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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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versorgt, ihnen konnte er trauen.
    »Nach Ettlingen«, sagte er.
    »Das ist gut«, meinte sie. »In Durlach, ein kleines Stück Weges danach, haben sich die Schweden niedergelassen, die werden Euch aufnehmen und Euch auch sicher Waffen und eine Rüstung besorgen.«
    Dann wusste sie also nicht, dass er eigentlich ihr Feind war. Seine Bewunderung für Elisabeth, die alles so gut vorbereitet hatte, stieg.
    »Ist denn der Markgraf Georg Friedrich nicht mehr im Schloss Durlach?«, fragte er, um den Schein aufrechtzuerhalten.
    »Nein«, entgegnete sie. »Er hatte zwar kurzfristig wieder den katholischen Glauben eingeführt, musste sich dann aber nach Straßburg zurückziehen und geht dort seinen Forschungen nach.«
    »Ich schaue mal, was sich in Ettlingen tut«, meinte Jakob wie nebenbei.
    Melvine verließ das Haus, um ein Pferd zu besorgen. Zwischendurch kam ihr Mann Paul zurück, erfuhr, dass Jakob gehen wollte, und gab ihm ein Brot und einen halben Laib Käse mit auf den Weg. Das Pferd war ein Brauner mit langer Mähne. Es trug Sattel und Zaumzeug, so dass Jakob nur noch aufzusitzen brauchte. Der Sturm blies ihm die Haare aus dem Gesicht. Mit Wehmut dachte er an seinen Ferdl, der ihn während so langer Zeit begleitet hatte. Er rief den Wirtsleuten ein Lebewohl zu und ritt langsam in Richtung des oberen Tores davon. Der Wegführte unterhalb des Schlosses entlang. Jakob stellte sich vor, wie Elisabeth in der Küche stand und das Mittagessen zubereitete. Die Fensterläden des mächtigen Baus schlugen im Wind hin und her. Jakob schickte einen stummen Abschiedsgruß hinauf und näherte sich dem unteren Tor, das auf die kleine Straße in Richtung Schwarzwald führte. Der Wächter wollte seinen Passierschein sehen, gab sich aber auch mit einem Gulden zufrieden. Nach einem letzten Blick zurück gab Jakob seinem Braunen die Sporen und ritt auf die steil aufragende, dunkle Masse des Gebirges zu. Bald wand sich die kleine Straße bergauf. Je weiter er in den Schwarzwald hineinkam, desto unwegsamer wurde das Gelände. Der Sturm brauste in der Höhe, schüttelte die Tannen und Fichten wie Staubwedel und heulte durch die Schluchten. In der Ferne sah Jakob die Ruine Hohenbaden vorüberziehen, bald darauf die Burg Eberstein. Der Sturm flaute allmählich ab. Hoch aufragende rote Felsen säumten seinen Weg, reißende Bäche schäumten zu Tal. Im Tal der Murg merkte Jakob, was das Heer seines Obersten angerichtet hatte. Viele Weiler waren zerstört und verbrannt, die meisten Menschen tot und unbegraben. Fliegen schwirrten um die Leichen, ein bestialischer Gestank ging von ihnen aus. Von einem toten Söldner nahm Jakob den Helm, von einem anderen den Harnisch, von einem dritten das Schwert. Jetzt brauchten sie diese Dinge ja nicht mehr. In der Nähe von Gernsbach schlief er in einem Heuschober und brach früh am Morgen wieder auf. Beim Kloster Herrenalb erreichte er das Albtal und folgte seinem gewundenen Lauf. Es war ein breites, ruhiges Tal mit Laubwäldern an den Hängen. Jakob begegnete keiner Menschenseele. Kurz vor Ettlingen erzählte ihm ein einsamer Fischer, der ihn wohl für einen Protestanten hielt, dass bis vor Kurzem hier noch die Kaiserlichen gelagert hätten. Sie seien aber Richtung Norden, vielleicht nach Bruchsal und Heidelberg weitergezogen. Jakob dankte dem Mann, fühlte sich jedoch unsäglich allein. Ob er van Werths Heer jemals wiederfinden würde? Jederzeitkonnte er von feindlichen Söldnern niedergemacht werden. Im Schutz der Dämmerung ritt er auf verborgenen Wegen nach Bruchsal, bis er vor Erschöpfung fast vom Pferd fiel. In einem Dorf nahe der Stadt nahm ihn ein katholischer Pfarrer auf, dem er sich zu erkennen gegeben hatte. Auf den Feldern, die das Ufer des Rheins säumten, in der Nähe von Heidelberg, traf Jakob schließlich auf Heer und Tross des Johann von Werth. Auf dem Weg zu seinem Oberst entdeckte er sogar seinen Ferdl wieder und tauschte ihn gegen den Braunen ein.
    Zwei Tage später nahm der Kardinal vorübergehend Abschied von Elisabeth, Agnes, dem Markgrafen und seinem Hofstaat.
    »Ihr braucht während meiner Abwesenheit nicht zu kochen, Elisabeth«, meinte er. »Das übernimmt der markgräfliche Koch. Aber schaut ein wenig nach meinen Räumen, dass sie nicht vollkommen verstauben.« Der Kardinal sah Elisabeth bei diesen Worten in einer Weise an, dass sie genau wusste, was er damit meinte: Sie sollte ein Auge auf die Bücher haben, deren Versteck ihr der Kardinal am vergangenen Abend gezeigt

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