Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)
das Ostwasser führt. In Smerada wird er an Bord gehen und mit einer kleinen Flotte nach Tirgas Winmar übersetzen – und wenn er das tut, wird er so verletzlich sein wie nie zuvor und auch später niemals wieder. Denn wenn er seinen neuen Herrschersitz erst erreicht hat, werden mörderische Klippenfelsen und abgrundtiefe Gräben dafür sorgen, dass der König für uns unerreichbar ist.«
Lavan starrte ihn an. Die Überraschung war seinen schwammigen Zügen anzusehen, aber auch das Zögern. »Und das wisst Ihr mit Bestimmtheit?«, fragte er.
Vigor lächelte schwach. »Einst war ich der engste Vertraute des Königs, was bedeutet, dass ich noch immer gute Verbindungen habe, wenn es darum geht, Informationen zu bekommen.«
Lavans Blick war glasig geworden, so als ob er durch seinen Gast hindurch in weite Ferne zu blicken schien. Und offenbar sah er dort Vielversprechendes. »Ich verfüge über eine Flotte kleiner und wendiger Segler, die auf Olfar vor Anker liegen. Wenn es uns gelänge, sie nahe genug an Winmars Schiffe heranzubringen, könnte er seine Waffe nicht mehr zum Einsatz bringen, ohne dabei Gefahr zu laufen, seine eigenen Schiffe zu versenken.«
»Und die Kaldronen«, fügte Vigor hinzu, »sind an Bord eines Schiffes nur von äußerst begrenztem Nutzen. Zum einen werden die Schiffe voll beladen sein, sodass auf Deck kaum Platz für Kampfmaschinen sein wird. Und wenn sie über Bord gehen, sind sie verloren und sinken samt ihrer Steuermänner unrettbar dem Grund der See entgegen.«
In Lavans Augen blitzte es. Vigor konnte sehen, dass sein einstiger Rivale Blut geleckt hatte. Der Gedanke, Winmar beinahe wehrlos anzutreffen, gefiel ihm ganz offensichtlich. Seine Zweifel jedoch schienen noch immer nicht zerstreut.
»Aber wenn es stimmt, was Ihr sagt, und der Umzug bereits vonstatten geht – wie sollen wir uns da auf den Kampf vorbereiten?«
»Es bedarf keiner Vorbereitung«, war Vigor überzeugt. »So wie es kein Heereszug ist, der sich von Gorta Ruun fortbewegt, wird es auch keine Kriegsflotte sein, die in Smerada in See sticht. Zwanzig oder dreißig Eurer Boote sollten ausreichen. Wir greifen Winmars Flaggschiff an und bringen es unter unsere Kontrolle, den König selbst nehmen wir gefangen. Befindet er sich erst in unserer Gewalt, werden die anderen kapitulieren.«
»Möglicherweise«, räumte Lavan ein.
»Also, wie steht es? Werdet Ihr Euch mit mir verbünden, um den Irrsinnigen vom Thron des Zwergenreichs zu stoßen?«
»Aus Eurem Mund hört sich das alles sehr verlockend an«, gab der feiste König zu. »Eines allerdings scheint Ihr dabei übersehen zu haben.«
»Und das wäre?«
»Ich kann mich nicht gegen Winmar erheben, jedenfalls noch nicht – denn er hat mein Fleisch und Blut in seiner Gewalt. Glaubt Ihr, ich würde das Leben meines Erben leichtfertig aufs Spiel setzen?«
Vigor verengte die Augen zu Schlitzen, während er sein Gegenüber taxierte und herauszufinden suchte, ob es Lavan ernst war oder ob er nur nach einer Ausflucht suchte. Es ärgerte Vigor, dass er es nicht eindeutig festzustellen vermochte – doch letztendlich spielte es keine Rolle.
»Das würde ich niemals annehmen«, versicherte er mit nicht weniger undurchschaubarem Lächeln. »Jedoch glaube ich, dass Eure Sorge unbegründet ist.«
»Inwiefern?«
Vigor legte eine Kunstpause ein. »Weil«, sagte er dann feierlich, »ich allen Grund zu der Annahme habe, dass das Kind in Sicherheit ist. Weder ist sein Leben bedroht, noch befindet er sich in Winmars Gewalt.«
»Was?« Lavan starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Was bringt Euch auf diesen Gedanken?«
»Offen gestanden«, erwiderte Vigor, »bin ich mir nicht sicher, ob ich Euch dies anvertrauen sollte. Ihr habt schon Sorgen genug, und ich will Euch nicht noch mehr davon bereiten.«
»Redet, Mann«, knurrte Lavan ihn an, »oder muss ich Euch erst die Nägel von Euren Fingern reißen lassen?«
»Ihr wollt die Wahrheit?«, fragte Vigor.
»Natürlich.«
»Auch wenn sie schmerzt?«
»Redet endlich!«
»Wie Ihr wollt.« Vigor nickte. »Wie nahe steht Ihr der Königin?«, fragte er dann unvermittelt.
»Was soll das nun wieder heißen?«
»Ich weiß nur zu gut, wie sie Eure Gemahlin wurde – nicht aus freien Stücken, sondern nur um ihren Geliebten zu retten, den Sohn des Herzogs von Ansun.«
Lavan starrte ihn nur an, widersprach aber nicht.
»Wie sehr liebt sie Euch also?«, fuhr Vigor fort.
»Was soll das? Wollt Ihr Euch über mich lustig
Weitere Kostenlose Bücher