Die Köchin und der Kardinal
Vertreter dieses heliozentrischen Weltbilds, auf dem Campo de Fiori in Rom öffentlich verbrannt. Auch Kepler wurde angefeindet und aus Graz vertrieben. Alle Bücher, die sich damit befassen, sind vom Papst mit dem Bann belegt; sie stehen auf dem Index Librorum Prohibitorum , der Liste der verbotenen Bücher.«
Elisabeth trat einen Schritt zur Seite, drehte sich um und schaute dem Kardinal ins Gesicht. Der Feuerschein tauchte es in ein rötliches Licht.
»Und Ihr, Herr Weltlin – habt Ihr Bücher von diesen verbotenen Autoren?«
»Ja, sie sind in meiner Bibliothek, aber nicht für jeden sichtbar. Wenn ein Buch auf dem ›Index für verbotene Schriften‹ steht, heißt das noch nicht, dass keiner sie in seinem Besitz hat. Je mehr eine Schrift mit einem Tabu belegt wird, desto größer wird die Neugier der Menschen, die davon erfahren. Angeblich hat man Giordano Bruno die Zunge festgebunden, damit er vor seinem Tod auf dem Scheiterhaufen nicht mehr zu den Leuten sprechen konnte.«
»Weiß jemand von Euren verbotenen Büchern?«
Der Kardinal seufzte. »Der Erzbischof von Speyer, Philipp von Sötern, hat möglicherweise einen Verdacht. Auf jeden Fall hat er mir schon, wie gesagt, eine Warnung zukommen lassen und immer wieder ein paar anzügliche Bemerkungen darüber gemacht.«
Sein Gesicht war ihrem nun ganz nah. Elisabeth hatte Angst, sich in seinen funkelnden Augen zu verlieren.
»Merkt Euch, Elisabeth«, sagte er, »von mir habt Ihr nichtszu befürchten! Ich sagte ja bereits, das ich Euch gern um mich habe, und ich gebe diesem Wunsch schon mehr nach, als es meinem Würdenamt zusteht.«
»Wollt Ihr damit sagen, dass ich mich von Euch fernhalten sollte, Herr Weltlin?«
»Nein, ganz und gar nicht. Es soll heißen, dass wir nach außen den Schein wahren müssen. Unsere Zusammenkünfte dienen allein der Absprache des Speiseplans und der Pflege meiner Räume. Ich schätze Euch zu sehr, als dass ich ein Gerede der Leute möchte.«
»Habt Ihr nicht Angst, dass ich mich verplaudern könnte?«, fragte Elisabeth.
»Mir ist die Gefahr wohl bewusst, in der ich mich befinde und in der nun auch ihr Euch befindet. Ich konnte nie mit jemanden darüber sprechen. Jetzt musste ich es einfach einmal loswerden!«
»Ich schätze Euch sehr, Herr Weltlin«, sagte Elisabeth. »Und ich vertraue Euch, wie auch Ihr mir vertrauen könnt.«
Das ist eine Lüge, dachte sie im gleichen Augenblick. Er vertraute ihr, aber sie hatte dieses Vertrauen nicht verdient. Mit einem kleinen Schreck fiel ihr ein, dass sie heute Abend gegen Mitternacht, wenn alle schlafen gegangen waren, Jakob in die Stadt hinunterbringen wollten, um ihn bei den Ochsenwirten zu verstecken.
»Was geht Euch im Kopf herum?«, fragte der Kardinal. »Ihr seht so betrübt aus.«
»Ich musste an meine Eltern und an meinen Bruder denken«, antwortete sie schnell. »Und auch meine Schwester Agnes macht mir Sorgen.«
»Ich beobachte das schon eine geraume Zeit«, meinte der Kardinal. »Sie neigt zu Zornausbrüchen und dazu, sich immer ins rechte Licht setzen zu wollen, vor allem bei den Männern. Ich habe mir schon überlegt, ob sie nicht in einem Kloster besser aufgehoben wäre als in einer Residenzstadt.«
Darein, ins Kloster zu gehen, würde Agnes niemals einwilligen, überlegte Elisabeth bei sich. »Wahrscheinlich würde sie, wenn man sie zwingt, ständig entweichen.«
»Im Augenblick halte ich es auch noch nicht für notwendig«, versetzte der Kardinal.
»Jetzt müssen wir erst einmal den Winter überstehen, nach Möglichkeit ohne Belagerung und Plünderung.«
»Wann reist Ihr nach Straßburg?«, wollte Elisabeth wissen.
»In ein bis zwei Tagen«, war die Antwort des Kardinals.
Sie setzten sich in zwei Sessel, die nahe beim Feuer standen und plauderten eine Weile miteinander. Es schlug neun Uhr, es schlug zehn. Elisabeth wurde unruhig. Sie bat den Kardinal, sich verabschieden zu dürfen.
»Wenn ich fort bin, solltet Ihr Euch vor zwei Dominikanern hüten«, sagte er. Elisabeth erschrak. Wurde er wegen der Bücher verfolgt?
»Wo seid Ihr ihnen begegnet?«, fragte sie.
»In Straßburg, hier, überall«, gab er zur Antwort.
»Wie sehen sie aus?«, wollte Elisabeth wissen.
»Sie tragen einen weißen Habit mit Gürtel, Skapulier, Kapuze, dazu einen schwarzen Radmantel, eine Cappa. «
»Und was meint Ihr, wollen sie von Euch?«
»Sie sollen mich gewiss überwachen. Der Auftrag kommt, so vermute ich, vom Inquisitor Berni in Rom. Der hat seine Schergen überall.
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