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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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dann beugte er sich ein Stück vor. »Vielleicht hast du das. Aber da musst du woanders suchen. Hier ist kein Mädchen, schon gar keins mit roten Haaren.«
    »Woher wollt Ihr das so genau wissen?«, platzte Melisande heraus, bereute es aber sofort, denn der Blick des Mannes verfinsterte sich.
    »Weil ich Tag für Tag hier stehe. Und wenn nicht, dann hätte mir einer meiner Kameraden davon berichtet. Und jetzt scher dich davon, sonst fährst du selbst in den Kerker ein.«
    Melisande wich zurück. Die Frage, ob es noch andere Kerker in der Stadt gab, blieb ihr im Halse stecken.
    »Dann habt Dank«, sagte sie noch rasch, wirbelte herum und rannte um die nächste Hausecke. Dort hielt sie inne und presste sich tief an die Wand, während sie heftig atmete.
    Hatte der Wirt recht?, ging es ihr durch den Kopf. Ist Alina wirklich verloren?
    Nachdem sich ihr Herzschlag wieder beruhigt hatte, löste sie sich von der Hauswand und spähte vorsichtig um die Ecke. Der Wächter hatte sich in die Wachstube zurückgezogen.
    Hatte der Mann die Wahrheit gesagt? Überprüfen würde sie es so bald nicht können, denn er erkannte sie beim nächsten Mal gewiss wieder.
    Niedergeschlagen strebte sie der Werkstatt zu, als auf einmal Hufschlag hinter ihr ertönte. Melisande blieb stehen und wandte sich um. Angesichts der Reiter, die wie vom Teufel gehetzt die Straße entlangpreschten, hatte sie die Szene wieder vor ihrem geistigen Auge, als die Vermummten sie in der Mordnacht nach Joß Fritz gefragt hatten. Waren das Alinas Entführer?
    Fest presste sie sich gegen die Wand, damit die Männer ja nicht auf sie aufmerksam wurden. Das Klirren der Geschirre wurde nur vom Hämmern ihres Herzens übertönt, während sie mit weit aufgerissenen Augen die Männer beobachtete. Von den sieben Reitern waren drei vermummt. Melisandes Herz setzte für einen Schlag aus. Diese Sättel kannte sie! Das Mondlicht mochte nicht besonders hell sein, doch dafür reichte es. Die Vermummten gehörten tatsächlich zu jenem Trupp, dem sie in Udenheim begegnet war!
    Ohne sie zu bemerken, ritten die Männer an ihr vorbei. Ein paar aufgewirbelte Steinchen trafen Melisande, doch das ignorierte sie. Unfähig, sich in diesem Augenblick zu bewegen, jagten die Gedanken nur so durch ihren Verstand. Das sind die Mörder! Sie sind hier!
    Plötzlich war es, als würde ein Peitschenhieb sie antreiben. Als die Reiter sich ein Stück entfernt hatten, löste sie sich aus dem Schatten und rannte los. Natürlich würde sie die Männer zu Fuß nicht einholen können, aber sie nahm sich vor, lange genug dranzubleiben, um zu sehen, wohin sie ritten.
    Wenn du weißt, wo sie sich aufhalten, kannst du dort nach Alina suchen!, schoss es ihr durch den Sinn.
    Eine Weile hatte sie die Männer noch vor Augen, dann bogen sie ab. Laut hallte der Hufschlag durch die Gassen. Hier und da riss jemand einen Fensterladen auf und rief den Reitern eine Verwünschung hinterher. Geduckt lief Melisande unter den Fenstern entlang. So erreichte sie schließlich den Domplatz, wo sie die Reiter wieder zu Gesicht bekam. Allerdings brachten sie ihre Pferde nicht vor dem Gotteshaus zum Stehen, sondern ritten in eine kleine Gasse. Zwischen den eng beieinanderstehenden Häusern hallte der Hufschlag noch eine Weile ohrenbetäubend, dann verstummte er.
    Melisande beobachtete aus der Ferne, wie die Männer von ihren Pferden stiegen. Im Innern des Hauses flammte ein Licht auf, das aber zu schwach war, um die Gesichter der Reiter zu beleuchten. Hier und da blitzte ein Knopf an den Wämsern auf, aber das war auch schon alles.
    Melisande bebte vor Aufregung. Hielten sie Alina hier vielleicht gefangen? Wenn ich doch nur näher herankönnte, sagte sie sich. Während sie überlegte, krallten sich ihre Hände in das Wams, das sie trug. Leider verstand sie kaum, was die Männer redeten.
    Sie versuchte sich anzustrengen und hörte, wie einer von ihnen sagte: »Habt ihr endlich eine Spur?«
    »Bisher nicht«, antwortete der andere, während er die Tür hinter sich zuzog.
    Was der Fragesteller dazu meinte, verstand Melisande nicht mehr. Der Lichtschein fiel noch eine Weile auf die Straße, dann verlosch er.
    Doch auch jetzt konnte das Mädchen noch nicht weiter heran. Die beiden Wachen vor der Tür wirkten zwar nicht besonders aufmerksam, würden es aber gewiss verdächtig finden, wenn sie zu so später Stunde am Haus vorbeiging.
    Während sie hinter der Hausecke verharrte, fragte sie sich, ob diese Männer immer noch auf der Suche nach

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