Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
Arm.
    »Haben wir etwas falsch gemacht?«, fragte Melvine mit großen Augen. »Aber wir dachten, das Mädel sei alt genug, um auf sich selber achtzugeben.«
    »Es ist schon gut, Euch trifft keine Schuld, eher mich«, sagte sie. »Ich hätte sie nicht aus den Augen lassen dürfen.«
    Mit einem beklemmenden Gefühl im Bauch machte Elisabeth sich auf den Rückweg zum Kloster. Es war ihr, als hätte Melvine ihr noch etwas hinterhergerufen, aber das hatte sie wohl nur geträumt. Es wurde langsam dunkel. Den Erlös des Tages hatte sie in einem Lederbeutel verwahrt, den sie am Gürtel ihres Gewandes trug. Der Torwächter, der in seinem gestreiften Häuschen neben dem Tor stand, fragte sie nach dem Wohin.
    »Ins Kloster, das ist ja gleich um die Ecke, wie Ihr wisst«, meinte sie. Ihn könnte sie eigentlich fragen.
    »Habt Ihr eine junge Frau gesehen, die mit drei Söldnern unterwegs ist?«
    »Ja, die ist etwas vor einer Stunde zum Tor naus«, erwiderteder Wächter. »Das Mädchen wirkte angetrunken. Ob Söldner dabei waren, kann ich nicht sagen.«
    Elisabeth wurde es immer heißer. Sie ließ den Ochsenkarren stehen und bewegte sich zu Fuß an der Außenseite der Stadtmauer entlang. Inzwischen war es vollends dunkel und empfindlich kühl geworden. Aus einem Busch hörte sie ein Stöhnen. Sie lief hinüber und entdeckte Agnes, deren Kleider zerrissen waren, so viel konnte sie in dem schwachen Licht erkennen. Elisabeth ergriff ihre Hand und half ihr auf die Beine. Agnes machte sich ganz schwer, so dass ihre Schwester Mühe hatte, sie emporzuziehen. Ihr Atem roch nach Schnaps.
    »Was ist geschehen?«, rief Elisabeth. Agnes gab keine Antwort, starrte nur auf den Boden. Sie wankte.
    »Komm mit«, herrschte Elisabeth sie an. Im nächsten Augenblick tat es ihr wieder leid. Sie hätte ihrer Schwester niemals erlauben dürfen, mit den Soldaten zu gehen! So hatte sie jetzt auch die Folgen zu tragen. Sie zog Agnes hinter sich her, zurück zum Tor und zum Wagen.
    »Hier, setz dich drauf«, befahl sie, half ihr auf den Kutschbock, setzte sich daneben und nahm die Zügel in die Hand. Aber so sehr Elisabeth auf dem Heimweg auch in Agnes drang, sie wollte sich zu dem, was vorgefallen war, nicht äußern. So musste Elisabeth es sich selbst zusammenreimen. Die drei Männer hatten Agnes Gewalt angetan. Wer weiß, wie das auf ihr ohnehin nicht gefestigtes Gemüt gewirkt haben mochte! Elisabeth musste in Zukunft noch mehr auf sie achtgeben, damit sich so ein Vorfall niemals wiederholte. Sie würde sie nicht mehr auf den Markt mitnehmen, so viel stand schon einmal fest. Im Kloster brachte sie zuerst Agnes auf ihre Zelle und lieferte dann den Erlös des Marktages bei der Äbtissin ab. Die freute sich über die Menge der Münzen.
    »Das ist ein einträgliches Geschäft für unser Kloster«, sagte Mutter Regiswind. Elisabeth hoffte, sie würde ihr nicht anmerken, wie entsetzt und besorgt sie war.
    »Ich muss schnell zu Agnes«, sagte sie, »sie ist gestürzt und hat sich die Knie aufgeschlagen.«
    »Ist es arg schlimm?«, wollte Mutter Regiswind wissen.
    »Nein«, entgegnete Elisabeth. »Es wird schon wieder heilen. Die Zeit heilt alle Wunden.«
    »Du weißt ja, wo die Ringelblumensalbe und die Verbände sind«, sagte die Äbtissin noch. Aber da war Elisabeth schon zur Tür hinaus. Sie holte einen Eimer und heißes Wasser aus der Küche. Daneben befand sich der Raum, in dem die Klosterapotheke untergebracht war. Elisabeth nahm alles Nötige an sich und eilte zu Agnes, um sie zu waschen und zu verbinden. Die ließ alles über sich ergehen.
    Zwischen ihren Beinen war Blut, das Elisabeth vorsichtig abwischte. Gesicht und Arme waren mit Striemen bedeckt.
    »Hat es sehr wehgetan?«, fragte sie. Agnes nickte. Dicke Tränen quollen ihr aus den Augen. Elisabeth strich ihr Salbe auf die Wunden und legte da, wo es nötig war, Verbände aus frischem Leinenzeug an. Sie bettete ihre Schwester auf die Strohmatratze, deckte sie zu und nahm sie zärtlich in die Arme. Agnes’ Körper, der sich vorher versteift hatte, löste sich. Allmählich kehrte die Wärme in ihre Gliedmaßen zurück.
    »Ich bleibe bei dir, das verspreche ich dir«, sagte Elisabeth im Weggehen. Agnes lächelte unter Tränen.
    »Morgen früh komme ich wieder zu dir. Du weißt ja, wo meine Zelle ist. Wenn du dich ängstigst, kannst du jederzeit zu mir kommen.«
    Sie konnte nur hoffen, dass das Ereignis, wie sie es von nun an nennen wollte, keine Folgen haben würde. In Calw hatte sie manchmal die

Weitere Kostenlose Bücher