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Die Koenigin der Wolle

Die Koenigin der Wolle

Titel: Die Koenigin der Wolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Nitzsche
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verziert war. Und dem ein Ärmel fehlte. Stattdessen baumelte an der Ärmelöffnung ein langer Faden, an dessen Ende ein Kärtchen befestigt war. Auf dem Kärtchen befand sich eine Nachricht, die typischer nicht hätte sein können.
    ‘Seit unserer Begegnung geht’s mir wie dem hier - es fehlt was. Falls Sie möchten, dass der da in Ihren Händen und ich uns wieder vollständig fühlen, kommen Sie dahin’ Dahinter befand sich ein Pfeil, der auf die Rückseite der Karte wies. Sterling drehte sie zwischen leicht zittrigen Fingern und fand dort die Adresse seiner Wollkönigin.
    „Würden Sie mir bitte ein Taxi rufen?”
    „Aber gern doch, Mr Sterling.” Die Angestellte strahlte ihn an. Es bedurfte nicht gerade hellseherischer Fähigkeiten, zu erahnen, dass die Nachricht von ihr war.
     
    Der Taxifahrer hatte den seltsamen Mann mit dem Pullover unter dem Arm und dem Kärtchen zwar nicht gekannt, hatte dafür aber sehr wohl gemerkt, dass der Kerl keine Zeit zu verlieren hatte. Wenn ein erwachsener Mann es so furchtbar eilig hatte, noch spät am Abend zu einem Handarbeitsgeschäft gefahren zu werden, sollte man sich besser sputen. Wahrscheinlich hatte der Typ einen gewaltigen Mitläufer.

Gefunden
     
     
    Als Alexander Sterling vor dem Gebäude stand, dessen Front der Titel AnarchoKnits zierte, krampfte sich seine Rechte wieder um den Pullover. Sollte er wirklich? Noch konnte er umkehren. Andererseits hatte der Taxifahrer ihn gerade eben schon recht zweifelnd beäugt. Ach, was zum Teufel! Er drückte die Türklinke nieder und trat ein. Die Einrichtung, die er im gedimmten Licht wahrnahm, sah anders aus als der Name hatte vermuten lassen. Es gab etliche Regale, die mit Ausdrücken beschriftet waren, die ihm rein gar nichts sagten - lace (2ply), 4ply superwash, 6ply, 8ply, DK, bulky, superbulky. Es gab Regale mit Nadeln, Nähfäden und Knöpfen, alle fein säuberlich beschriftet. Eine Chaotin schien Rosalind Fielding also nicht zu sein. Alexander sah sich weiter um. Die Wände waren gesäumt von gestrickten oder gehäkelten Kleidungsstücken, Dekorationsartikeln und Spielsachen. Auch an diesen Gegenständen hingen Zettel mit Angaben zu Garn, Nadeln und Verbrauch. Über dem Tresen thronte der Ärmel zu seinem Pullover mit der Anmerkung ‘Angel Eyes’ - wartet hier auf seinen Besitzer . Er grinste. Noch immer hatte niemand von ihm Notiz genommen. Also sah er sich weiter um.
    „Kann ich Ihnen helfen, Sir?”
    Die dunkelhäutige Frau musste sich aus dem Nichts materialisiert haben. Jedenfalls hatte Sterling ihr Erscheinen nicht mitbekommen.
    „Miss Rosalind Fielding...?” Weiter kam er nicht. So begann man einfach kein Gespräch.
    „Steht vor Ihnen. Erkennen Sie mich etwa nicht wieder? Ich habe über den Sommer gut Sonne abbekommen.”
    Die Frau schaute ihn erwartungsvoll an, und Alexander wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, ohne geschmacklos zu werden.
    „Janice, wie konntest du nur?”, ertönte in diesem Augenblick eine andere Stimme. Rosalinds Stimme. Eine Sekunde später stand sie neben der dunkelhäutigen Frau. „Tut mir leid, Mr Sterling. Janice ist manchmal etwas eigenwillig.”
    „ No jewel is like Rosalind ”, murmelte der Autor bei ihrem Anblick vor sich hin.
    „Ich konnte nicht anders. Wenn ein Mann bei meinem Anblick so enttäuscht schaut, kann ich das nicht einfach durchgehen lassen.”
    Alexander musste lächeln. „Entschuldigung, ich war nur verwirrt. Haben Sie immer so lang geöffnet?”
    Rosalind wies mit einer Hand in die hintere Ecke des Ladens. „Dreimal in der Woche bis abends um zehn, weil wir Handarbeitskurse und Strickkränzchen abhalten. Ich sehe, dass Sie meinen kleinen Gruß erhalten haben.” Sie lächelte leicht und schien dabei so unglaublich entspannt.
    „Allerdings. Ich hatte gehofft, Sie schon früher an diesem Abend zu sehen.”
    „Ich wäre wirklich gern gekommen. Ihre Lesung war sicher ein Genuss, wenn mich meine Erinnerung an Ihre Qualitäten als Alleinunterhalter nicht täuscht. Leider hatte die Pflicht Vorrang. Der Kurs für Fortgeschrittene hat heute zum ersten Mal Bekanntschaft mit short rows , verkürzten Reihen, gemacht”, entgegnete Rose mit einem entschuldigenden Schulterzucken.
    Alexander zog eine Augenbraue hoch. „Ah, dahinter muss ich natürlich zurückstehen. Gab es unerwartete Zwischenfälle? Verletzte? Fallengelassene Maschen?” Er grinste. Konnte es sein, dass diese Frau noch besser aussah als in seiner Erinnerung?
    Sie grinste spitzbübisch

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