Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)
mich nicht wohl.«
Er zuckte zusammen, als hätte sie ihm eine schallende Ohrfeige versetzt. »Du willst dich deiner Pflicht entziehen? Nachdem du mich wie einen jämmerlichen Idioten hast aussehen lassen?«
»Jämmerlich wirkt Ihr auf Euer Volk auch ohne mein Zutun«, stellte Aryanwen klar.
Lavans kahler Schädel nahm die Farbe seiner Robe an. »Du elendes Geschöpf!«, blaffte er und holte mit der rechten Hand aus. »Dafür werde ich dich …«
»Auch das solltet Ihr Euch gut überlegen, mein Gemahl«, versetzte Aryanwen, »es sei denn, Ihr wollt Euren Sohn und Erben gefährden!«
Lavan gefror in seiner Bewegung – an das Kind schien er in seiner Rage gar nicht mehr gedacht zu haben. »Schlange«, zischte er.
»Ich bin die Gemahlin, die Ihr verdient.«
»Oh nein«, widersprach er, »das habe ich nicht verdient! Du verachtest mich! Jedes einzelne Wort von dir ist blanke Verachtung!«
Aryanwen widersprach gar nicht erst. »Könnt Ihr mir das verdenken?«
»Ich verdiene deine Anerkennung, undankbares Miststück!«, fuhr er sie an. »Wer ist es gewesen, der dein jämmerliches Leben gerettet hat? Wer hat diese Stadt vor der Zerstörung bewahrt?«
Sie lachte freudlos auf. »Glaubt Ihr eigentlich selbst, was Ihr da sagt? Wenn ich mich recht entsinne, wart Ihr maßgeblich an der Verschwörung gegen meinen Vater König Tandelor beteiligt …«
»Weil ich keine andere Wahl hatte!«
»… und wart unter den Verrätern, die ihn vergiftet haben.«
»Davon hatte ich keine Kenntnis! Die Barone Savaric und Ruvon haben eigenmächtig gehandelt, ohne mein Zutun und mein Wissen!«
»Das will ich Euch sogar glauben – weil Ihr unterdessen bei unseren Feinden in Gorta Ruun weiltet.«
»Jemand musste etwas unternehmen«, rechtfertigte sich Lavan. »Euer Vater hatte das Königreich an den Rand der Vernichtung gebracht. Ich ging an den Hof des Zwergenkönigs, um zu retten, was noch zu retten war.«
»Nein – Ihr gingt, um Eure Mitverschwörer zu verraten und Euch die Herrschaft über Tirgaslan zu sichern, als Winmars Büttel und Diener!« In ihrem Zorn hatte Aryanwen sich erhoben. Ihre Wangen hatten sich gerötet, ihre Brust hob und senkte sich unter heftigen Atemzügen, während sie in Lavans schwammige Züge starrte.
Schnaubend wie ein Stier stand der König vor ihr, die Hände zu Fäusten geballt, und einen Augenblick lang sah es so aus, als würde er doch noch die Beherrschung verlieren – dann entkrampfte er sich plötzlich wieder. »Die Erregung steht dir«, stellte er fest. »Vielleicht wirst du eines Tages doch noch deine Leidenschaft für mich entdecken.«
»Wartet nicht darauf«, riet sie.
»Warum nicht? Immerhin trägst du bereits die königliche Saat in dir.«
»Aus diesem Grund solltet Ihr gut auf mich achten.«
»Keine Sorge, das werde ich.« Er streckte eine fleischige Hand aus und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Aber wenn du erst niedergekommen bist, werde ich dich an deine Pflichten erinnern. Und dann, mein hingebungsvolles Weib, beginnt ein neues Spiel.«
Mit einem bösen Grinsen verabschiedete er sich, dann wandte er sich um und verließ das Gemach mit denselben trampelnden Schritten, die ihn hereingetragen hatten.
Aryanwen blieb allein zurück, noch immer schwer atmend und mit weichen Knien. Unwillkürlich glitt ihre Hand auf ihren Bauch, und sie konnte fühlen, wie sich das Kind darin bewegte, so als hätte es den Gefühlsaufruhr seiner Mutter gespürt.
Aryanwen gab sich keinen Illusionen hin.
Dieses Kind war alles, was sie vor Lavans Nachstellungen und vor seiner Willkür schützte. Nur dieses Kind verschaffte ihr im Augenblick Verschonung, denn ein Erbe war das, was Lavan mehr als alles andere brauchte. In seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung träumte der Marionettenkönig davon, eine eigene Dynastie zu begründen und es damit den großen Herrschern der Elfen und Menschen gleichzutun, von Sigwyn dem Eroberer bis hin zu Corwyn dem Großen.
Zwei Dinge durfte er niemals erfahren.
Zum einen, dass das Kind in ihrem Leib nicht seines war.
Zum anderen, dass der wahre Vater des Kindes kein anderer war als der Mann, den sie über alles liebte.
7
D alfin. Guter Dalfin.«
Bertin stand wie vom Blitzschlag getroffen.
Es gehörte viel dazu, sich vorzustellen, dass jene bizarren Formen, die das Geländer der Königsbrücke säumten, einst gelebt und geatmet hatten. Mehr noch, dass eine davon einmal sein Bruder gewesen war. Lange Tropfen erstarrten Silbers hingen von
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