Die Knopfmacherin
heiraten.«
Melisande starrte ihn erschrocken an. Mittlerweile hatte sie bemerkt, dass Bernhard ruhig und freundlich war – und absolut nicht zu dem Mädchen passte, das ihr angetragen hatte, besser Dienstmagd zu werden. »Würdest du sie freien, wenn der Meister dich darum bittet?«, fragte sie unsicher.
Bernhard schüttelte empört den Kopf. »Sehe ich so aus, als hätte ich den Verstand verloren? Nein, keine zehn Pferde würden mich vor den Altar bringen!«
»Aber sie ist nicht hässlich.« Melisande spähte aus dem Fenster. Noch immer stand der Meister am Tor. Offenbar hatte er nicht vor, seine Schwester ins Haus zu bitten. Katharina trat gelangweilt von einem Bein aufs andere, während sie die Arme vor der Brust verschränkt hielt. Dass sie den Kopf nicht reckte, um Bernhard auszumachen, stimmte Melisande hoffnungsvoll.
»Äußerlich vielleicht, aber innerlich ist sie so schwarz wie die Nacht«, antwortete Bernhard derweil. »Du solltest dich vor ihr in Acht nehmen. Sie wird es nicht mögen, dass der Meister ein Mädchen angestellt hat.«
»Warum denn nicht? Glaubt sie vielleicht, ich wollte ihren Onkel heiraten?«
»Das nun nicht gerade. Aber der Meister hat keine Kinder. Das einzige Mal, als seine Gemahlin schwanger war, ist es zu einer Fehlgeburt gekommen. Die Meisterin hat sich so sehr eine Tochter gewünscht, und ausgerechnet diese Tochter musste Meister Ringhand begraben.«
Erschrocken starrte Melisande Bernhard an. Was er nicht alles wusste!
»Es könnte sein, dass Marga glaubt, er habe sich einen Ersatz für seine tote Tochter gesucht. Geh den beiden also besser aus dem Weg und lass dich ja auf keinen Streit ein.«
»Das werde ich gewiss nicht«, antwortete Melisande, während Beklommenheit ihr Herz ergriff. Sie wusste nur allzu gut, dass Ärger manchmal auch dann zu einem kam, wenn man ihn eigentlich vermeiden wollte.
Als Alois Ringhand sich umwandte und zur Werkstatt zurückeilte, begab sich Melisande rasch wieder an ihren Platz. Da er allein durch die Tür trat, meinte sie Bernhard erleichtert aufatmen zu hören. Um Heirat schien es Marga diesmal nicht gegangen zu sein. Dafür war offenbar etwas anderes vorgefallen, das den Meister dazu brachte, seine Arbeit schweigsam fortzusetzen und keinen von ihnen eines Blickes zu würdigen.
Der Schlossplatz von Bruchsal barst an diesem Nachmittag vor Menschen. Alle wollten sehen, wie die Anhänger des Bundschuhs, die vor wenigen Wochen gefasst und verhört worden waren, vom Leben zum Tode befördert wurden.
Ein spöttisches Lächeln huschte über das Gesicht von Lux Rapp, der sich ein wenig abseits der Menge hielt. Das sollte die Stadt sein, die damit einverstanden war, von dem Bauernhaufen um Joß Fritz eingenommen zu werden? Offenbar vergaßen die Menschen hier schnell, wem sie Treue gelobt hatten.
Anders als die Bruchsaler war der Landsknecht nicht darauf aus, das blutige Spektakel zu beobachten. Zu oft schon hatte er Blut und Tod gesehen. Ihm ging es einzig und allein um Joß Fritz. Würde der Anführer der Aufständischen auftauchen, um dem Sterben seiner ehemaligen Kameraden beizuwohnen?
Dass Fritz versuchen könnte, seine Mitstreiter zu befreien, hielt er im Gegensatz zu Maximilian Rächer und dem Namenlosen für ausgeschlossen. Bei dem Überfall war der Anführer spurlos und ohne das Schwert zu heben verschwunden. Solch ein Mann begab sich nicht unnötig in Gefahr. Ja, es war sogar möglich, dass er sich hier gar nicht blicken ließ. Rapp wusste, dass selbst tapfere Anführer manchmal zu Feiglingen wurden, wenn es um ihr Leben ging.
Womöglich war Joß längst in Richtung Schwarzwald verschwunden und verschwendete keinen einzigen Gedanken mehr an jene, die er durch seine Ideen ins Unglück gestürzt hatte.
Als der Karren mit den Gefangenen anrollte, wurde es plötzlich still auf dem Schlossplatz. Lux schob seine Gedanken beiseite. Vielleicht irrte er ja und heute war sein letzter Tag in der Schuld des Bischofs. Wie fast jedermann reckte auch er den Hals nach dem Karren, dem mehrere vorausreitende Soldaten den Weg zum Blutgerüst bahnten.
Rapp rechnete damit, dass die Zuschauer die Gefangenen bewarfen, sobald sie ihrer ansichtig wurden, doch die Grabesstille hielt sich auch dann noch, als der Karren an dem Spalier der Schaulustigen vorbeirollte. Offenbar war doch etwas an Fritz’ Worten gewesen. Viele Menschen bekreuzigten sich, und auch sonst blieb das übliche Spektakel aus. Einige vom Graf von Lichtenfels bezahlte Männer
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