir die Tür vor der Nase zu.«
    Melisande ließ sich nicht zweimal bitten. Als sie wie angewurzelt im Schankraum stand, stieß der Spielmann die Tür hinter ihr zu und setzte zu einer neuen Weise an. Verwirrt schaute sie sich um. Wo sollte sie nun anfangen? Ihr Blick streifte über die Anwesenden, aber von denen hatte keiner die Züge der Männer, die Alina entführt hatten. Und soweit sie erkennen konnte, trug auch niemand goldene Knöpfe am Wams. In dieser Schenke traf sich das einfache Volk. Doch wer sagte, dass sich hier nicht auch Männer blicken ließen, die sich goldenen Zierrat leisten konnten?
    »Na, Kleiner, suchst du eine Brust zum Anlehnen?«, fragte eine der Huren, die sich inzwischen zu ihr auf den Weg gemacht hatte.
    Melisande schrak zurück. »Nein, ich …«
    »Nun sei nicht so schüchtern, Kleiner«, flötete die dralle Brünette. »Ich mach ’nen richtigen Mann aus dir.«
    Das bezweifelte Melisande. Der Bursche hinter ihr schien allerdings anderer Meinung zu sein.
    »Ja, Kleiner, hör auf sie, bisher hat sie noch jeden Knaben ordentlich eingeritten. Du wirst gar nicht mehr zwischen ihren Schenkeln hervorkommen wollen.«
    »Ich bin nicht deswegen hier!«, platzte Melisande heftiger als gewollt heraus und entzog sich gerade noch so der Hand der Frau, die ihr über die Wange streicheln wollte. Was, wenn sie dort keine Bartstoppeln vorfand?
    »Ach, das sagen sie alle, und dann überlegen sie es sich anders.«
    Bevor die Hure Melisande weiter auf die Pelle rücken konnte, huschte das Mädchen rasch zur Seite und lief zum Tresen. Der Wirt, ein kräftiger Mann mit ergrautem Haarschopf und einem sauber gestutzten Bart, starrte sie erstaunt an.
    »Was ist denn mit dir? Schaust drein, als wär der Teufel hinter dir her.«
    Melisande blickte sich nach der Hure um, die sich jetzt mit ihrem Fürsprecher unterhielt. »Es ist nichts. Ich habe es nur eilig.«
    »Was willst du haben? Wein für deinen Hausherrn?«
    Offenbar hielt er sie für einen Diener. Melisande überlegte, ob sie einen Taler zur Tarnung ausgeben sollte.
    »Nein, ich suche jemanden«, antwortete sie ehrlich und legte den Knopf vom Mörderwams auf den Tresen. »Habt Ihr schon mal jemanden gesehen, der Knöpfe wie diesen hier getragen hat?«
    »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen, was?«
    Melisande schüttelte heftig den Kopf. »Nein! Ich will nur wissen, wem dieser Knopf gehört. Er scheint recht wertvoll zu sein.«
    Der Wirt beäugte sie misstrauisch, dann besah er sich den Knopf näher. Als Melisande schon glaubte, dass er ihn einstecken würde, legte er ihn wieder vor ihr ab.
    »Männer, die sich solche Knöpfe leisten können, kehren bei mir nicht ein.«
    »Und Ihr habt solche Knöpfe auch noch nie am Wams eines Mannes auf der Straße gesehen?«
    Der Wirt schüttelte den Kopf. »So genau schaue ich mir die Kerle da draußen nicht an. Und hier sehe ich sie auch nur dann von nahem, wenn ich sie rauswerfe. Das ist Gold, nicht wahr?«
    »Ich nehme es an.«
    »Dann behalt ihn und mach ihn zu etwas, das du haben willst. Einen Schlauch Wein oder eine Hure. Wahrscheinlich wirst du den Mann nicht wiederfinden, und falls doch, wird er den Knopf an seinem Wams inzwischen ersetzt haben.«
    Melisande griff niedergeschlagen nach dem Beweisstück. Sie hatte nicht vor, es zu irgendetwas zu machen. Sie wollte nur wissen, wer der Besitzer war. Aber vielleicht gab es ja einen anderen Weg, um etwas aus dem Wirt herauszubekommen.
    »Habt Ihr vielleicht ein paar Männer durch die Straßen reiten sehen? Soldaten des Bischofs, die ein Mädchen bei sich hatten?«
    Auf einmal wurde der Wirt bleich um die Nase. »Suchst du etwa den Kerl, weil er dir dein Mädchen weggenommen hat?« Die Worte des Mannes waren kaum mehr als ein Flüstern, und beinahe hätte Melisande sie im umgebenden Lärm nicht verstanden.
    »Sie ist meine Schwester«, antwortete sie dann. »Diese Kerle haben sie entführt.«
    »Daraufhin hast du dich mit ihnen angelegt und einem von ihnen diesen Knopf vom Wams gerissen?«
    »Nein, nur dem Anführer«, schwindelte Melisande. »Der

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